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Doppelt hält besser

Zu den HORSCH Neuheiten im Bereich Pflanzenschutz gehört in diesem Jahr auch eine Tandem-Anhängespritze mit einem Volumen von 12.000 Litern und einer Gestängebreite bis zu 45 Meter. Theo Leeb, Geschäftsführer der HORSCH LEEB Application Systems GmbH, erklärt dieses Produkt genauer.

Mit dem Pflanzenschutz-Programm konnte HORSCH in den letzten Jahren Stückzahlen sowie Marktanteile ordentlich steigern. Und auch die Produktpalette ist massiv gewachsen. Zu den diesjährigen Agritechnica-Neuheiten gehören eine neue Generation an Selbstfahrern und die HORSCH Leeb 12 TD. Letzteres ist eine Tandem-Anhängespritze.

terraHORSCH: Herr Leeb, warum bringen Sie eine Tandemspritze auf den Markt?
Theo Leeb:
Zugegebenermaßen ist das Prinzip einer angehängten Tandem-Spritze nicht ganz neu. Es gibt Wettbewerber, die solche Produkte schon seit fast 20 Jahren anbieten. Wir beobachten das schon eine Weile und haben festgestellt, dass dieses Thema immer mal wieder hochkommt, die Nachfrage dann aber auch wieder kleiner wird. Mit den großen Tankvolumen will man ja die Flächen­leistung steigern und das Logistikproblem bei großen Hof-Feld-Entfernungen entschärfen. Auf ebenen Standorten oder leichten Böden mit guter Befahrbarkeit auch bei Nässe ist das hohe Gewicht der Maschine auch meist kein größeres Problem. An die Grenzen stößt das System allerdings schnell, wenn das Gelände hügeliger wird. Dann reicht oft die Zugleistung der Traktoren nicht mehr aus und es kommt zu Spurschäden. Bisher wurde das zum Beispiel durch Liftachsen oder Traktionsverstärkung gelöst.

terraHORSCH: Und das funktioniert?
Theo Leeb:
Nur bedingt. Die Problematik ist ja eigentlich ganz simpel: die Tandemspritzen haben bauartbedingt ein langes, schlankes Fass. Bei teilbefülltem Behälter und Bergauf-Fahrt fließt die Spritzbrühe nach hinten. Dadurch verschiebt sich der Schwerpunkt und die Spritze wird vorne entlastet. Die Folge ist eine negative Stützlast, was wiederum weniger Gewicht auf der Hinterachse des Schleppers bedeutet. So kommt es zu Problemen mit der Traktion. Manche Schlepper vor den Spritzen werden daher mit Radgewichten ballastiert. Das ist allerdings kontraproduktiv. Wir wollen ja schließlich nicht mit mehr Gewicht als nötig in den Bestand fahren. Bei einer Liftachse bleibt die Stützlast am Schlepper zwar erhalten, dafür wird jedoch die hintere Tandemachse noch mehr belastet - die Folge der hohen Achslast können dann wieder unnötige Spuren sein. Deshalb sind Tandemspritzen bisher eher in einem Nischenmarkt zu Hause.

terraHORSCH: In den Sie jetzt auch vorgestoßen sind…
Theo Leeb:
Wir haben uns das sehr gut überlegt. Bisher laufen Tandemspritzen vor allem auf den großen Betrieben in Ost- und Norddeutschland. In Osteuropa findet man entweder kleinere gezogene Spritzen oder dann Selbstfahrer. Meines Erachtens liegt der Grund hierfür in der Technikbestückung der Betriebe mit Traktoren. Sehr oft fehlt zwischen dem klassischen Belarus-Schlepper und dem großen Knickschlepper oder der Raupe ein großer Pflegeschlepper der 250 bis 300 PS Klasse. Wir sehen aber, dass auch auf osteuropäischen Betrieben das Thema Personal immer mehr an Bedeutung gewinnt. Somit werden gerade im Pflanzenschutz größere Maschineneinheiten wichtiger. Die HORSCH Leeb 12 TD kann hier eine sehr gute Alternative zum Selbstfahrer sein, der seine Stärke vor allem dann ausspielen kann, wenn eine hohe Bodenfreiheit (bis zu 1,35 Meter), wie z.B. bei einer späten Mais- oder Sonnenblumenbehandlung, notwendig wird. In vielen Kulturen oder auch Vegetationsperioden spielt die Bodenfreiheit aber eine untergeordnete Rolle. So sehen wir in einem Gespann bestehend aus einem modernen Schlepper mit einer großvolumigen, angehängten Spritze eine interessante Möglichkeit, sehr effizienten Pflanzenschutz zu betreiben. Auch bei der Fahrgeschwindigkeit steht die 12 TD, wie auch unsere übrigen Anhängespritzen, dem Selbstfahrer in nichts nach, da wir natürlich auch hier unser BoomControl verbauen. Diese Möglichkeiten haben wir gesehen und beschlossen, in diesen Markt einzusteigen.

terraHORSCH: Trotz der vorhin angesprochenen Probleme?
Theo Leeb:
Unsere eindeutige Prämisse war, die Sache mit der Traktion beziehungsweise der Achslast zu lösen. Gelungen ist uns dies durch ein Zwei-Tank-System. Bei einem Gesamtvolumen von 12.000 Litern haben wir eine Aufteilung von 7000 Litern vorne und 5000 Litern hinten vorgenommen. Beide Tanks sind oben miteinander verbunden, sodass in allen Fällen ein Überfüllen eines Behälters ausgeschlossen ist. Beim Spritzen werden die beiden Tanks abwechselnd schrittweise entleert. Und zwar so, dass sich im vorderen Behälter immer mehr Brühe befindet als im hinteren. Zudem verhindern wir durch die zwei separaten Tanks, dass bei Bergauf-Fahrt zu viel Brühe nach hinten gelangt. Damit bleibt stets genügend Stützlast am Schlepper für eine ausreichende Traktion. Durch den Verzicht auf eine Liftachse verteilt sich die Last immer auf alle vier Räder gleich. Dadurch ist unsere Tandemspritze sehr leichtzügig.

terraHORSCH: Aber wie sieht es mit der Konzentration der Spritzbrühe in den beiden Tanks aus. Ist diese immer gleich?
Theo Leeb:
Eine homogene Konzentration der Spritzbrühe ist stets sichergestellt! Und zwar ohne Elektronik oder Sensorik. Schon bei der Befüllung teilen wir Wasser und Spritzbrühe durch entsprechende Blenden im Verhältnis 7:5 auf, so dass in beide Tanks die richtige Menge Wasser und Pflanzenschutzmittel kommt. Zusätzlich haben wir einen Homogenisierungsmodus, bei dem die Spritzbrühe umgewälzt wird. Dabei hilft uns die hohe Pumpenleistung von 1.000 Litern pro Minute. Das Aufrühren und Vermischen ist überhaupt sehr wichtig, vor allem wenn mit Mikronährstoffen oder Präparaten in Pulverform gearbeitet wird.

terraHORSCH: Bei zwei Tanks ist aber die Oberfläche größer. Hat das negative Auswirkungen auf die Reinigung?
Theo Leeb:
Im Gegenteil. Die Nettoreinigungsfläche ist bei unserem Zwei-Tank-System sogar geringer. Herkömmliche großvolumige Behälter benötigen zur Beruhigung der Spritzbrühe Schwallwände. Das sind in der Regel zickzackförmige Elemente, die quer in den Tank eingearbeitet sind. Durch die Aufteilung auf zwei kleinere Behälter können wir komplett auf Schwallwände verzichten.

terraHORSCH: In welchen Varianten wird es die HORSCH Leeb 12 TD geben?
Theo Leeb:
Zunächst einmal werden wir beim Behälter eine Edelstahl- und Kunststoffvariante anbieten. Applikationstechnisch gibt es keinerlei Einschränkungen. Es werden sämtliche Gestängevarianten erhältlich sein - angefangen beim fünf-teiligen Gestänge wie bei den Selbstfahrern bis hin zu den sieben-teiligen wie bei den gezogenen Modellen GS und LT. Gestängebreiten bis 45 Meter sind möglich. Die Düsenschaltung gibt es mit 50 oder 25 Zentimeter Düsenabstand. Zusammen mit der Gestängesteuerung BoomControl wird so ein Zielflächenabstand von 30 Zentimeter möglich. Was die Wasserseite angeht, bieten wir zwei Varianten: Bei CCS Pro wird die gesamte Spritze sowohl auf der Saug- als auch auf der Druckseite vollelektronisch per Außenbedienterminal oder vom Schlepper aus gesteuert. Die Innenreinigung funktioniert kontinuierlich. Des Weiteren bieten wir auch ein einfacheres Wassersystem ECO CP mit einer leistungsstarken Kreiselpumpe und Standardreinigung an. Bei der Lenkung gibt es die Variante mit einer vorderen, starren Achse plus einer passiven Nachlauflenkachse oder mit zwei aktiv gelenkten Achsen.

terraHORSCH: Wie schätzen Sie den Markt für dieses neue Produkt ein?
Theo Leeb:
Die HORSCH Leeb 12 TD reiht sich als Top-Modell in unsere Palette der gezogenen Pflanzenschutzspritzen ein. Die Hauptmärkte sehe ich nach wie vor in Nord- und Ostdeutschland sowie Osteuropa. Aber auch Nordamerika könnte sehr interessant werden, denn mit einem entsprechend leistungsstarken Zugfahrzeug sind hohe Arbeitsgeschwindigkeiten, vergleichbar mit einem Selbstfahrer, möglich - allerdings mit einem erheblich größeren Behältervolumen. Punkten können wir sicherlich bei Betrieben mit weiten Entfernungen oder wenn Kulturen angebaut werden, die hohe Aufwandmengen benötigen. Ein absolutes Alleinstellungsmerkmal ist der maximale Reifendurchmesser, der bei 2,05 Meter liegt. Die Preisunterschiede werden hauptsächlich durch das Material des Tanks begründet sein. Unser Ziel ist, dass die Kunststoffvariante etwas über einer 8 GS mit Edelstahltank liegen soll.

terraHORSCH: Und wann ist die Tandemspritze für die Kunden verfügbar?
Theo Leeb:
Ein Prototyp läuft bereits, ein zweiter wird gerade aufgebaut. Im Frühjahr werden wir mit fünf Vorserienmodellen am Start sein. Ab August 2020 planen wir dann die Auslieferung der ersten Serienmaschinen.