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Bei den Baumwoll-Bauern

Bei HORSCH gibt es viele Mitarbeitende, die nebenberuflich aktive Landwirte sind. Dies gilt auch für Frankreich. Yohan De Wit zum Beispiel hat einen Betrieb im Südwesten Frankreichs. Mit ihm sprach terraHORSCH über seine zwei Standbeine.

Yohan de Wit muss seine zwei Leidenschaften unter einen Hut bringen. Als Als technische Unterstützung im Vertrieb von HORSCH France im Südwesten Frankreichs kümmert er sich um den Maschinenbestand, ist als Berater tätig und unterstützt die Landmaschinenhändler in seinem Gebiet beim Verkauf. Als Geschäftsführer im Unternehmen seiner Familie, der Firma Jean Fil, beschäftigt er sich mit der Produktion von Baumwolle. Das reicht bis in die Textilbranche hinein, denn dort ist er auf der Suche nach Kunden und Märkten für die Endprodukte.

Dabei ist es sicherlich nicht ganz einfach, immer wieder von der Technik auf Polo-Shirts aus 100 % französischer Baumwolle umzuschalten. „Ich versuche, die beiden Aktivitäten nicht zu vermischen. Man muss lernen, das eine ganz klar vom anderen zu trennen!“ sagt Yohan de Wit dazu.
Aber liegen die beiden Bereiche tatsächlich so weit auseinander? „Durch meine Arbeit bei HORSCH treffe ich Landwirte mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Ich lerne, ihre Probleme zu verstehen, und ich interessiere mich für die Lösungen, die sie auf ihren Betrieben umsetzen – sowohl im Hinblick auf die Maschinen, als auch auf ihre ackerbaulichen Strategien. Was meine Tätigkeit bei Jean Fil angeht, bleibe ich auch dort mit der praktischen Landwirtschaft verbunden. Ich probiere Fruchtfolgen aus, technische Strategien und versuche, der französischen Gesellschaft ein positives Bild der Landwirtschaft zu vermitteln. So kann ich beide Tätigkeitsfelder nutzen, um ein Problem zu thematisieren: die Veränderungen in der modernen Landwirtschaft. Die Einschränkungen für die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, die Risiken beim Getreidepreis auf dem Markt, die Absatzmärkte, Bodengesundheit, die Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Energie, die öffentliche Meinung – das sind Dinge, die man anpacken muss. Bei mir klappt das ganz gut, weil ich offen und neugierig bin.“

Sohn eines Landwirts

Die Begeisterung für Landwirtschaft wurde Yohan de Wit schon in die Wiege gelegt. Sein Vater und sein Onkel, Ackerbauern und Viehhalter aus Holland, kamen 1979 in den Südwesten Frankreichs. Dort übernahmen sie einen Betrieb mit 100 ha Getreide und 100 ha Weinbergen. Der Weinanbau war absolutes Neuland für die beiden und sie mussten zunächst einmal die Grundlagen lernen. In der zweiten Generation wurde der Betrieb dann geteilt. Seitdem kümmern sich Yohans Schwager und sein Bruder um 60 ha Getreide und 60 ha Wein, während Yohans Vater die restliche Fläche bewirtschaftet.
Der Betrieb ist also nicht allzu groß. Daher muss er Lösungen finden, um die Rentabilität zu maximieren. Wie viele andere Landwirte im Südwesten Frankreichs hat er sich deshalb für Kulturen mit Mehrwert entschieden: die Saatgutvermehrung von Mais, Rüben und Raps sowie die Produktion von Popcorn-Mais und grünen Bohnen.
Insgesamt ist es nicht einfach, sein Heimatland zu verlassen und anderswo zu arbeiten. Noch schwieriger ist es als Landwirt und dann auch noch in einem unbekannten Bereich wie dem Weinbau. Yohan wuchs also in einem Umfeld voller Unternehmensgeist auf. Aber wie sieht nun Yohans Vision von Landwirtschaft aus?

Den Verbraucher in seinem Alltag ansprechen

Yohan de Wit erzählt: „Ich hatte schon immer viele Ideen. Aber ich hatte Angst, mich ohne Absicherung in irgendwelche Abenteuer zu stürzen. Außerdem war es für mich klar, dass ich nicht ohne meinen Schwager und meinen Bruder arbeiten wollte. Wir sind schon seit dem Sandkasten enge Freunde und haben uns immer ergänzt. Médéric und Samuel sind hervorragende Ackerbauern, meine Stärken liegen in den Bereichen Kommunikation und Weiterverarbeitung.“
Und so wurde eines Tages die Idee geboren, Baumwolle anzubauen. „Wir sind von einer einfachen Annahme ausgegangen: Was machen die Franzosen jeden Tag? Erstens: Sie essen, zweitens: Sie trinken, drittens: Sie ziehen sich an. Als Landwirte liefern wir ja schon die Nahrungsmittel, als Weinbauer auch die Getränke dazu. Was wäre, wenn wir sie auch einkleiden würden? So entstand die Idee, zusammen eine komplette Kette von der Produktion der Baumwolle bis hin zum fertigen Kleidungsstück abzudecken.“

Der Anfang war nicht leicht. Vor allem, weil wir die Einzigen in ganz Frankreich waren, die sich an so eine spezielle Idee heranwagten. Die ersten Schritte waren die Suche nach der richtigen Sorte, die Durchführung von Pflanzversuchen, die Suche nach zertifiziertem europäischen Baumwollsaatgut und dann der Abschluss eines Vertrages mit einem Saatgutproduzenten, in dem die Vermehrung untersagt war. Nach einem Testjahr (2016 mit sechs Körnern im Garten) stürzte sich das Team dann 2017 mit 2 ha ins Unbekannte. 2018 waren es schon 4 ha und 2019 dann sogar 14 ha.
„Ich werde hier natürlich nicht unsere Produktionsgeheimnisse verraten“, sagt der Landwirt. „Denn wir mussten viel Zeit und Geld investieren, um der Fruchtfolge den letzten Schliff zu geben. Und zwar ohne die Baumwollerträge und die Erträge der anderen Kulturen zu gefährden. Dazu hatten wir uns mit einigen Anfangsschwierigkeiten herumzuschlagen. Jetzt steht im Vordergrund, dass unsere Investitionen rentabel werden.“
Das oberste Ziel dieses Abenteuers ist es, ein Produkt herzustellen, das zu 100 % aus Frankreich kommt. „Das ist unser ganz persönlicher Wunsch, denn Frankreich hat eine sehr lange Tradition im Baumwollbereich. Wir haben in Frankreich die ganze Technik und das ganze Wissen, um zu spinnen, zu färben und zu weben. Das darf nicht verloren gehen. Wir möchten auch eine Verbindung zwischen der Landwirtschaft und der Industrie schaffen. Die kann nämlich ohne Landwirtschaft nicht existieren! Man vergisst oft, dass ein Großteil der Rohstoffe aus der Erde kommt.“
Heute ist die Baumwolle aus Gers der Stolz seiner Produzenten: Innerhalb Frankreichs legt sie ca. 2.400 km zurück, bis sie zu einem Poloshirt wird. Normalerweise erstreckt sich der Weg eines T-Shirts im Durchschnitt über 65.000 km, bevor es zum ersten Mal vom Verbraucher getragen wird. Jean Fil, die Firma von Yohan, Médéric und Samuel, produziert zurzeit 6.000 Poloshirts und T-Shirts pro Jahr mit einer Kollektion von zehn Modellen.

Notwendige Anpassungen an Klimaveränderungen

„Ich respektiere die Entscheidung meiner Kollegen, die verstärkt auf ökologische Landwirtschaft setzen. Aber das ist nicht mein Steckenpferd. Die französische Gesellschaft lässt sich da hinsichtlich Qualität der Lebensmittel und der Klimaerwärmung verwirren. Die beiden Ziele sind heute nur schwer zu erreichen, wenn man ökologischen Landbau betreibt. Denn dieses Produktionsverfahren verbraucht viel Diesel, bearbeitet den Boden in der Regel sehr stark, aber verwendet keine Pestizide. Die konservierende Landwirtschaft verwendet zwar Pflanzenschutzmittel, aber der Kohlenstoffausstoß ist viel geringer, ebenso die Bodenerosion. Die Welt ist nicht schwarz und weiß! Man braucht von allem etwas. Eine gute Mitte zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft.“
„Für mich bleibt das Klima das wichtigste Thema. Auf unseren Familienbetrieben fangen wir an, unsere Kulturen anzupassen, weil wir wahrscheinlich immer weniger Wasser zur Verfügung haben werden. Meine Annahme stützt sich auf die Tatsachen, die wir seit den 90er-Jahren auf unserem Betrieb feststellen: Zu unserem Betrieb gehört ein See, der noch vor 30 Jahren den Betrieb meines Vaters und den meines Onkels bewässern konnte. Heute reicht es nur noch für den Betrieb meines Onkels, obwohl sich die Größe nicht verändert hat. Dank des Baumwollanbaus und des ozeanischen Klimas im Südwesten Frankreichs müssen wir auf dem Betrieb meines Vaters nicht bewässern. Wir haben genug Niederschläge für unsere Kulturen. Darüber hinaus ist die Baumwolle sehr hitzeresistent, da sie eher in den wasserärmeren Ländern angebaut wird: Südspanien, Portugal, Usbekistan. Baumwolle wird im Frühjahr gesät, sobald die Bodentemperatur es zulässt. Geerntet wird sie im November/Dezember. Das größte Problem der Baumwolle sind die Insekten. Vor allem die braunen Wanzen, etwas kleiner als eine normale Wanze, die ihre Larven in der Baumwolle ablegen. Die Larven wandern in die Frucht und lassen sie verfaulen. Es gibt zwar geringe Verluste, aber die nehmen wir in Kauf, weil in der Baumwolle noch viele andere Insekten leben, die wir nicht in Mitleidenschaft ziehen wollen. Und außerdem gibt es noch kein zugelassenes Mittel.“

„Wir haben vier Jahre gebraucht, um zufriedenstellende Erträge zu erzielen. Los ging es mit 80 kg Fasern pro Hektar. 2020 lagen wir bei 250 kg. Allerdings ist bei Baumwolle der Ertrag deutlich vom Wetter abhängig. Die Ernte ist jedes Jahr eine Zitterpartie: Je wärmer und trockener es ist, desto wohler fühlt sich die Pflanze. Dieses Jahr zum Beispiel hatten wir wegen der Niederschläge und des Frostes Schwierigkeiten bei der Ernte. Wir hoffen, dass wir sie noch retten können, um sie einzulagern.“

Die drei Landwirte versuchen auch, mit konservierender Landwirtschaft ihre Kohlenstoffbilanz zu verbessern. Sie tauschen sich aus und orientieren sich an den Erfahrungen anderer. „Dabei geht es nicht nur um Kommunikation, sondern auch um Überzeugungen. Der Klimawandel ist eine Tatsache, die man nicht einfach ausblenden kann. Im Moment arbeiten wir mit einer einfachen Fruchtfolge und mit Bodenbedeckung. Nach der Weizen- oder Gerstenernte bauen wir Futtersorghum an. Darin bringen wir Bohnen aus, die wir dann im September/Oktober mit einem Grubber umbrechen. Wenn sich die Bedingungen ändern, wenn festgelegt wird, dass der Landwirt Kohlenstoff speichern muss, dann müssen wir bereit sein und unsere Strategie so früh wie möglich einleiten. Das Ziel ist, die Qualität unserer Böden zu verbessern. Daran glaube ich!“
Um die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln zu optimieren, haben die Betriebe in eine HORSCH Leeb LT investiert. Die Möglichkeit, mit einem 25 cm Düsenabstand zu spritzen, hat sie überzeugt, ebenso wie die Gestängeführung in den Hanglagen des Departments Gers mit einer Neigung von oft 20 %.

Anpassung an die unruhigen Zeiten

„Wir haben uns entschieden, 2020 und 2021 etwas weniger Baumwolle weiterzuverarbeiten. Angesichts der Corona-Situation erschien es uns sinnvoller, den Rohstoff einzulagern, um besser beurteilen zu können, wie sich die Verbraucher verhalten werden. Eine Marke entwickelt sich ja nicht nur durch die Anzahl der verkauften Produkte weiter! Optimierungsphasen gehören genauso dazu. Und in solch einer Phase befinden wir uns gerade. Auf unseren Betrieben wollen wir die Anzahl der Anbauflächen künftig reduzieren, um die Aufhebung der Ertragsobergrenze zu erreichen. Wir suchen nach einer neuen technischen Strategie, um unsere Produktionskapazität für französische Baumwolle noch mal zu erhöhen. Die Nachfrage danach ist trotz der weltweiten Konflikte und der Corona-Pandemie ungebrochen stark.“