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Bio-Kräuter für Medizin und Kosmetik

Die Region Banat im nördlichen Teil von Serbien ist seit jeher für den Anbau von Heilkräutern bekannt. Zoltan Kurunci produziert gemeinsam mit seinem Bruder unter anderem Kamille, Minze und Thymian in Bioqualität.

terraHORSCH: Seit 2010 bist du bei HORSCH als verantwortlicher Verkaufsleiter für Serbien, Kroatien und Slowenien tätig. Wie kamst du auf die Idee, Heilkräuter anzubauen?
Zoltan Kurunci:
Vor ca. zehn Jahren hatte ich noch ungefähr 260 ha Land. Das meiste war vom Staat gepachtet. Hier habe ich ursprünglich Mais, Weizen, Gerste und Raps angebaut. Allerdings hat sich die serbische Regierung irgendwann entschlossen, das Land im sogenannten Restitutionsprozess an die alten Besitzer zurückzugeben. Dadurch hatte ich immer weniger Flächen zur Bewirtschaftung und habe mir überlegt, dass ich nur noch auf meinem eigenen Land arbeiten möchte. Ich wollte zurück zu den Wurzeln, so war schnell die Idee geboren, Heilkräuter anzubauen. Aber nur nach biologischem Standard – komplett ohne Pestizide oder Dünger. Bei uns herrscht dafür ein sehr gutes Klima. Schon früher haben die Landwirte hier Heilkräuter angebaut.
Seit 2017 bewirtschafte ich mit meinem Bruder den Hof mit 110 ha. Mit 3 ha Kräutern haben wir angefangen, mittlerweile sind es 25 ha unter Bio-Standard, weitere zehn sind in der Umstellungsphase. In Europa dauert das drei Jahre. In dieser Zeit werden zwar keine mineralischen Dünger oder Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt, man hat aber noch keinen Bio-Status. Nach Ablauf der drei Jahre kann man diesen dann beantragen.

terraHORSCH: Wie erhält man das Bio-Gütesiegel in Serbien?
Zoltan Kurunci:
Dafür gibt es mehrere behördlich anerkannte Zertifizierungsunternehmen. Ich arbeite z.B. mit der Niederlassung einer niederländischen Firma zusammen. Von diesen wird man begleitet bzw. vor Ort kontrolliert. Zunächst muss man eine Menge Unterlagen ausfüllen, denn jeder Schritt muss dokumentiert werden. Schon das Saatgut muss nach Bio-Standard zertifiziert sein, ebenso muss man angeben, welche Art der Bodenbearbeitung man macht. Ein- bis zweimal im Jahr kommt jemand, um zu überprüfen, ob die Anforderungen eingehalten werden. Man darf logischerweise keine Chemikalien oder mineralischen Dünger einsetzen. Um die Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen, nutze ich deshalb kleine Pellets, um die Bakterien in der Erde zu füttern. Diese versorgen dann wiederum die Kräuter, indem sie organische Masse in Pflanzennahrung umwandeln. Diese Pellets werden im Herbst ausgebracht, da der Boden leicht feucht sein muss. Nur so hat man die höchste Effizienz. Nach ungefähr zwei bis drei Monaten erhält man, wenn man alles erfüllt, das Zertifikat. Aber damit ist die Sache dann nicht erledigt und abgehakt. Ich sage immer, ein Zertifikat ist ein Schlüssel, der einige Türen öffnet. Aber wenn nach der Analyse Rückstände von Pestiziden gefunden werden, hat man keine Chance, etwas zu verkaufen. Wir machen zunächst eine eigene Analyse, senden dann die Proben an den Kunden, der ebenfalls noch einmal alles prüft. Ist alles in Ordnung, darf man unter Bio-Standard verkaufen.

terraHORSCH: Welche Heilkräuter baut Ihr an und an welche Branchen verkaufst du hauptsächlich?
Zoltan Kurunci:
Wir bauen unter anderem Kamille, Minze, Melisse sowie Thymian und Ringelblumen an. Die Ringelblumen gehen vor allem an Kosmetikfirmen, da sie sich gut für Cremes usw. eignen. Daneben verkaufen wir viel an Kunden, die Tee herstellen. Allerdings wollte ich, als ich 2017 begonnen habe, hauptsächlich ätherische Öle aus den Kulturen herstellen. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass die produzierten Mengen zu klein für den Export sind. In Serbien gibt es keinen großen Markt dafür.

terraHORSCH: Du verkaufst auch mittlerweile deinen eigenen Tee?
Zoltan Kurunci:
Ja, darauf bin ich sehr stolz. Bisher vertreiben wir den Tee nur im heimischen Markt in Kooperation mit einigen Geschäften, die Bio-Produkte anbieten. Wir bieten unter anderem Thymian, Melisse, Minze und Kamille in 20 g-Verpackungen an, die meine Frau mit viel Liebe designt hat. Und das Tolle daran ist: Man braucht nur ganz wenig Blüten für einen Aufguss. Nimmt man einen Teelöffel davon, wird er schon zu stark. Das spricht für unsere Qualität. Man kann mit unseren 20 g fünfmal mehr Tee kochen als mit den Filterbeuteln aus dem Supermarkt. Und wir haben sowohl das serbische als auch das europäische Bio-Zertifikat für unsere Kräutertees erhalten. Noch stehen wir am Anfang, aber ich hoffe, dass wir das weiter ausbauen können.

terraHORSCH: Wie ist die Beschaffenheit der Felder und welche Maschinen nutzt Ihr für die Bearbeitung?
Zoltan Kurunci:
Unsere Böden sind mit ca. 40 % Tongehalt als sehr schwer einzustufen. Die Bodenbearbeitung ist dadurch eine Herausforderung und die Böden sind sehr empfindlich bei Nässe. Aber ich habe einen Weg gefunden. Denn als ich anfing, für HORSCH zu arbeiten, haben sich neue Möglichkeiten zur Bearbeitung aufgetan.
Für die Grundbodenbearbeitung benutze ich einen Terrano 3 FX. Er ist mittlerweile eine der wichtigsten Maschinen auf meinem Betrieb. Zusätzlich habe ich eine Joker 3 CT sowie einen Untergrundlockerer. Der Untergrundlockerer ist besonders in den Jahren wichtig, in denen viel Regen fällt. Dieser verdichtet den Boden stark wegen des hohen Lehmanteils und man muss für Gasaustausch sorgen. Nachdem wir einige Jahre mit dem Terrano FX gearbeitet haben, gibt es keine blaue Schicht mehr. Trotzdem ist es notwendig, alle drei bis vier Jahre einen Untergrundlockerer einzusetzen.

terraHORSCH: Wie sehen die einzelnen Schritte aus, mit denen der Boden vorbereitet wird?
Zoltan Kurunci:
Vor 2010 habe ich nur einen Pflug für die Bodenbearbeitung verwendet. Das dauert jedoch sehr lange – für einen Hektar braucht man mindestens zwei Stunden oder mehr, um den Boden zu wenden. Mit meinem Terrano 3 FX mit 9 km/h bin ich viel schneller. Das ist eindeutig einer der Hauptvorteile dieser Maschine.
Im Frühjahr machen wir zunächst einen flachen Durchgang mit einem Saatbettgrubber. Wir brauchen einen sehr guten Boden mit einer sehr feinen Struktur, denn bei Heilkräutern sind die Samen sehr fein und klein. Nach der Bearbeitung mit dem Terrano FX habe ich die gewünschten Bedingungen.
Einige Heilkräuter bleiben vier, fünf oder sechs Jahre auf den Feldern und es gibt keine Fruchtfolge. Bei der Kamille gibt es jedes Jahr einen Wechsel. Wir holen sie Ende Mai, Anfang Juni vom Feld, damit genügend Zeit ist, andere Kulturen auszusäen. Nach der Ernte der Kamillenblüten gibt es keine großen Rückstände, sie ist sehr einfach zu verarbeiten. Ein Durchgang mit dem Joker 3 CT und die Fläche ist mehr oder weniger bereit für die Aussaat.
Für die Aussaat habe ich in den ersten Jahren eine Express 3 TD genutzt – die Maschine ist optimal für unsere Bedingungen. Mit der speziellen Dosierwalze mit 2,8 Kubik konnte ich 200 g/ha säen. Besonders spezielle Kräuter wie Thymian lassen sich damit gut ausbringen. Die Express ist leicht einstellbar und deshalb ideal für diese Art von Kräutern. Der Samen wird damit ca. 1 cm tief in den Boden gesetzt. Das ist wichtig, denn diese Kulturen gehen nicht auf, wenn man sie zu tief sät. Besonders bei Kamille ist es entscheidend, an der Oberfläche zu säen. Die Samen sind sehr klein, benötigen Sonnenlicht, um aufzugehen, aber auch die Kapillarität bzw. Wasser von unten. Deshalb muss man nach der Bodenvorbereitung im September den Boden andrücken. Da dieser bei uns sehr schwer ist, verdichte ich ihn mit den Reifen des Traktors. Die Samen werden dann im Reifenabdruck abgelegt, da sie hier auch vor Wind geschützt sind. Außerdem herrscht hier die beste Kapillarität, da es der höchste Punkt der Rückverfestigung ist. Ich habe es schon mit der Pronto versucht, aber da war der Druck nicht ausreichend.
Seit letztem Jahr nutze ich auch die Taro 6 SL für die Aussaat. Davor habe ich die Oberfläche mit der Joker 3 CT vorbereitet, allerdings schnell gemerkt, dass sie für unsere Grundstücke zu groß ist. Deshalb habe ich nun auch eine Versa 3 KR bestellt. Damit habe ich die Möglichkeit, die Reihenabstände unkompliziert zu verändern. Für manche unserer Kulturen brauchen wir 15 cm, für andere 30 cm oder 45 cm. Die Kreiselegge vor den Säaggregaten sorgt zudem für eine sehr feine, schöne Struktur.
Die hohe Qualität unserer Produkte ist eine Kombination aus unseren guten Böden, dem Klima und der Sortenauswahl. Wenn man mehr Sonne oder heißes Wetter hat, produziert die Pflanze mehr Öl, um sich vor der Trockenheit und der Sonne zu schützen.

terraHORSCH: Was ist die größte Herausforderung beim Anbau von Heilkräutern?
Zoltan Kurunci:
Die größte Herausforderung bei dieser Art des ökologischen Anbaus ist die Unkrautbekämpfung, da man keine Chemikalien einsetzen kann. Es ist nicht leicht, die Unkräuter händisch zu entfernen, wenn Arbeitskräfte fehlen. Da haben wir das gleiche Problem wie andere Länder. Deshalb nutzen wir im Frühjahr verschiedene Striegel, wie z.B. unseren Cura. Damit mache ich die erste Bodenbearbeitung und fahre jeden zweiten oder dritten Tag durch, um die kleinen Pflanzen zu entfernen. Wenn es allerdings regnet, können wir nicht aufs Feld. Die Unkräuter wachsen dann innerhalb weniger Tage zwischen 3 bis 5 cm. Wenn sie 5 cm hoch sind, bedeutet das meistens, dass die Wurzel genau so tief ist. Mit dem Striegel kann man das nicht mehr herausholen. Dann müssen wir das von Hand machen, was viel Zeit in Anspruch nimmt und Arbeitskräfte bindet. Die Kamille zum Beispiel wird in der Regel Mitte Oktober gesät, damit die Pflanzen sich bis zum Winter entwickeln können und ein grüner Teppich entsteht. Dann hat man weniger Probleme, denn sie fängt mit den ersten sonnigen Tagen im Februar an zu wachsen, während das Unkraut noch schläft – es kommt normalerweise in der zweiten Märzhälfte. Die Kamille ist so stark, dass sie leicht zu handhaben ist. Außerdem ist es wichtig, dass man um seine Parzellen eine Art Pufferzone schafft, um die eigenen Kulturen zu schützen, falls die Nachbarn Chemie verwenden. Ich pflanze deshalb Sträucher oder Büsche, um meine Felder abzuschirmen.

terraHORSCH: Diese Sträucher brauchen doch sicher eine bestimmte Höhe, um effektiv zu schützen?
Zoltan Kurunci:
Sie sollten auf jeden Fall höher als die angebauten Kulturen sein. Ich nutze unter anderem einen Strauch aus Sibirien, der in einem Jahr ca. 1,5 Meter hoch werden kann. Das Ziel ist, diese Sträucher auf 2 Meter wachsen zu lassen. Es ist natürlich einfacher, die großen Parzellen zu schützen als die kleinen. Ich habe aktuell eine mit 12 ha und eine mit 9 ha.

terraHORSCH: Wie werden die Kräuter geerntet?
Zoltan Kurunci:
Wir ernten mit einer speziellen gezogenen Erntemaschine. Die Ringelblume wird zum Teil auch von Hand gepflückt, da man damit einen doppelt so hohen Ertrag erhält. Mit dem Mähdrescher hat man maximal drei Ernten, da man die kleinen Blüten zerstört. Aus diesem Grund wird das, was von Hand gepflückt wird, in einem Reihenabstand von 45 cm gesät, für die Mähdrescherernte legen wir einen Abstand von 15 cm an. Deshalb ist auch die Versa so gut für unsere Anforderungen geeignet, da wir dann flexibler sind.

terraHORSCH: Was passiert nach der Ernte mit den Kräutern, um sie für den Verkauf bzw. Versand fertigzumachen?
Zoltan Kurunci:
Das hängt von der jeweiligen Pflanze ab. Bei der Kamille muss zum Beispiel zunächst die Blüte vom restlichen Grünanteil wie den Blättern getrennt werden. Dann kommen die Blüten in einen Trockner. Hier muss man sehr vorsichtig sein, denn wir wollen ja die ätherischen Öle in der Pflanze erhalten. Daher darf die Lufttemperatur beim Trocknen nicht höher als 42 bis 43 Grad sein. Bei uns dauert der Prozess zwischen 8 bis 9 Stunden. Normalerweise liegt die Trocknungszeit zwischen 16 bis 18 Stunden. Wir haben hier lange optimiert und viele schlaflose Nächte gehabt, um die Zeit zu verkürzen.

terraHORSCH: Was machst du anders?
Zoltan Kurunci:
Bei der Temperatur haben wir keinen Spielraum – die muss konstant sein. Aber wir haben gemerkt, dass jeder Kubikmeter Luft eine bestimmte Menge an Feuchtigkeit aufnimmt. Deshalb tauschen wir die Luft aus. Allerdings darf auch nicht zu viel Luft hineingepresst werden, da sonst das Material anfängt umherzufliegen. Mit diesem Prozess kann zweieinhalbmal mehr Luft in den Trockner gebracht und somit der Prozess verkürzt werden.
Nach dem Trocknen kommt die Kamille in eine Maschine, die die Köpfe vom Stiel trennt. Danach werden alle nicht benötigten Bestandteile händisch von den Mitarbeitern aussortiert. Am Ende kommt alles in einen Windkanal, in dem man die Kamillenblüten nach Gewicht trennen kann. So erhält man zwei verschiedene Klassen. Hierbei verlieren einige Blüten ihren Blütenstaub, der meines Erachtens das Beste am gesamten Produkt ist. Wenn ich mir zu Hause selbst Tee mache, koche ich ihn nicht aus den Blüten, sondern aus dem Pulver. Leider erhält man dafür nicht den besten Preis am Markt.
Minze oder Melisse kommen nach der Ernte direkt in den Trockner, danach werden die Blätter von den Stängeln getrennt. Die Stängel gehen als organisches Material zurück auf die Felder und die Blätter kommen auf verschiedene Arten von Rütteltischen, um sie in verschiedene Fraktionen zu trennen. Denn manche Kunden wollen größere Blätter haben, andere kleinere.