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Kompetenzzentrum

Der Großteil des Forschungs- und Entwicklungsteams von HORSCH sitzt am Stammsitz auf dem Sitzenhof. Die Experten für die Pflanzenschutztechnik sind jedoch am HORSCH LEEB Standort in Landau an der Isar angesiedelt. terraHORSCH hat die dortige Abteilung besucht.

Pflanzenschutz ist eindeutig ein Wachstumsmarkt für HORSCH. Seit Gründung der HORSCH LEEB Application Systems GmbH wurde vor allem am Standort Landau an der Isar kräftig in Gebäude und Produktionsanlagen investiert. Die Verwaltung, aber auch die Forschung und Entwicklung, befanden sich jedoch weiterhin am ehemaligen Leeb-Firmensitz im wenigen Kilometer entfernten Oberpöring. Im Zuge der mittlerweile vierten Werkserweiterung innerhalb von zehn Jahren ist nun in Landau ein neuer Bürotrakt dazugekommen, der jetzt auch die Forschung und Entwicklung beherbergt. Dort treffen wir Florian Zink. Bis vor kurzem war er noch Abteilungsleiter, heute ist seine genaue Funktionsbezeichnung „R & D Department Manager - Engineering BU Crop Care“. Den Sinn dahinter erklärt er wie folgt. „Die Pflanzenschutzsparte war schon immer ein relativ eigenständiges Profitcenter, angefangen von der Entwicklung über Einkauf, Produktion und Service. Das hat große Vorteile, denn gewisse Bereiche, die für eine dynamische Entwicklung nötig sind, sind so vereint und klar zugeordnet. Es gibt weniger Probleme mit den Kapazitäten und vor allem konzentrieren sich alle auf ein Thema: den Pflanzenschutz! So sind wir in der Lage, schnell und agil zu handeln. Es herrscht fast schon eine Denke wie in Start-Up-Unternehmen.“ Aus dieser Erkenntnis ist der Business Unit Gedanke (BU) entstanden. Diese Struktur wird jetzt bei HORSCH auch auf die anderen Produktbereiche übertragen.

Florian Zink arbeitet seit dem Jahr 2007 bei Leeb. Er ist Maschinenbauingenieur mit landwirt­schaftlichem Hintergrund und hat seine Abschlussarbeit hier gemacht. „Noch 2013 waren wir insgesamt sechs Personen in einem Büro. Eine geregelte Kommunikation und viele Prozesse haben wir nicht gebraucht. Jeder konnte für sich konzentriert arbeiten, hat aber trotzdem automatisch alles mitbekommen, was lief. Theo Leeb saß direkt nebenan und seine Bürotür war immer offen. Das war sehr effizient. Mit dem Wachstum wurden die Kollegen mehr, die Büros wurden erweitert und thematische Gruppen gebildet. Um den Kommunikationsbedarf zu minimieren, haben wir uns für bestimmte Dinge Regeln auferlegt, zum Beispiel ein Farbschema bei unseren Wasserschläuchen. So sieht jeder sofort, was Sache ist, muss nicht nachfragen und es gibt keinen Wildwuchs. Je mehr ein Bereich wächst, desto wichtiger werden Regeln. Bei uns ist das in einem „Entwickler“-Handbuch zusammengefasst. Aber sehr pragmatisch, nicht zum Selbstzweck.“

Entscheidungen treffen

Vor zwei Jahren wurde dann eine Teamleiterstruktur eingeführt. Damals bestand die Abteilung aus 17 Mitarbeitern, für viele Dinge war Florian Zink der alleinige Ansprechpartner. Das konnte nun aufgeteilt werden. „Das Wichtigste an unserer Zusammenarbeit ist, dass wir alle dieselbe Basis haben. Jeder weiß, wie der andere denkt, wir haben viel Vertrauen zueinander. Wir wissen alle aber auch sehr genau, wie unser Chef, Theo Leeb, tickt und welche Erfahrungen er hat. Das sieht man an unseren Produkten, bei denen der Kunde sofort merkt, dass sie aus unserem Hause kommen. Und zwar nicht nur beim Design und der Bedienung. Da stecken besondere Ideen und Funktionen drin. Bei großen Konzernen, vor allem aber wenn Produktgruppen zugekauft wurden, ist das in vielen Fällen nicht mehr der Fall.“ Aber eins ist Florian Zink und seinen Teamleitern besonders wichtig: „Jeder Mitarbeiter soll auch in seinem Arbeitsbereich Entscheidungen treffen. Wäre das nicht so, würden wir nur noch in Besprechungen sitzen.“

Florian Zink kennt das aus eigener Erfahrung. „Ich durfte sehr schnell Verantwortung übernehmen“, meint er. „Während meiner Diplomarbeit habe ich an den ersten Stadien von BoomControl mitgearbeitet, nach meinem Abschluss dann an einer neuen Gestängegeneration inklusive Steuerung. Der nächste Schritt war die GS 6000 und mein erstes komplett eigenes Projekt war die HORSCH Leeb GS 8000.“

Aktuell sind in der Abteilung 31 Personen beschäftigt. Meist sind sie Maschinenbauer, Techniker oder Mechatroniker. Die sechs Teams sind in die Produktgruppen Selbstfahrer, gezogene Spritze sowie Gestänge und Komponenten, Elektrik, Elektronik sowie Versuchswesen und Produktmanagement unterteilt. Das Produktmanagement übernimmt auch eine Schnittstellenfunktion zum Produktmarketing.

„Dieses ist eigentlich zentral beim Marketing in Schwandorf angesiedelt“, erklärt uns Florian Zink. „Aber wir brauchen hier jemanden, der unser Sprachrohr dorthin ist. Wir hatten ja in den letzten Jahren einige Meilensteine, zum Beispiel die LT als erste Maschine mit Kunststofffass, neuer Elektronik und vor allem großem Marktpotenzial. Da ist es wichtig, dies intern richtig zu kommunizieren. Außerdem bekommen wir durch das eigene Produktmanagement direkt die Informationen aus dem Markt, können engen Kundenkontakt und das „Gespür“ für den Markt halten.“

Aber wie geht es dann konkret zur Sache, wenn neue Produkte entwickelt werden? Florian Zink erklärt das so: „Natürlich wissen wir recht gut darüber Bescheid, wo unsere Maschinen am Markt stehen beziehungsweise wo Bedarf besteht. Gemeinsam mit Theo Leeb tauschen wir uns ständig darüber aus, welche Projekte priorisiert werden. Allerdings immer ohne fixen Starttermin. Erst wenn wir das „Go“ bekommen, erstellen wir ein grobes Konzept, um zu sehen, ob die Ideen belastbar sind. Das passiert schnell und zeitnah. Als nächstes wird der Kreis erweitert. Zum Beispiel nimmt unsere Geschäftsleitung von Anfang an Schlüsselkunden mit ins Boot. Insgesamt ist es immer unser Bestreben, Technologien auch auf andere Maschinengrößen runterbrechen zu können, ohne alles komplett neu aufsetzen zu müssen. Quasi ein modularer Baukasten. Wir haben aber trotzdem extrem viele Freiheiten, Gedanken und Visionen weiterzuverfolgen und sind da oft in Diskussionen mit Theo Leeb und Michael Horsch, was uns hilft, zu noch besseren Lösungen zu kommen. Deutlich zu spüren war diese Kultur des dynamischen Nach-Vorne-Gehens unter anderem beim Zusammenschluss von HORSCH und LEEB. Da wurde nicht lange rum gemacht, sondern sofort weiter nach vorne marschiert.“

Q-Gates

Synergien zwischen Schwandorf und Landau werden konsequent genutzt, denn es gibt einfach Dinge, die im Unternehmen nicht zwei Mal vorhanden sein müssen. Dies sind etwa der Kreisprüfstand oder die Hydropulsanlage auf dem Sitzenhof. „Die Schnittmengen unserer Produkte sind zwar nicht besonders groß, aber es gibt Gemeinsamkeiten“, weiß Florian Zink. „Wenn die Kollegen zum Beispiel etwas mit Flüssigdünger machen, können wir unser Know-how einbringen, wenn es aber um Schweißverbindungen geht, profitieren wir von Schwandorf.“

„Da in neue Produktentwicklungen immer mehrere Abteilungen eingebunden sind, arbeiten wir mit sogenannten Q-Gates“, sagt Florian Zink. „Es kann durchaus einmal passieren, dass eine Abteilung schneller ist, die anderen aber nicht hinterherkommen. So stellen wir dennoch sicher, dass wir zum Serienstart die höchste Qualität unserer Produkte abrufen können. Q-Gate 1 wird passiert, wenn wir bereit sind, einen Prototyp aufzubauen. Dann sind alle Stücklisten fertig und sämtliche dafür nötigen Teile durch die Beschaffung organisiert. Die Montage der Prototypen erfolgt durch den Versuch sowie die verantwortlichen Konstrukteure und Unterstützung aus der Produktion. Wir können so den Bogen als Entwickler schließen, auch immer selbst ein Stück weit Praktiker zu bleiben, das ist uns sehr wichtig. Das Prototypen-Stadium geht bis zum Q-Gate 3, 4 und 5 (Vorserie) und bei Stadium 6 muss jede beteiligte Abteilung bestätigen, dass wir bereit sind, so in Serie zu gehen. Der Grund dafür ist, dass wir in der Vorserie teilweise noch nicht alle möglichen Ausstattungsoptionen fertig haben. Diese werden bis zur Serie sukzessive nachgereicht. Beim Serienanlauf jedoch muss der Reifegrad der Maschinen so hoch sein, um all unseren Qualitätsparametern zu genügen. Unsere Abteilung arbeitet da Hand in Hand mit Einkauf, Beschaffung, Produktion, Qualitätssicherung und Service zusammen. Gerade Letzteres ist sehr wichtig, denn bei neuen Produkten muss die Serviceabteilung von Anfang an eingebunden sein. Auch die Produktion kommt früh mit dazu. Mit ihr stimmen wir uns darüber ab, wie Produkte gut in die Montagelinie passen und holen uns Impulse zur leichteren Montage. So bekommen wir aus allen Fachbereichen die entsprechende Expertise. Das Ziel dabei ist: Es muss so lange an einem neuen Produkt gearbeitet werden, bis alle Beteiligten zufrieden sind.“

Impulse aus der Praxis

Zu so viel Gemeinsamkeiten und Vernetzung passt jedoch eines auf den ersten Blick nicht: HORSCH in Schwandorf und HORSCH LEEB in Landau arbeiten mit zwei völlig verschiedenen Konstruktionsprogrammen. Der Grund dafür ist jedoch in den Produkten selbst zu finden. Laut Aussage von Florian Zink passt das genutzte CAD-Programm sehr gut zu den HORSCH LEEB Produkten und deren Aufbau: „Wir beziehen ja größere Baugruppen, wie Kabine oder Motor, von externen Lieferanten. Da kommen ziemlich große Datenmengen zusammen, die unser Programm wirklich gut bewältigen kann. Für die Maschinen von HORSCH gelten andere Anforderungen. Eine Vereinheitlichung hätte vielleicht den einen oder anderen Vorteil. Aber das jeweils perfekte Werkzeug und die Performance dabei sind für uns die ausschlaggebenden Argumente. Zum Beispiel haben wir die Belastungssimulation voll integriert und müssen somit keine Daten importieren. Der Support kommt übrigens in beiden Fällen von unseren eigenen IT-Spezialisten in Schwandorf. Grundsätzlich passt diese Konstellation sehr gut zu unserer Firmenphilosophie. Das Streben nach dem Optimum verlangt eben entsprechend flexibles Handeln.“
Es sind viele Bausteine, die zum Erfolg eines Produktes führen. Das gemeinsame Ziel von HORSCH und HORSCH LEEB ist immer die Kundenzufriedenheit. Die Basis legt dabei meist die Forschung und Entwicklung. Und trotz aller Systematiken und geregelten Abläufe: Viele Impulse kommen immer noch auf Zuruf aus den Inhaberfamilien. Denn diese sind selbst tief in der Landwirtschaft verwurzelt.