Home » Ausgabe 25-2022 » Aus dem Unternehmen » Die hohe Kunst der Direktsaat (Michael Horsch)

Die hohe Kunst der Direktsaat

Trockenheit und Hitze sind in der Pflanzenproduktion begrenzende Faktoren. Infolge des Klimawandels treten Extremwetterlagen immer häufiger auf. Um negative Folgen für die Erträge in der Landwirtschaft vorzubeugen bzw. zu vermeiden, werden Methoden wie unter anderem die Direktsaat angewendet.

Zum Thema Direktsaat hat Michael Horsch eine klare Meinung: „Wer Direktsaat als Religion betreibt, verzichtet auf Gewinn und kann im schlimmsten Fall seinen Betrieb ruinieren. Wir beschäftigen uns bei HORSCH seit 40 Jahren damit. Mit allen Höhen und Tiefen.“ Dabei gibt es bei der Direktsaat einiges zu beachten. „Im ersten Schritt ist die Direktsaat keine Frage der Technik. Entscheidend sind eine gute Bodenstruktur, eine ausgewogene Fruchtfolge, eine gute Bodenbedeckung und wann gesät wird.“
In Europa wurde in der jüngeren Vergangenheit die Direktsaat vor allem als Argument für den Humusaufbau verwendet. Eine Mischung aus Verzicht auf Bodenbearbeitung und Zwischenfruchtanbau kann den Anteil an organischer Substanz im Boden heben. Schaut man sich die Direktsaat weltweit genauer an, kann man verschiedenste Motivationen für Direktsaat finden: In den trockenen Gebieten ist ein ganz klarer Fokus auf das Wassersparen gerichtet. In den heißen, teilweise auch subtropischen Gebieten muss der Boden bedeckt bleiben, damit die Bodentemperatur nicht in den für die Wurzel schädlichen Bereich steigt. Die niederschlagsreichen Regionen dieser Welt brauchen Direktsaat und Bodenbedeckung vor allem, um Erosion zu vermeiden. Und nicht zu vergessen die Märkte mit sehr geringen Erträgen: Hier ist die Kosteneinsparung durch Direktsaat ein weiteres Argument.

Direktsaat als wassersparendes Aussaatverfahren

Durch Klimaveränderungen und extremere Hitzewellen (35-40 %) der vergangenen Jahre, die einigen Landwirten auch noch in den Gliedern sitzen, wird das Thema Direktsaat und wassersparendes Arbeiten immer präsenter. Besonders betroffen sind zum Beispiel Teile von Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Warum könnte Direktsaat (teilweise) die Lösung sein?
„Nehmen wir die obengenannten Länder als Beispiel. Dort sind Mais, Winterweizen, Winterraps und Sonnenblumen die Hauptkulturen. Nach Raps/Sonnenblumen, wenn es im September und Oktober immer noch sehr trocken ist, bietet sich eine Weizenaussaat mit der Avatar nach einem ultraflachen Arbeitsgang mit der Cultro an. Auch nach Mais kann man in der Regel gut Weizen mit einer Einscheiben-Sämaschine säen. Außer es ist zu viel Stroh auf dem Feld, dann muss man das Stroh vorher etwas einarbeiten, z.B. mit einer Kurzscheibenegge. Mais im Frühjahr direkt zu säen – so wird das zum Beispiel in Brasilien gemacht, muss von Fall zu Fall entschieden werden, weil wenn die Bodentemperatur zu gering bleibt, ist das ein Risiko!“

Ein bedeckter Boden

Dunkle, bearbeitete Felder reflektieren die Sonnenstrahlung nicht so gut wie unbearbeitete oder bedeckte Flächen. Sie absorbieren die Sonnenstrahlen und wärmen sich so stärker auf. Das ist natürlich auch abhängig von der Bodenart. So werden z.B. dunkle, braune ins Schwarze gehende Böden viel schneller erwärmt als helle oder gar ins Rötliche gehende Böden. „Wir gehen davon aus, dass eine Bodenbedeckung durch Pflanzenreste den Bodenschutz verbessert, denn diese verringert die Verdunstung aus dem Boden, erhöht das Wasserhaltevermögen und vermindert Erosion.“
Einen weiteren Vorteil hat das für die Keimung und Wurzelentwicklung, d.h. dass sich eine Kultur besser entwickeln kann, wenn die Böden tendenziell nicht überhitzt sind. „Dies kann natürlich gerade im Frühjahr auch ein schmaler Grat sein. Denn es gibt Regionen, wo der Boden dann gar nicht auf die Mindesttemperatur kommt. Das, was auf der einen Seite gut sein kann, kann auf der anderen Seite auch wieder ein Nachteil sein, wenn es den Boden zu wenig erwärmt.“ Ist es zu heiß im Boden, ist eine sichere Keimung und Wurzelentwicklung der Pflanze nicht mehr möglich. Ist einmal die Maximaltemperatur erreicht, stellt die Pflanze ihr Wachstum ein. Ist die Temperatur sogar so weit überschritten, dass das Eiweiß degeneriert, wird die Pflanzenentwicklung komplett beendet. Das ist in manchen Regionen, die mit extremer Hitze zu kämpfen haben, eine große Herausforderung.
Bodenbedeckung hat zudem den Vorteil, dass sie die Feuchtigkeit, die an die Oberfläche transportiert wird, auch im oberen Bereich des Bodens hält. Dadurch wird eine Art Mikroklima erzeugt, wo sich Restfeuchtigkeit im oberen Boden sammelt und für einen guten Feldaufgang sorgt. „Man braucht ja nur mal barfuß im Juni oder Juli durch einen stehenden Weizen ohne Rückstände auf der Oberfläche zu gehen. Auch wenn der Bestand dicht ist, verbrennst du dir auf dem schwarzem Tonboden die Füße – obwohl der Boden mit wachsenden Pflanzen bedeckt ist. Das zeigt mir, dass es da schon einen Zusammenhang gibt und ein Bestand länger durchhält, wenn auf der Bodenoberfläche Rückstände liegen.

Ein weiteres Problem, das ich schon beobachtet habe: Sind die Strohstoppel zu lang bzw. liegt das Stroh auch zu lange, fühlen sich unter anderem Mäuse sehr wohl. Ich habe das erst kürzlich in Rumänien gesehen. Die Rapsbestände haben nicht schlecht ausgesehen, aber da war ein Mäuseloch neben dem anderen im Acker! Das gleiche gilt für Schnecken. Wenn über einen langen Zeitraum zu langes Stroh und zu hohe Feuchtigkeit vorhanden sind, fressen die Schnecken den Raps, Weizen usw. auf.“

Zwischenfruchtanbau bei der Direktsaat

Zwischenfrucht vor der Direktsaat ist immer besser. Eine Voraussetzung ist aber, dass die Zwischenfrüchte passen und auch eine ausreichende Wasserversorgung gewährleistet ist.
Obendrein können Zwischenfrüchte dazu dienen, den Humusgehalt zu steigern. Außerdem kann ein weiteres Fruchtfolgeglied immer die Vorkultur von der nächsten Kultur phytosanitär trennen. „In der klassischen Landwirtschaft macht man diese Trennung durch die Bodenbearbeitung.“
Bei geringen Gesamtniederschlägen diskutieren die Landwirte natürlich die Frage, ob eine Zwischenfrucht nicht zusätzlich Wasser verbraucht. „Es ist klar, dass das in manchen Regionen einfach nicht möglich ist. Denn wenn es in der Anbaupause im Sommer nicht regnet, wachsen Zwischenfrüchte auch nicht und der Anbau macht damit wenig Sinn.“
Wie beendet man aktiv das Wachstum einer Zwischenfrucht? Dies kann entweder durch Frost, Messerwalzen oder den Einsatz von Glyphosat geschehen. „Hier muss man schauen, welches Verfahren in welcher Region sinnvoll ist. Denn in Europa wird der Einsatz von Glyphosat nicht mehr lange eine Option sein. Hier braucht es dann andere Maßnahmen, um den Wuchs zu beenden.“
Eine weitere Fragestellung, die bei der Direktsaat aufkommt, ist, ob sich die Direktsaat und Bodenbearbeitung widersprechen. Dies widerspricht sich keineswegs – ganz im Gegenteil. „Eine Kombination aus beidem kann aus unserer Sicht sogar der Schlüssel für die Zukunft werden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen sehen wir, dass eine Direktsaat und hohe Erträge eigentlich immer nur eintreten, wenn die Bodenstruktur sehr gut ist. Eine gute Bodenstruktur kann man, wie gesagt, über den Zwischenfruchtanbau erreichen bzw. fördern. Aber es gibt auch Situationen, wo man nicht die Zeit hat, den Boden über Zwischenfrüchte zu verbessern. Dann macht es selbstverständlich Sinn, den Boden in einem längeren Intervall zu lockern, um Wurzeltiefgang zu realisieren und an Wasser im Unterboden zu kommen.
Wir beobachten, dass sogar in Ländern wie z.B. Brasilien, in denen die Direktsaat bereits seit Jahrzehnten etabliert ist, alle fünf Jahre tiefer gelockert wird auf 30-40 cm, weil die Böden (vor allem bei hohem Sandgehalt) trotz Zwischenfrucht einfach zu dicht lagern.“
Doch wohin entwickelt sich das Thema Direktsaat in Europa? Hat die Direktsaat hier eine Zukunft? „Wir müssen davon ausgehen, dass Wetterextreme zunehmen und wir mehr heiße, trockene Jahre bekommen. In unseren Klimazonen werden wir die reine Direktsaat im Sinne von ohne jegliche Bodenbearbeitung höchstwahrscheinlich nicht viel sehen. Ich glaube, dass sich die Betriebe so aufstellen müssen, dass sie ihre Böden vorbereiten, um in trockenen Jahren ggf. direkt säen zu können. D.h. immer perfekte Strohverteilung, Stoppellänge bei Getreide immer so kurz wie möglich, Verdichtungen/Spuren bei der Ernte vermeiden bzw. stark reduzieren (z.B. durch CTF-Ernte).“

Dies soweit zum allgemeinen Einsatz von Direktsaat. In der nächsten terraHORSCH werden wir detailliert berichten, welches Säverfahren (Scheiben, Zinken) wohin passt, wie es angewandt werden soll und welche Vorarbeit, wenn nötig, geeignet ist.
Des Weiteren werden wir Tipps geben zum C:N Verhältnis von Rückständen, zu Stoppellängen und wie man damit umgeht.