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Den internationalen Markt noch besser erschließen

Auf der Agritechnica hat HORSCH in Sachen Pflanzenschutz einige Neuheiten zu bieten. Theo Leeb sprach mit terraHORSCH über die neue Generation der Selbstfahrer sowie über die HORSCH Leeb 12 TD, die bald auf den Markt kommt. Außerdem berichtete er über die ersten Praxiserfahrungen und die Zufriedenheit der Kunden mit der HORSCH Leeb AX.

terraHORSCH: Die neue Baureihe des HORSCH Leeb 6.300 und 8.300 PT stellt eine weitere Generation der Selbstfahrer dar. Wie hat sich die Baureihe in den letzten Jahren entwickelt und warum haben Sie damals angefangen, Selbstfahrer zu bauen?
Theo Leeb:
Die Baureihen PT 230, 280 und 270 sind seit dem Jahr 2004 auf dem Markt. Sie zeichnen sich besonders durch den 8000 l-Tank und den mechanischen Fahrantrieb aus. Diese Leeb PTs haben sich vor allem auf den nord- und ostdeutschen Großbetrieben bewährt. Für Mittel- und Südeuropa sind sie aber nur bedingt einsetzbar: In diesen Regionen werden viel Mais und Sonnenblumen angebaut. Eine Bodenfreiheit von nur 85 bis 90 cm ist dafür zu gering.
Dieses Defizit haben wir im Jahr 2010 mit der Entwicklung der Baureihe PT 330 und 350 ausgeglichen. Völlig neu war dabei auch, dass die Selbstfahrer mit einer Mittelkabine ausgestattet wurden - dadurch war aber nur eine Fassgröße von 5000 l möglich. Der Aufbauraum des PTs war eingeschränkt und ein großer Teil des Gewichts verlagerte sich auf das Heck.
Bei der Gründung der HORSCH LEEB Application Systems GmbH war es das erste Ziel, Selbstfahrer zu bauen, die perfekt auf die Großbetriebe in Nord- und Ostdeutschland zugeschnitten sind. Inzwischen sind die Anforderungen wesentlich internationaler geworden. Es ist somit unsere Aufgabe, eine Selbstfahrer-Baureihe für die unterschiedlichen Bedingungen der einzelnen Regionen auf den Markt zu bringen. Weltweit sind die Anforderungen an Selbstfahrer geprägt von großer Variabilität. Genau aus diesem Grund bestücken wir die neue Baureihe des Leeb 6.300 und 8.300 PT mit vielen variablen Ausstattungsvarianten, um diesen unterschiedlichen Bedingungen gerecht zu werden.

Bitte erklären Sie uns doch etwas genauer, inwiefern Sie sich mit der neuen Selbstfahrer-Generation internationaler aufstellen. Was sind die Neuheiten im Vergleich zu den Vorgänger-Generationen der PTs? 
Theo Leeb:
Das Ziel ist es, mit dieser neuen Selbstfahrer-Generation den Großteil der Anforderungen in Europa, Russland, Australien und auch Nord- und Südamerika abzudecken. Während des Entwicklungsprozesses war es deshalb sehr wichtig zu klären, wie das grundlegende Maschinenkonzept dafür aussehen muss. Einer der Knackpunkte war dabei die Position der Kabine auf dem Fahrwerk. Hier besteht immer die Wahl zwischen einer Front- oder einer Mittelkabine. Ganz bewusst haben wir uns für die Frontkabine entschieden, denn in der Vergangenheit haben wir damit bereits gute Erfahrungen gesammelt.
Vorteile der Frontkabine sind, dass ein größeres Behältervolumen möglich ist und sie eine gute Achslastverteilung gewährleistet, da der Behälter optimal zwischen den Achsen positioniert werden kann. Die Frontkabine hat im Vergleich zur Mittelkabine aber auf den ersten Blick einen etwas schlechteren Fahrkomfort. Um dennoch einen optimalen Fahrkomfort wie mit einer Mittelkabine zu garantieren, entwickelten wir ein speziell angepasstes Federungssystem - genauer gesagt eine hydropneumatische Einzelradaufhängung mit diagonaler Kreuzverschaltung. Durch die Einzelradaufhängung federn alle vier Räder unabhängig voneinander, um eine perfekte Seitenstabilität zu garantieren. Die diagonale Kreuzverschaltung sorgt dafür, dass beim Einfedern der rechten vorderen Seite auch automatisch die linke hintere Seite einfedert und somit die gesamte Maschine stabil gehalten wird.
Das ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass wir uns als Unternehmen mit der Zeit immer weiterentwickeln und den Kundennutzen bzw. in diesem Fall den Fahrkomfort immer besser bedienen können. Bei der Entwicklung des PT 280 haben wir ihn damals mit einer pneumatischen Federung und einer stabilisierenden Hinterachse ausgestattet. Der PT 330 wiederum verfügt schon über eine hydropneumatische Einzelradaufhängung, allerdings noch nicht über die Kreuzverschaltung. Die Kombination aus beidem ist für uns der nächste Schritt in der Evolution.

Die neue Selbstfahrer-Generation wurde also an den Großteil der weltweiten Anforderungen angepasst. Wie haben Sie das geschafft? Und was ist in dem Zusammenhang die Plattform „PT für jeden“?
Theo Leeb:
Wie bereits erwähnt, basiert die neue Baureihe des PTs auf einer Grundmaschine. Durch das Konfigurieren einzelner Baugruppen-Elemente können die Selbstfahrer bis zu einem gewissen Grad auf die Anforderungen des Marktes bzw. Landes angepasst werden. Die Plattform „PT für jeden“ beschreibt dadurch quasi ein Baukastensystem. Die Frontkabine gehört aber bei jeder Maschine zur Grundausstattung.

PT für jeden: Durch das Konfigurieren einzelner Baugruppen-Elemente können die Selbstfahrer auf die Anforderungen des Marktes angepasst werden.

Was sind denn alles Elemente des Baukastens?
Theo Leeb:
Es gibt drei verschiedene Behältergrößen: 5.000 l, 6.000 l und 8.000 l. Außerdem hat der Kunde die Wahl zwischen einem Edelstahl- oder einem Kunststofftank. Neben zwei verschiedenen Pumpensystemen gibt es auch zwei verschiedene Rahmenkonzepte. Die Einstellung der Spur gibt es als nicht-verstellbar oder als verstellbar. Es werden zwei verschiedene Motoren mit unterschiedlichen Leistungsabstufungen angeboten. Weitere Elemente des Baukastens sind unter anderem die Durchfahrtshöhe und natürlich länderspezifische Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Abgasstufen.

Gibt es denn auch Neuheiten bezüglich des Antriebs beim neuen Selbstfahrer?
Theo Leeb:
Ja, der neue Selbstfahrer ist mit einem hydraulischen Antrieb ausgestattet. Wir haben es geschafft, unsere guten Erfahrungen und die Vorteile des mechanischen Antriebs auf den hydraulischen zu übertragen. Die PT Baureihe 230, 270 und 280 ist ausgerüstet mit einem mechanischen Achsantrieb, der eine gute Traktion und Steigfähigkeit gewährleistet.
Hydraulische Antriebe waren in der Vergangenheit in Bezug auf die Steigfähigkeit eingeschränkt. Wir konnten dieses Problem lösen, indem wir ein elektronisches ASR-System und einen Hochleistungsantrieb miteinander kombiniert haben. Somit müssen wir in Sachen Steigfähigkeit, Zugleistung und Traktion keine Kompromisse eingehen.

Welche Komponenten der neuen Selbstfahrer-Generation sind bereits ab dem Jahr 2020 verfügbar?
Theo Leeb:
Ab 2020 ist die europäische Variante mit 6.000 l und 8.000 l verfügbar - mit zwei verschiedenen Antriebsabstufungen: einmal mit einer Abstufung für normale Einsatzbedingungen und alternativ mit einem HighPowerGear-Antrieb für stark hügelige Bedingungen. Die Gestängebreiten wird es ab nächstem Jahr bis 42 m geben und es sind Durchfahrtshöhen bis 1,35 m erhältlich. Die restlichen Baugruppen-Elemente der Plattform „PT für jeden“ werden sukzessive in den nächsten zwei Jahren auf den Markt kommen.Eine Spurverstellung für den europäischen Markt wird ab 2021 erhältlich sein.

Im Bereich der gezogenen Pflanzenschutzspritzen wird in naher Zukunft mit der HORSCH Leeb 12 TD eine weitere Neuheit auf den Markt kommen. Was verbirgt sich hinter dem Namen Leeb 12 TD?
Theo Leeb:
Aus den verschiedensten Regionen Europas kam die Anforderung, die Fassgrößen weiter nach oben abzurunden. Das motivierte uns dazu, eine weitere gezogene Pflanzenschutzspritze zu entwickeln. Die Leeb 12 TD wird mit einem Fassvolumen von 12.000 l ausgestattet sein und über eine Gestängebreite von bis zu 42 m verfügen. Wichtig ist hierbei auch, dass wir die Leeb 12 TD mit einer Tandemachse ausgestattet haben.
Die besondere Neuheit ist neben der extra großen Fassgröße allerdings viel mehr das innovative und neue Tanksystem. Die Leeb 12 TD verfügt über ein Zweitank-System, das einzigartig auf dem Markt ist. Das bedeutet, das Fass ist geteilt - in einen 7.000 l-Behälter vorne und in einen 5.000 l-Behälter hinten. Diese beiden Fässer dürfen aber keineswegs getrennt voneinander betrachtet werden. Sie sind in jeglicher Hinsicht miteinander verbunden. Eine der Besonderheiten ist dabei, dass sie stufenweise entleert werden. Zunächst wird das hintere Fass bis zu einem bestimmten Punkt geleert, dann das vordere Fass bis zu einem bestimmten Punkt und dann wieder das hintere Fass. Diese Vorgehensweise garantiert, dass auch bei Bergauf-Fahrten immer ausreichend Stützlast auf der Hinterachse des Schleppers gegeben und die Gewichtsverteilung optimal ist. Somit kann der Schlepper die maximale Zugleistung übertragen.
Ein weiterer Vorteil des Zweitank-Systems ist, dass keine Schwallwände benötigt werden, denn die beiden Tankgrößen sind - einzeln betrachtet - relativ überschaubar. Es besteht auch kein erhöhter Reinigungsaufwand. Die Bedienung wiederum ist auch sehr einfach gehalten. Die Steuerung des Zweitank-Systems läuft völlig autark im Hintergrund ab. Die Befüllung läuft über einen Befüllanschluss. Beide Fässer werden automatisch befüllt und auch auf intelligente Weise entleert. Außerdem wird automatisch kontrolliert, dass die Konzentration in beiden Behältern identisch ist.

Was denken Sie, für welche Märkte sich die Leeb 12 TD besonders eignen wird? Wann wird sie auf den Markt kommen?
Theo Leeb:
In den Ländern, die sich für Pflanzenschutztechnik mit großem Fassvolumen eignen, sehen wir ein großes Potenzial für die Leeb 12 TD.
Die ersten Prototypen sind in der Testphase und werden ab nächstem Frühjahr für eine bestimmte Verkaufsregion verfügbar sein. Im ersten Jahr wollen wir uns mit der Leeb 12 TD zunächst nur auf einen Markt konzentrieren.

Die HORSCH Leeb AX ist jetzt seit etwa einem Jahr auf dem Markt. Wie sehen die ersten Praxiserfahrungen aus? Wie zufrieden sind die Kunden mit der Maschine? 
Theo Leeb:
Die Bestellungen der Leeb AX lagen weit über den Erwartungen für das erste Jahr.Die Resonanz ist auch durchweg äußerst positiv. Die Kunden sind sehr zufrieden mit der Kombination aus Einfachheit und hochpräziser Gestängeführung. Die bisher verkauften Modelle wurden in ganz Europa vertrieben und wir haben mit der Leeb AX ein ganz neues Kundenklientel erreicht. Außerdem war sehr schnell klar, dass die Leeb AX in keiner Weise der Leeb LT den Markt weggenommen hat.

Können Sie bitte nochmal auf die Besonderheiten der Leeb AX eingehen? Was werden in Zukunft für Erweiterungen für die Leeb AX kommen?
Theo Leeb:
Die Leeb AX ist eine gezogene Spritze im mittleren Segment mit einem 4.000 l-Kunststofftank. Sie besticht vor allem durch höchsten Bedienkomfort und klare Bedienstrukturen. Wie alle anderen Pflanzenschutzspritzen aus unserem Hause ist sie auch mit dem BoomControl System ausgestattet, um eine optimale Gestängeführung zu gewährleisten. Inzwischen wird deutlich, dass der Markt auch Fassgrößen bis 8.000 l für die Leeb AX fordert. Ansonsten haben wir mit der Leeb AX den angestrebten Markt gut getroffen.

Macht es Sinn, dieses Konzept der Leeb AX auch mit einer noch kleineren Fassgröße zu entwickeln?
Theo Leeb:
Durch eine kleinere Fassgröße sind wir sehr schnell im Bereich der Anbauspritzen. Wir sehen durchaus Chancen darin, das BoomControl System für eine optimale Gestängeführung mit 3-Punkt-Technik zu etablieren.

Wie geht es denn weiter in der Entwicklung von neuen Pflanzenschutzspritzen? Gibt es noch weitere Kundenkreise, die Sie in Zukunft ansprechen wollen?
Theo Leeb:
Langfristig ist es unser Ziel, Full-Liner im Pflanzenschutz zu werden. Logischerweise ist der nächste Schritt dann, irgendwann eine 3-Punkt-Spritze anzubieten. Vom Selbstfahrer bis hin zur 3-Punkt Spritze hätten wir dann weltweit alle Anforderungen im Bereich Pflanzenschutz abgedeckt.

Zum Abschluss noch eine Frage, die oft von Landwirten und Händlern gestellt wird: Wann kommt eine echte Einzeldüsenabschaltung von HORSCH auf den Markt?
Theo Leeb:
Aktuell bieten wir für unsere Gestänge bis zu maximal 42 Teilbreiten an. Damit sind Teilbreiten ab 50 cm mit einer individuellen Aufteilung möglich. Das nun auf dem Markt kommende PrecisionSpray System bietet weit mehr Vorteile als nur die reine Einzeldüsenabschaltung. Durch eine pulsweitenmodulierte Ansteuerung jeder einzelnen Düse ergibt sich die Möglichkeit, die Aufwandmenge je Düse individuell einzustellen. Somit ist eine optimale Kurvenkompensation möglich. Außerdem sind Verstopfungsthemen gelöst, da ungefähr die dreifache Düsengröße wie bei einem Standardsystem verwendet wird.
Durch die PWM-Ansteuerung kann die Düse dann um bis zu 70 Prozent verkleinert werden. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass die Tropfengröße weitgehend unabhängig von der Aufwandmenge und der Fahrgeschwindigkeit eingestellt werden kann.