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Feldtage in La Lucine

Bereits zum zwölften Mal fanden Anfang September 2019 die Feldtage von HORSCH France statt. Alle zwei Jahre treffen sich interessierte Landwirte auf dem Firmensitz in La Lucine bei Châteauvillain im Departement Haute-Marne. Auch in diesem Jahr war die Veranstaltung wieder ein voller Erfolg.

Mehr als 1.000 Teilnehmer – Händler und Landwirte – folgten der Einladung zu der Drei-Tages-Veranstaltung mit Vorträgen, Maschinenvorführungen und Workshops. Philipp, Michael und Cornelia Horsch sowie Theo Leeb waren ebenfalls vor Ort.
Der 10. September war den Händlern vorbehalten, die beiden folgenden Tage waren für die Landwirte bestimmt. Der Ablauf war immer der gleiche: Vorträge, Austausch und Diskussion am Vormittag, Maschinenvorführung und Neuheitenvorstellung des HORSCH und HORSCH LEEB Produktprogramms am Nachmittag.
Der Leeb PT, die erste in Frankreich zugelassene HORSCH Selbstfahrer-Spritze, hat einen guten Eindruck hinterlassen. Genauso wie die neuen HORSCH Geräte für die Hybrid-Landwirtschaft: die Hacke Transformer VF, der Hackstriegel Cura ST und der Feingrubber Finer SL.

Die Workshops beschäftigten sich jeweils mit einem Teil der HORSCH Produktpalette unter einem bestimmten, thematischen Gesichtspunkt:

  • Workshop „Hybrid-Landwirtschaft“ - mit einer ausführlichen Vorstellung der neuen Maschinenpalette von HORSCH zur Unkrautbekämpfung
  • Workshop „Low Disturbance“ - mit Schwerpunkt auf die HORSCH Direktsämaschinen
  • Workshop „Biogas“ – mit einer Präsentation des neuesten Focus TD, der perfekt auf den Zwischenfruchtanbau zur Energiegewinnung angepasst wurde
  • Workshop „Minimalbodenbearbeitung“ – mit Vorstellung der zwei verschiedenen Versionen des Terrano GX – eine für tiefes und eine für sehr flaches Arbeiten
  • Workshop „Pflanzenschutz“ – mit detaillierten technischen Informationen über die Präzisionsspritzentechnik von Leeb AX, Leeb PT und Leeb LT.

In einer abschließenden Show wurden nochmals alle Maschinen präsentiert.

Pestizidrückstände in der Diskussion

Die Verbraucher stellen sich ständig immer mehr Fragen über den Einfluss der Ernährung auf ihre Gesundheit. Nach der Sorge über die Zucker- und Fettmengen in unseren Nahrungsmitteln kommen nun nach und nach neue Themen hinzu. Die Frage nach den Pestizidrückständen in unseren Nahrungsmitteln rückt dabei immer mehr in den Fokus. In der Vortragsrunde am Vormittag des ersten öffentlichen Tages sprachen zwei Redner aus zwei unterschiedlichen Bereichen über ihre Sicht der Dinge.

Julie Sabourin ist die Qualitäts- und Technikverantwortliche des „Collectif Nouveau Champs“, einem 2018 gegründeten Zusammenschluss von Erzeugern, die sich aktiv für Landwirtschaft und Umwelt engagieren. Ihr Gütesiegel nennt sich „Zéro résidus de pesticides“ (= Null Pestizidrückstände). Die Initiative wurde von „Les paysans de Rougeline“, einer Firma, die Obst und Gemüse vertreibt, ins Leben gerufen. Mittlerweile haben sie die erste Produktreihe garantiert ohne Pestizidrückstände im Programm.
Die sieben Gründungsunternehmen überlegten sich eine Strategie, die sich auf die ganze Pflanzenproduktion anwenden lässt. „Unser Zusammenschluss macht heute 20 Prozent des französischen Obst- und Gemüsesektors aus. Und wir wachsen extrem schnell! Aber wir möchten unsere Maßnahmen auch auf andere Bereiche der Pflanzenproduktion ausweiten“, erklärt Julie Sabourin. Beim Weinbau und bei Hartweizen läuft das bereits.

Das Collectif geht von der Tatsache aus, dass die Gesellschaft immer mehr Transparenz bei der Frage nach Pestizidrückständen fordert. „Die Nachfrage ist da: 89 Prozent der Franzosen fordern mehr Informationen darüber, ob sich Pestizide in unseren Lebensmitteln befinden oder nicht“, betont Julie Sabourin. „Mit dem Siegel „Null Pestizidrückstände“ ist das klar und deutlich lesbar.“ Das Collectiv will sich an den Erfolgen messen lassen. Und natürlich muss jedes einzelne Mitglied etwas dafür tun. „Wir ermutigen unsere Erzeuger, Alternativen zu chemischen Pestiziden zu suchen, zum Beispiel Produkte, für die keine Rückstandshöchstmenge gilt und die keine verknüpfte Rückstandsdefinition haben. Sie müssen auch ihr Wissen über die Kontaminationsrisiken vertiefen“, erklärt Julie Sabourin. Das Siegel stützt sich auf das HVE-Siegel (Haute Valeur Environnementale = Mit hohem Umweltnutzen). Ein großer Teil der Erzeuger ist bereits zertifiziert bzw. befindet sich gerade im Zertifizierungsprozess.

Solche Maßnahmen wären ohne die Wissenschaftler, die diese Pestizidrückstände nachweisen können, gar nicht möglich. Unterstützt werden sie von Analyselabors, wie zum Beispiel dem Labor Kneissler, das 1993 von Dr. Andreas Kneissler gegründet wurde. Er war der zweite Redner des Vormittags.

Das Labor von Dr. Andreas Kneissler ist spezialisiert auf den Nachweis aktiver Substanzen, Mykotoxinen und Pestiziden. Die Aufträge kommen von Siegeln wie zum Beispiel „Null Pestizidrückstände“, um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen sicherzustellen. „Wir führen 15.000 Tests pro Monat durch – bei Lebensmitteln, Trinkwasser und Futtermitteln“, erläutert Dr. Andreas Kneissler. „Unser Beruf erfordert ein immenses Fachwissen. Ein Beispiel: Den Glyphosat-Anteil bei Oliven unterhalb der Rückstandshöchstmenge – 1 mg pro kg – nachzuweisen, ist so, als würde man versuchen, herauszufinden, wo auf seinem Schiff sich der Kapitän der Queen Mary 2 aufhält. Uns gelingt es heute sogar, seine Kapitänsmütze zu finden.“

Dr. Andreas Kneissler stellte die verschiedenen Analysemethoden vor und beschrieb dann das Projekt HORSCH Weizen. Ziel ist es, die Frage zu beantworten, unter welchen Umständen konventionell angebauter Weizen keine Pestizidrückstände enthält. „Wir haben die Verbindung zwischen den Anbaubedingungen und den Pestizidrückständen im Brotweizen untersucht – basierend auf den landwirtschaftlichen, geographischen und meteorologischen Gegebenheiten“, beschreibt Dr. Andreas Kneissler. Die Ergebnisse werden bald veröffentlicht.

Was tun gegen Bauern-Bashing?

Eddy Fougier war der dritte Redner des Vormittags. Der Politikwissenschaftler hat mehrere Protestbewegungen untersucht. Er ist zu diesem Thema beratend tätig und hat 2018 eine Studie zum Thema Bauern-Bashing verfasst.
„Einige missbrauchen dieses Wort und bezeichnen jede Kritik am landwirtschaftlichen Sektor so. Andere wiederum sagen, dass es Bauern-Bashing überhaupt nicht gibt“, präzisiert er. Und liefert auch gleich eine gute Definition des Begriffs:
„Bauern-Bashing ist ein Gefühl, das von vielen Landwirten geteilt wird, und das bedeutet, dass ihr Berufsstand, einige ihrer Aktivitäten und die konventionellen Produktionsmethoden in der Öffentlichkeit und vor allem in den großen Leitmedien regelmäßig Anfeindungen, Kritik und Verleumdungen ausgesetzt sind.“

„Die Kritik an konventionellen landwirtschaftlichen Produktionsverfahren ist nicht neu. Auch auf die Verwendung von Wachstumshormonen in den 70er Jahren oder von gentechnisch veränderten Organismen in den 90er Jahren wurde schon mit dem Finger gezeigt“, stellt Eddy Fougier klar. Aber diese Kritik hat sich seit Kurzem massiv verändert. Sie hat sich zunächst auf zahlreiche Themen ausgeweitet (Klima, Tierwohl, Pflanzenschutzmittel…) und ist dann radikal geworden: sichtbare Aktionen durch Berichte, die zur Hauptsendezeit ausgestrahlt werden; unsichtbare Aktionen, wie das Eindringen in die Ställe von Tierhaltern oder auch durch aggressives Verhalten gegenüber Landwirten.

Die Reaktion der Berufsverbände war anfangs nicht angemessen. „Sie war zu technisch, zu weit weg von den Sorgen der Bevölkerung“, bedauert Eddy Fougier. Man muss auch weg von dem antiquierten Bild des Landwirts in der Opferrolle: „75 Prozent der Franzosen haben eine hohe Meinung von den Landwirten. Es sind die Methoden, die in Frage gestellt werden.“ Eddy Fougier rät dem landwirtschaftlichen Sektor, die Gelegenheit, die Kommunikation selbst in die Hand zu nehmen, zu ergreifen und wieder mit dem Verbraucher in Kontakt zu treten.

Tatsächlich darf man die Organisationen, die diese Kritik äußern, nicht mit den Verbrauchern gleichsetzen. Die Meinungen dieser beiden Gruppen liegen oft weit auseinander. Man muss die Verbraucher ansprechen. Die „gesellschaftlichen Erwartungen“ an die landwirtschaftliche Produktion, von denen man oft spricht (Bio, Produktionsverlagerung etc. …), werden tatsächlich nur von einem bisher noch kleinen Teil der Gesellschaft geäußert. Ein kleiner Teil – ja, aber ein lauter. Nach Meinung des Politikwissenschaftlers „ist es daher essentiell, das Gewicht derjenigen, die Sie kritisieren, nicht zu unterschätzen.“

„Die Gesellschaft ist polarisiert. 60 Prozent der Franzosen sagen, dass es ihnen beim Einkaufen auf zehn Euro nicht ankommt. Der Preis bleibt aber das größte Anliegen. Der Durchschnittsbürger hat Ihnen gegenüber weit weniger Vorurteile als Sie denken!“, ist Eddy Fougier überzeugt.
Was also tun? Laut Eddy Fougier ist es wichtig, auf die Unwahrheiten über die landwirtschaftlichen Methoden zu antworten, die man überall in der Öffentlichkeit hört. Andererseits ist es unerlässlich, die negativen Seiten des Bauern-Bashings zu nutzen und mit einer positiven Kommunikation darauf zu reagieren. „Ein schönes Beispiel ist im Oktober 2018 passiert. Nachdem sie Morddrohungen von einem Nachbarn erhalten hatten, haben sich die angegriffenen Landwirte entschlossen, sich nicht zurückzuziehen, sondern einen Tag der Offenen Tür zu organisieren, um den an ihren Betrieb angrenzenden Nachbarn ihre Arbeit zu zeigen. Das war ein großer Erfolg. Alle waren zufrieden.“
Last but not least: „Wir müssen von der Kritik, die auf uns einströmt, profitieren, um uns neu zu erfinden. Sie muss für uns ein Motivator für Innovation und Integration in neue Märkte sein. Wir dürfen uns nicht in einem ideologischen Krieg verzetteln.“

Viele Herausforderungen

„Niemals entwickelt Landwirtschaft so viel Leidenschaft, als wenn Herausforderungen gemeistert werden müssen.“ Mit diesen Worten begann Michael Horsch die Vortragsreihe des zweiten öffentlichen Tages. Er beschrieb zunächst einige große Durchbrüche, die die Menschheit in den letzten 20 Jahren erlebt hat. Auf dem ersten Platz: das Smartphone: „Es ist fast schon ein fester Bestandteil von uns. Wir schlafen damit. Wir können die Auswirkungen dieser kleinen Maschine auf die Menschheit nur erahnen.“ Ein weiterer Durchbruch: die Entwicklung der Energiegewinnung. Nach der Schließung der Kernkraftwerke kommen in Deutschland 40 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen. In China erfährt Sonnen- und Windenergie derzeit einen enormen Aufschwung.

Elektrofahrzeuge sind ein weiteres Beispiel: „Wenn man mich vor sechs Monaten gefragt hätte, hätte ich alle, die an das Elektroauto glauben, als komplette Idioten bezeichnet. Ich hatte Unrecht.“ Und zwar derart, dass es die deutsche Industrie schmerzlich treffen wird. Diese Industrie, die so innig mit dem Auto mit Verbrennungsmotor verbunden ist, wird sich schwertun, der chinesischen Dominanz auf dem Markt der Elektrofahrzeuge Stand zu halten. „Ich bleibe dennoch optimistisch. Wir anderen, wir Landwirte, werden in den nächsten Jahren eine entscheidende Rolle spielen.“

Selbstkritik als Quelle des Fortschritts

„Wir haben jedoch den Eindruck, dass wir unser Schicksal immer mehr aus der Hand verlieren. Das ist eigentlich nicht der Fall. Es ist nur so, dass die Macht, die bisher in den Händen von politischen und wirtschaftlichen Kreisen lag, immer mehr von den NGOs gehalten wird“, stellte Michael Horsch klar. Und fährt fort: „Dieses Phänomen ist in Deutschland sehr stark ausgeprägt. Manchmal schenkt man ihren Aussagen mehr Glauben als denen der Wissenschaftler.“ Diese NGOs suchen den Kontakt mit HORSCH, vor allem weil Michael Horsch es sich erlaubt hat, seine eigene Firma zu kritisieren. „Jedes Mal ist etwas Positives dabei herausgekommen“, betont er. Die Diskussion ist immer zielführend und konstruktiv. „Man muss sich bewusst sein, dass die NGOs nicht zwangsläufig wollen, dass alle ihre Forderungen umgesetzt werden, sondern nur ein Teil davon. Durch die Diskussion kann man den Kompromiss finden, den sie suchen.“ Ein Beispiel: Der Präsident des europäischen Imkerbundes möchte - entgegen seiner anfänglichen Position - nicht mehr, dass Glyphosat komplett verboten wird. Tatsächlich ermöglicht es ja Glyphosat, einige landwirtschaftliche Blühflächen zu erhalten, wie zum Beispiel Zwischenfrüchte im Rahmen der konservierenden Landwirtschaft.

„Diese Beispiele für Konsens und Diskussionen spiegeln das wider, was wir mit unserem Konzept der hybriden Landwirtschaft erreichen möchten: eine Vereinigung des Besten aus zwei – eigentlich gegensätzlichen – Welten (Bio- und konventionelle Landwirtschaft)“, erklärt Michael Horsch. Der Landwirt und die Landwirtschaft können so die Antriebskraft beim Kampf gegen die Klimaerwärmung sein. Und dabei noch Geld verdienen. Ein Beispiel: Wenn Deutschland auf den zwölf Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche den Humusgehalt des Bodens um 0,1 Prozent erhöht, könnten 100 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert werden. Auf dem Kohlenstoffmarkt kostet eine Tonne CO2 etwa 50 Euro…

Michael Horsch schloss seinen Vortrag, wie er ihn begonnen hatte: „Die Zukunft der Landwirtschaft war noch nie so interessant wie heute!“

Eine Frage des Gleichgewichts…

Der nächste Redner war Nicolas Kerfant, der Generaldirektor der Sparte Agro von BASF France. Nach seiner Sicht der Zukunft der Landwirtschaft gefragt, geht Nicolas Kerfant lieber etwas auf Abstand. In unserer Gesellschaft sei alles eine Frage des Gleichgewichts. „Verändert man etwas auf der Waage, hat das nicht zwangsläufig sofort eine Auswirkung. Aber wenn die Gesellschaft einmal in Bewegung kommt, ist es zu spät, den Trend wieder umzukehren.“ Und er fügte hinzu: „Ich wäre lieber an Ihrer Stelle als an meiner. Trotz meiner Position, trotz des schönen Unternehmens, für das ich arbeite, decke ich nicht einen solch grundlegenden Bedarf der Gesellschaft wie Sie.“ Und Essen ist nun einmal eines der lebenswichtigsten Bedürfnisse.

Danach stellte Nicolas Kerfant kurz die Firma BASF vor. Das Unternehmen ist in vielen verschiedenen Bereichen tätig und agiert auf internationaler Ebene. 900 Millionen Euro werden jedes Jahr in Lösungen für die Landwirtschaft investiert.

Ein bereits verlorener Meinungskrieg?

„Wir können Ergebnisse vorweisen, wie zum Beispiel Applikationslösungen, die wir gefunden haben, aber wir müssen feststellen: Auch uns trifft das Bauern-Bashing. Wir verlieren den Meinungskampf, wenn er nicht schon verloren ist“, erklärt Nicolas Kerfant. „Was die Pflanzenschutzmittel angeht, das Kernstück der Angriffe, denen wir ausgesetzt sind, war keine unserer Anstrengungen der letzten 60 Jahre ausreichend.“ Nehmen wir nur mal den reinen Mengenrückgang um 60 Prozent oder die Verminderung der Gefährlichkeit der Produkte um ein Dreizehntel. „Selbst meine Schwiegermutter ist innerhalb von sechs Monaten eine Pflanzenschutzexpertin geworden. Also versucht man pädagogisch vorzugehen, den Unterschied zwischen Gefährlichkeit und Risiko zu erklären, aber die Falschinformationen im Internet sind zu stark für uns…“

Laut Nicolas Kerfant müssen die Wissenschaftler dem ein Ende bereiten und den richtigen Weg aufzeigen. Zum Beispiel basiert die Entscheidung, in Frankreich nicht behandelte Feldbereiche von fünf bis zehn Meter einzuführen, seiner Meinung nach nicht auf einer echten wissenschaftlichen Meinung, sondern war rein politisch. „Auf jeder Seite gibt es Lobbyismus, jeder verteidigt seine Position…“

„Wir müssen darüber reden, was wir machen können, und über unsere Innovationen. Wir haben regelmäßig neue Lösungen, wie zum Beispiel biologische Maßnahmen auf Pheromonbasis“, betont Nicolas Kerfant. Trotz dieser Innovationen wird der Pflanzenschutzmarkt bis 2030 einen Rückgang von 25 bis 50 Prozent zu verzeichnen haben.

Nicolas Kerfant ist sicher: „In einigen Jahren wird es mindestens drei Arten von Landwirtschaft geben: Die konventionelle Landwirtschaft, die es möglich macht, die Welt kostengünstig zu ernähren. Die Bio-Landwirtschaft, mit Gütesiegel, die auf die Anforderungen eines noch kleinen, aber nicht zu vernachlässigenden Teils der Bevölkerung eingeht. Und eine Landwirtschaft irgendwo dazwischen – einen Namen gibt es dafür noch nicht – die sich auf das HVE-Prinzip (Haute Valeur Environnementale = Mit hohem Umweltnutzen) stützt.“ Warum soll man sie nicht Hybrid-Landwirtschaft nennen? Auf alle Fälle ist jedes der drei Systeme bereits veraltet, da sie sich ja ständig entwickeln. Man muss also mit der Bewegung Schritt halten.

Von den anderen neuen Lösungen hebt Nicolas Kerfant den Hybridweizen hervor. Enorme Summen wurden dafür aufgewandt und die Ergebnisse werden erst in drei bis vier Jahren kommen. Dieser Weizen wird eine Erhöhung der Erträge ermöglichen und er wird deutlich krankheitsresistenter sein. Auch die Digitalisierung bringt viele Lösungen mit sich bezüglich der Optimierung der Ausbringung und der Dosierung. „Wir haben Angst vor den Maschinenherstellern, weil ihre Lösungen immer effizienter werden“, merkt Nicolas Kerfant mit einem Seitenblick auf Michael Horsch an. „Für uns bedeutet das einen Verdienstausfall, aber es geht in die richtige Richtung.“

Während der anschließenden Diskussionsrunde fragte ein Landwirt geradeheraus, ob BASF chemische Lösungen hat, die Glyphosat ersetzen können. Die Antwort von Nicolas Kerfant war unmissverständlich: „Ja! Wir haben solche Produkte – teurer, weniger wirksam und umweltschädlicher…“ Stoff zum Nachdenken….

Das richtige Bodenfruchtbarkeits-Management bei Bio-Anbau

Josef Hägler ist Bio-Landwirt in Bayern und arbeitet pfluglos. Er berät seine Berufskollegen in Sachen Bio- und konventionelle Landwirtschaft und führt ein Lohnunternehmen. Er war der Abschlussredner der Veranstaltung.
Der Betrieb von Josef Hägler hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 110 ha und liegt auf einer Höhe von 540 m. Der durchschnittliche jährliche Niederschlag liegt bei 600 mm. Seine eher leichten Böden auf sandigem Schluff haben nur wenig Potential. Außerdem hält er Fleischrinder.

Fünf Jahre lang hat Josef Hägler auf seinem Betrieb an einem Versuch hinsichtlich der Wirkung von Gülle auf die Bodenaktivität teilgenommen. Bodenkunde ist seitdem sein Steckenpferd.

Das Hauptaugenmerk muss seiner Meinung nach darauf liegen, die Düngung gut zu dosieren. Die Überdüngung des Bodens ist genauso problematisch wie eine Unterdüngung. Das Risiko, mit der Überdüngung einer Komponente das Gleichgewicht der anderen Komponenten auf den Kopf zu stellen, ist enorm hoch. Aus diesem Grund verlässt sich Josef Hägler seit mehr als zehn Jahren auf die Kinsey-Methode. Die Kinsey-Bodenanalysen basieren auf einer Methode, die hauptsächlich auf der Kenntnis des Gleichgewichts zwischen den Mineralstoffen des Bodens beruht und bei Problemen Korrekturmaßnahmen vorschlägt.

Zudem arbeitet Josef Hägler keine Gülle ein, die noch nicht zersetzt ist. Er benutzt eine spezielle Methode, damit seine Gülle sich über Fermentation umwandelt und richtig zersetzt. Der Mist kommt einmal in einen Miststreuer, um eine homogene Mischung und einen optimalen Sauerstoffgehalt zu erhalten und um Stickstoffverluste zu vermeiden. Anschließend wird der Haufen von außen mit einer Baggerschaufel verdichtet. So kann das CO2 nicht mehr entweichen. Das Ganze wird mit einem Thermometer überwacht. Die Temperatur darf 55° C nicht übersteigen, um die Düngeelemente nicht zu verbrennen. Das Silo darf nicht abgedeckt werden, weil sich das Licht auf die Wasserspeicherung auswirkt. Im Sommer wächst der Haufen innerhalb von acht Wochen und es entstehen viele humusfördernde Elemente.

Für ihn ist es Ehrensache, niemals Rückstände einzuarbeiten, die noch grün sind. Dieser kleine Fehler würde automatisch Verschmutzungsprobleme nach sich ziehen, die ohne Pflug extrem schwierig zu bekämpfen wären, da die Regenwürmer keine grünen Pflanzen verzehren und der Fäulnisprozess dem Humus schaden würde.

Durch die Entscheidung gegen den Pflug kann Hägler das Bakterienleben in seinen Böden erhalten. Den Boden nicht zu wenden, bedeutet, dass die anaeroben Bakterien in der Tiefe bleiben und die aeroben Bakterien an der Oberfläche. Wenn nun organisches Substrat zugeführt wird, verläuft die Mineralisierung nicht nur sehr gut, sondern auch sehr schnell!

Durch das Bewirtschaftungskonzept wird der Humusanteil in den Böden deutlich gesteigert. Da Humus eine dreimal so hohe Adsorptionsfähigkeit wie Lehm hat, können die Böden Elemente wie Nitrat, Schwefel und Bor besser speichern. Der Unterschied ist enorm: Bei Böden mit engen Strukturen und einem Humusanteil von jeweils 3,3 und 5,6 Prozent liegt der Ertragsunterschied bei 20 dt pro ha! Im ersten Fall werden 650 m3 Wasser zurückbehalten gegenüber 1630 m3 im zweiten Fall!

Düngung kann auf zwei verschiedene Arten ablaufen. Der vorher vorbereitete Kompost kann direkt vor der Saat ausgebracht werden. Eine andere Möglichkeit ist es, aus diesem Kompost Pellets herzustellen und diese bei der Aussaat mit auszubringen.

Der Boden wird drei Zentimeter tief gefräst, die Rückstände werden abgeschnitten und an Ort und Stelle gelassen. Der Boden kann dann maximal vier Zentimeter tief bearbeitet werden. Durch eine erste Überfahrt mit der Walze wird der Boden hermetisch verschlossen und Feinerde produziert. Die Feuchtigkeit wird im Boden gehalten.

Gesät wird mit einer umgebauten HORSCH Pronto DC. Die Scheiben wurden durch Gänsefußschare ersetzt. Dadurch wird auch der letzte Getreideaufwuchs vor der Saat abgeschnitten. Auch der traditionelle Striegel der Pronto wurde verändert. So kann der Boden besser verschlossen und die Wurzeln an die Oberfläche gebracht werden. Der Boden wird noch einmal gewalzt, um Stickstoffverluste zu vermeiden und die Unkräuter zu stimulieren.