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HORSCH in Nordamerika

HORSCH ist seit vielen Jahren auf dem nordamerikanischen Markt aktiv. Philipp Horsch erläutert den dortigen Werdegang von HORSCH und die Ziele für die Zukunft.

terraHORSCH: Wie kam es dazu, dass HORSCH sich dazu entschieden hat, einen Standort in den USA aufzubauen?
Philipp Horsch:
Unsere Familie hat schon immer eine große Affinität zu Nordamerika. Das beginnt schon bei unseren vielschichtigen familiären Verbindungen nach USA. Außerdem haben die meisten Mitglieder unserer Familie auch jeweils eine längere Zeit dort verbracht. Dass wir also einen Standort in den USA aufbauen, war nicht nur eine rein sachliche Entscheidung, auch das Bauchgefühl spielte dabei eine wichtige Rolle. Seit Anfang der 1990er Jahre sind wir nun auf dem US-amerikanischen Markt aktiv. In der Anfangszeit haben wir für die Entwicklung eines speziellen TerraTracs eng mit der Firma Case zusammengearbeitet. Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Entwicklung einer neuen Zinkensämaschine für die europäischen Märkte mit der Firma Concord. Aus dieser Zusammenarbeit heraus ist damals der bekannte Airseeder entstanden, den wir erfolgreich in Europa verkauft haben. Auch unsere ersten HORSCH Überladewagen 160 UW haben wir nach unseren Spezifikationen komplett in USA fertigen lassen und dann importiert. Da wir also regelmäßig vor Ort waren, reizte es uns irgendwann, noch stärker auf dem Markt dort aktiv zu werden. Ende der 1990er Jahre brachten wir dann gemeinsam mit Kevin Anderson eine neue Airseeder-Generation speziell für USA auf den Markt. Damit nahm das Geschäft langsam Fahrt auf. Logischerweise stellten wir uns dann die Frage nach einem eigenen Standort in den USA, um auch vor Ort produzieren zu können.

terraHORSCH: Wie würden Sie die aktuelle Situation von HORSCH in den USA beschreiben? Wo steht das Unternehmen? Kann es sich behaupten?
Philipp Horsch:
Im Jahr 2011 haben wir die Entscheidung getroffen, in Fargo, Nord Dakota, einen Standort aufzubauen. Im Herbst 2013 waren dann alle Baumaßnahmen abgeschlossen und wir zogen von Süd Dakota nach Fargo in Nord Dakota um. Leider brach genau zu diesem Zeitpunkt der komplette Markt in den USA zusammen. Die Preise für Soja und Mais rauschten in den Keller und halbierten sich fast. Bis heute hat sich der Markt davon nicht erholt und ist weiterhin unter großem Druck. Logischerweise ist dadurch auch das Einkommen der Landwirte stark zurückgegangen und in diesem Zuge auch die Bereitschaft für Investitionen. Der Markt für Landtechnik ist bis zu 50 bis 60 % eingebrochen. Darauf waren wir damals nicht vorbereitet. Nach mehreren Jahren des Wachstums in den USA waren wir sehr euphorisch und hatten große Erwartungen an unser neu errichtetes Werk in Fargo. Seit diesem Zeitpunkt ist der Markt in den USA allerdings deutlich schwieriger geworden.
Für dieses und das kommende Jahr wird sich die Marktlage voraussichtlich auch nicht deutlich aufhellen. Das diesjährige Frühjahr war in Nordamerika von nassem, kühlem Wetter geprägt. Mais und Soja konnten erst spät gesät werden. Das hatte zur Folge, dass sich die Ernte je nach Region um vier bis acht Wochen nach hinten verschob. Im Norden der USA regnete es bis vor Kurzem immer noch zu viel.
Die Landwirte in den USA und Teilen von Kanada mussten oftmals mit sehr schlechten Erntebedingungen zurechtkommen. Ein relativ früher Wintereinbruch hat zusätzlich den ein oder anderen Landwirt ausgebremst. Die Erträge sind, soweit man das überblicken kann, eher durchschnittlich ausgefallen, allerdings muss man noch wissen, dass ca. 10 % der Flächen im Frühjahr gar nicht gesät werden konnten bzw. zu spät für eine Aussaat befahrbar waren. Außerdem kämpfen die Landwirte auch noch mit niedrigen Preisen. Alles in allem ist der Markt in den USA unter großem Druck und Geschäfte entwickeln sich nur sehr zögerlich. Und das kommende Jahr wird sicherlich schwieriger als das vergangene!

terraHORSCH: Wie ist der Markt in Kanada aufgestellt? Welche Unterschiede gibt es zu den USA?
Philipp Horsch:
Kanada hat sich seit den 1990er Jahren zu einem Land entwickelt, das hauptsächlich von Raps dominiert wird. Durch die Klimaveränderung und verbesserte Sortenzüchtung breiten sich aber auch langsam Mais, Soja und Leguminosen in Kanada aus. Die Landwirte profitieren davon sehr stark, denn das sind nicht nur Kulturen, die ihre Einkommenssituation stabilisieren und verbessern helfen, sondern sie sorgen auch für eine verbesserte Fruchtfolge. Nichtsdestotrotz spielt der Raps nach wie vor die wichtigste Rolle in Kanada. In den letzten Jahren ist im Vergleich zu den USA der Markt in Kanada immer ein bisschen besser gelaufen, da die Kanadier nicht so stark abhängig von Mais und Soja waren. Letztes Jahr gab es für die Kanadier im Bereich Raps allerdings auch sehr große Schwierigkeiten aufgrund der bekannten Handelsturbulenzen mit China.
Der US-amerikanische und auch der kanadische Markt stehen momentan beide nahezu still, da sie einem sehr großen Druck ausgesetzt sind. Wir bleiben dran und investieren weiter, beispielsweise letztes Jahr in eine Niederlassung für Ersatzteile in Saskatoon (Provinz Saskatchewan). Langsam, aber stetig kommen wir dahin, wo wir hinwollen.

terraHORSCH: Was hat HORSCH für Strategien, um den Markt in Nordamerika noch besser zu erschließen?
Philipp Horsch
: Grundsätzlich sind wir sehr stark damit beschäftigt, vernünftige Handelsstrukturen zu etablieren. Wir konzentrieren uns dabei auf die nördliche Mitte der USA, also den Corn Belt, und den Westen Kanadas. Es ist nicht leicht, dort Vertriebsgebiete aufzubauen und wir kommen immer mehr zu der Erkenntnis, dass wir von Deutschland aus vermehrt unterstützen müssen. Dafür haben wir dieses Jahr wichtige Schritte eingeleitet. Wir entsandten einige Mitarbeiter von Deutschland aus nach Fargo, die vor Ort verschiedene Bereiche unterstützen werden. Ein Mitarbeiter kümmert sich speziell um die Einführung von SAP und die Angleichung der Entwicklungssysteme. Ein weiterer Mitarbeiter unterstützt den Service. Anfang nächsten Jahres wird noch ein Mitarbeiter in die USA gehen, um dort zusammen mit den Kollegen aus dem Vertrieb weitere Vertriebsstrukturen aufzubauen. Durch diese so wichtigen Schritte geben wir ein klares Bekenntnis zum nordamerikanischen Markt ab. Wir investieren sehr viel in den Markt, nicht nur in die Infrastruktur, den Vertrieb und die Menschen, sondern wir arbeiten auch intensiv daran, unsere HORSCH Kultur nach Nordamerika zu übertragen.
Wir sehen für die Zukunft große Chancen für den nordamerikanischen Markt. Momentan ist er allerdings noch sehr klein und wir liegen bei einem Umsatz von knapp 30 Millionen US-Dollar. Vor der Krise hatten wir schon einmal einen höheren Umsatz. Jetzt sind wir langsam wieder auf dem Weg der Besserung.
Letztes Jahr investierten wir außerdem in eine Farm in Downs, Illinois. Dort werden Feldversuche durchgeführt sowie Maschinenvorführungen und Schulungen abgehalten. Grundsätzlich wollen wir mit diesem Standort ackerbauliche Themen weiterentwickeln und die Kommunikation zu unseren Kunden und Vertriebspartnern verbessern. Das ist ein Schlüssel, um den Markt in Nordamerika langfristig noch besser zu erschließen. Unser Ziel ist es dabei immer, einen Mehrwert für unsere Kunden anzubieten.

terraHORSCH: Was ist auf der technischen Seite geplant?
Philipp Horsch:
Wir produzieren in den USA in der Inch-Maßeinheit, damit die Produkte, die dort entwickelt werden, auch dort hergestellt werden können. Dabei bringen wir natürlich unser Know-how mit ein und ergänzen die nordamerikanischen Produkte mit den passenden europäischen Komponenten.
Langfristig verfolgen wir die Strategie, dass wir im Bereich der Entwicklung besser mit den weltweiten Produktionsstandorten harmonisieren. Ziel ist es dabei, in Form einer weltweiten Plattform zu denken. Speziell für die USA bedeutet das, dass dort in Zukunft auch Maschinen im metrischen System gebaut werden. Wenn wir an jedem Produktionsstandort in gleichen Maßeinheiten entwickeln und produzieren, können wir flexibel auf veränderte Marktbedingungen reagieren. Der ideale Zustand wäre, dass wir dadurch unsere Werke weltweit auslasten, da sie in der Lage sind, für den weltweiten Markt zu produzieren. Das ist eine unserer Zukunftsvisionen.
Langfristig können wir uns vorstellen, dass sich der nordamerikanische Markt vom Umsatzpotential her ähnlich wie der europäische Markt entwickeln könnte.

terraHORSCH: Was macht es so schwierig, auf dem nordamerikanischen Markt Fuß zu fassen?
Philipp Horsch:
Die Händlerlandschaft spielt dabei eine große Rolle. Händler vertreiben häufig nur Maschinen einer einzigen Marke. Das ist eine ganz andere Handelsstruktur, als wir sie in Europa vorfinden. Wir merken allerdings langsam, dass sich auch da etwas verändert. Landwirte wollen sich von den Händlern nicht mehr dazu zwingen lassen, sich nur auf einen Landtechnikhersteller zu beschränken. Sie wünschen sich mehr Vielfalt in der Auswahl.
Ein weiterer Grund, warum es schwierig ist, auf dem nordamerikanische Markt Fuß zu fassen, ist, dass es sich natürlich um einen sehr großen Markt handelt. Wir konzentrieren uns noch nicht auf die gesamte Landfläche, sondern zunächst nur auf einzelne Teile der USA und Kanada. Es ist uns dabei aber eine große Hilfe, dass trotz der Größe der beiden Länder dort bis auf Teile Kanadas nur eine Sprache gesprochen wird und aus juristischer Sicht der Rechtsraum relativ homogen ist.

„In meiner Jugend verbrachte ich ein Jahr in den USA, um dort die Landwirtschaft und das Land kennenzulernen.“

terraHORSCH: Was gibt es noch für Themen, die den nordamerikanischen Markt beeinflussen?
Philipp Horsch:
Wie bei uns in Europa spielen auch in Nordamerika Umweltthemen eine immer größere Rolle. In der Mitte der USA, im Corn Belt, liegen auch die größten Seen des Landes. Zunehmende Nährstoffeinträge in Gewässern durch die Landwirtschaft werden immer mehr thematisiert. Gleichzeitig werden weiteren Bereiche, wie zum Beispiel der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft, immer mehr hinterfragt. Landwirte sind nun auch in Nordamerika so weit, dass sie sich gesellschaftlichen Themen stellen müssen und diese nicht einfach ignorieren können. Dieser offene Umgang mit solchen Themen war bis vor Kurzem bei Weitem noch keine Selbstverständlichkeit.
Des Weiteren wird von der Gesellschaft immer mehr die Art und Weise der Landwirtschaft im Corn Belt hinterfragt, zum Beispiel die enge Fruchtfolge von Mais und Soja im Wechsel und vieles Weitere. Landwirte beschäftigen sich deshalb immer mehr mit dem Anbau von Zwischenfrüchten und der grundsätzlichen Erweiterung der Fruchtfolge. Auch die Bio-Landwirtschaft wird zunehmend ein Thema.

terraHORSCH: Gibt es Themenbereiche, bei denen sich die Landwirte aus Nordamerika von denen aus Europa unterscheiden?
Philipp Horsch:
Es gibt einen Bereich, für den Nordamerikaner affiner sind als die Europäer. Dabei handelt es sich um die „Landwirtschaft nach Rezept“. In Nordamerika wird einem externen Berater mehr zugetraut als in Europa. Anbauberater lenken und leiten die Landwirte mehr als bei uns. Das ist auch eine Frage der Mentalität und der Kultur.
Bei allen Themen rund um die Nutzung von digitalen Mitteln sehe ich eine ähnlich starke Ausprägung wie bei uns auch.
Ein weiteres Thema, in dem sich die nordamerikanischen Landwirte von den europäischen unterscheiden, ist die Arbeitsbreite ihrer Maschinen.Je weiter man in den Norden kommt, desto kürzer wird die Vegetationsperiode. Im Frühjahr verfügen die Landwirte nur über sehr wenig Zeit für den optimalen Punkt zur Aussaat. Aus diesem Grund wollen sie möglichst viel in einem Arbeitsgang erledigen. Die Maschinenbreiten sind für die Flächengrößen, die damit bearbeitet werden, breiter als hier. Im Norden sind die Landwirte auf große Arbeitsbreiten angewiesen. Weiter im Süden sind die Landwirte das zwar nicht, aber sie nutzen trotzdem große Arbeitsbreiten. Dafür sind sie auch bereit, viel Geld zu investieren. Ein Betrieb mit 1.000 ha Mais- und Sojaanbaufläche verfügt in Nordamerika auf jeden Fall über eine 18 m breite Sämaschine. Für diese Flächengröße hätte ein Landwirt in Europa wiederum maximal eine 9 m breite Sämaschine. Nordamerikaner sind in diesem Zusammenhang technikaffiner als wir Europäer. Maschinen müssen groß sein und Arbeitsgänge müssen schnell gehen. Pro Hektar Fläche sind sie bereit, mehr in die Technik zu investieren.