Home » Ausgabe 24-2022 » Aus der Praxis » Neue Wege in der Landwirtschaft: Marco Horsch, DE

Neue Wege in der Landwirtschaft

Marco Horsch bewirtschaftet die Felder des Familienbetriebs am Sitzenhof. Um die Bearbeitung seiner Flächen weiter zu optimieren, beschäftigt er sich viel mit der Bodenbeschaffenheit, probiert Neues aus und experimentiert, um eigene Erfahrungen zu sammeln. In der Ausgabe 20/2020 haben wir bereits über seine alternativen Methoden berichtet. Lesen Sie nun, was er in diesem Jahr für Erfahrungen gemacht hat.

terraHORSCH: Welche Methoden hast Du dieses Jahr ausprobiert und wie lief es?
Marco Horsch:
Im Frühjahr wollte ich meine ersten Tee-Maßnahmen durchführen, habe das allerdings abgebrochen, weil ich festgestellt habe, dass es mit meiner Spritze, so wie sie ist, nicht geht. Einen Komposttee sollte man nicht mit einem Spurdruck über 3 bar fahren. Das bekomme ich zwar am Gestänge hin, vor dem Gestänge habe ich jedoch einen Druck von über 15 bar. Da muss ich die Technik noch etwas anpassen, bevor ich weitermache. Sonst ist das sinnlos, weil die Mikroorganismen potentiell schon tot sind, bevor sie auf den Boden und die Pflanze treffen. Die letzten Jahre habe ich verstärkt meinen Boden tiefer gelockert als sonst, ohne zu mischen. Beim Terrano bin ich dazu mit weniger Zinken gefahren, hatte aber das ULD Schar montiert. Dann habe ich zum Teil Pflanzenfermente eingespritzt und auch mit Sauerkrautsaft gearbeitet. Ich bin zwar noch nicht ganz da, wo ich damit hinwill, aber man sieht, dass es etwas bringt.

terraHORSCH: Welche Veränderungen siehst Du da?
Marco Horsch:
Wir haben beim regenerativen Landwirtschaftsseminar eine Spatenprobe gemacht. Hier hat sich gezeigt, dass der Boden unten, wo ich den Sauerkrautsaft injiziert habe, richtig schön krümelig war. Drum herum war er wesentlich fester. In der Theorie geht man erstmal davon aus, dass ein gutes Pflanzenferment besser ist als Sauerkrautsaft, weil man dadurch eine größere Vielfalt an Mikroorganismen hat. Komposttees und Pflanzenfermente kann man zwar kaufen, allerdings sind die Kosten dafür recht hoch, gerade wenn es um größere Flächen geht. Ich habe deshalb versucht, das Ferment selbst herzustellen. Leider hat das nicht optimal geklappt. Es hatte statt eines schönen erdigen Geruchs einen sehr heftigen. Warum das so ist, habe ich noch nicht herausgefunden. Wahrscheinlich ist etwas mit hineingeraten, was nicht hinein soll. Ich habe dann Ferment gekauft. Der Unterschied war eindeutig: Selbst nach längerem Stehen hat es noch angenehm gerochen.
Außerdem habe ich dieses Jahr versucht, eine Bakterienmischung anzuwenden. Diese sollte im Weizen- bzw. Getreidebestand bis zu 60 kg Stickstoff generieren. Ich habe die Mischung genauso angewendet, wie es mir gesagt wurde. Aber jetzt sehe ich, dass der Weizen hungert. Das bedeutet: Von den 60 kg Stickstoff ist noch nichts angekommen. So habe ich mit AHL nachgedüngt

terraHORSCH: Was ist das für eine Bakterienmischung? Wann hast Du das ausgebracht?
Marco Horsch:
Es sollten Bakterien sein, die aus der Luft und dem Boden Stickstoff generieren – also freiliegende Stickstoffsammler – und diesen so den Pflanzen verfügbar machen. Ich habe es im Frühjahr in die Gülle gemischt und mit ihr zusammen ausgebracht. Das Gemisch soll ja in den Boden und das klappt so am besten. Es hat nach der Ausbringung sogar geregnet, es war alles im richtigen Verhältnis. Trotzdem sehe ich kein Ergebnis. Beim Mais habe ich es Unterfuß in den Boden injiziert – da bin ich jetzt gespannt, ob man etwas erkennen wird. Danach habe ich mit Bakterien experimentiert, die man auf das Blatt spritzt und die dort Stickstoff generieren sollen. Aber das hatte keinen Effekt. Damit meine Gerste nicht völlig verhungert, musste ich nochmal mit AHL nachlegen. Ich habe Parzellen, wo ich es halb so und halb so gemacht habe – das war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich habe gemerkt: Es ist nicht ganz so einfach. Es kann sein, dass ich in der Anwendung noch Fehler gemacht habe oder das Klima eine Rolle gespielt hat. Bakterien benötigen gewisse Temperaturen, gewisse Feuchtigkeitsbedingungen und einige brauchen UV-Licht. Rückblickend war das Frühjahr eher suboptimal dafür. Es war kalt, phasenweise trocken und relativ bedeckt. Jetzt sind die Klimabedingungen besser. Es ist wärmer, feuchter und es gibt mehr Sonneneinstrahlung, d.h. die Pflanzen können jetzt Energie über Fotosynthese produzieren. Das ist auch besser für die Bakterien. Ich bin überzeugt, dass es einen positiven Effekt auf das Pflanzenwachstum, Nährstoffversorgung etc. hat, wenn man die Biologie im Boden fördert. Es ist halt schwierig, den richtigen Weg zu finden.

terraHORSCH: Wie sieht es mit dem Thema Zwischenfrucht aus?
Marco Horsch:
Das Thema Zwischenfrucht will ich schon weiterhin verstärkt verfolgen, auch wenn ich in diesem Jahr einige Rückschläge hinnehmen musste. Zum Beispiel hatte ich eine überwinternde Zwischenfrucht, bei der im Frühjahr relativ wenig Pflanzenmasse dastand. Die größerlastige Zwischenfruchtmischung habe ich dann wachsen lassen und wollte den Bestand zwei Wochen vor der Maissaat umbrechen. Allerdings ging das nicht so einfach, weil die Gräser sehr viel Wurzelmasse gebildet hatten. Das ist gut für die Bodenstruktur, macht den Umbruch aber umso schwieriger. Zuerst habe ich es mit der Kurzscheibenegge probiert – das hat gar nicht funktioniert. Mit der Fräse ging es etwas besser. Zum Schluss musste ich fast 14 Tage warten, nochmal mit der Kurzscheibenegge und der Kreiselegge nacharbeiten, damit der Boden überhaupt säfertig wurde. Nachbarbetriebe hatten es ebenfalls schwer, den Boden optimal vorzubereiten, weil er unten sehr nass, oben jedoch trocken und klutig war. Ich habe teilweise sehr steinige Flächen, was das alles sehr erschwert hat.
Wahrscheinlich wechsele ich nächstes Jahr wieder zu einer abfrierenden Zwischenfrucht und baue die überwinternde nur im kleinen Stil an, um es nochmal zu versuchen. Denn bisher fehlt mir einfach die passende Technik. Mit der Fräse geht es zu schlecht. Wie sich die überwinternde Zwischenfrucht auf die Bodenbiologie auswirkt, muss sich erst noch zeigen. Ich hätte evtl. noch mehr zweigleisig machen sollen, um einen Unterschied zu sehen.
Ich will den Weg weitergehen, aber ich muss es dosierter machen und erst noch Erfahrung sammeln, bevor ich es in größerem Ausmaß umsetze. Wahrscheinlich werde ich nach dem Getreide und vor der Sommerung versuchen, noch früher eine Zwischenfrucht zu etablieren, damit einfach mehr Wachstumsphase da ist.

terraHORSCH: 2021 hast Du mit Untersaat im Mais gearbeitet? Wie hast Du diese etabliert und was war Dein Ziel?
Marco Horsch:
Auch das habe ich über das Güllefass ausgebracht. Allerdings ist es nicht gleichmäßig geworden. An manchen Stellen war viel, an manchen gar nichts. Wenn wir von der Güllegemeinschaft eine Zwischenfrucht aussäen, saugen wir diese während des Befüllens kontinuierlich mit ein. Das Fass des Lohnunternehmens hatte diese Einrichtung nicht und ich habe das Saatgut über den Dom eingefüllt. Ich vermute, deshalb ist es obenauf geschwommen und hat sich nicht verteilt. Der Bestand war teilweise sehr gut, aber an manchen Stellen praktisch nicht vorhanden. Die Idee wäre, gezielt Bodenstruktur zu verbessern und eine winterharte Zwischenfrucht vor Soja zu etablieren. Im Körnermaisbestand sehe ich kaum einen positiven Effekt, da man das ganze Stroh hat, das das Wachstum hemmt. Wir haben das Stroh zwar gemulcht, aber das bremst dann auch das Gras. Vielleicht hätte ich es mit einer Maschine statt mit der Gülletechnik ausbringen müssen. Das werde ich vielleicht auf 2 bis 3 ha nochmal ausprobieren.

terraHORSCH: Wo willst Du in der Fruchtfolge noch hin?
Marco Horsch:
Generell ist mein Ziel, eine vielfältige Fruchtfolge zu haben – alle fünf Jahre Getreide, Mais, Soja, Getreide, Raps. Mir ist es wichtig, dass ein gewisser Teil Sommerungen dabei ist und nicht zu viel Getreide, besonders wegen der ganzen Unkrautproblematik und Krankheiten etc. Ich glaube schon, dass es mit der vielfältigen Fruchtfolge unkrauttechnisch etwas leichter ist. Wo ich vorher einen Haufen Gräser bekämpfen musste, kann ich mir das jetzt zum Teil sparen und das Feld sieht auch nicht schlechter aus.

terraHORSCH: Wie ist es bei Soja?
Marco Horsch:
Ich hoffe gut, weil ich sehr viel angebaut habe. Die Saat war zwar nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt habe, aber wenn es annähernd wird wie letztes Jahr, bin ich zufrieden. Da hatte ich ca. 4 t Soja. Soja hat definitiv Potenzial für die Fruchtfolge. Und aktuell wird es dies über die vielfältige Fruchtfolge mit großflächiger Leguminose gefördert. Wenn das nicht mehr ist, weiß ich nicht, ob ich damit weitermache. Ich habe schon mehrmals Soja angebaut, wo es nicht so gut lief. Letztes Jahr hatte ich das erste Mal einen großen Anteil und einen guten Ertrag mit positivem Ergebnis. Die Jahre davor habe ich mit Soja einfach etwas rumprobiert und die Erträge waren mit 25 bis 30 dt nicht so prickelnd.

terraHORSCH: Ist im Soja etwas geplant in Richtung Blattdüngung usw.?
Marco Horsch:
Bis jetzt nicht. Im letzten Jahr habe ich nur Herbizide gespritzt und sonst gar nichts. Auch keine Fungizide oder Insektizide. Vielleicht werde ich noch irgendwelche Spurennährstoffe ausprobieren.

terraHORSCH: Wie viel Prozent Deiner Bodenfläche hast Du intensiv untersucht?
Marco Horsch:
Ich habe von allen Flächen die Austauschkapazität untersucht - als Mischuntersuchungen über meine Feldgruppen. Da liege ich nicht so daneben, wenn ich mir die ganzen Nährstoffe anschaue. Ein paar Sachen kann man immer besser machen, aber nichts Großartiges. Bei meinem großen Schlag habe ich das erste Mal CO2-Zertifikate verkauft bzw. bin in eine Partnerschaft getreten. Mal schauen, was dabei rauskommt. Das Ergebnis gibt es erst in vier bis fünf Jahren, da der Prozess etwas länger dauert.

terraHORSCH: Was ist Dein Fazit aus all dem?
Marco Horsch:
Mein Fazit ist, dass ich in Zukunft nicht mehr so schnell in so ein Thema stürze und mich im nächsten Jahr wieder mehr auf mein eigenes Gefühl verlasse. Insofern habe ich bis jetzt noch keine großen Erfolge erzielt, aber viele Erfahrungen gesammelt. Lernen tut manchmal weh!