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Darum wetten Landwirte in die Zukunft

Veränderung der Reihenabstände und parallele Trends hinsichtlich der Maschinenausstattung – Dinge, die gerade nicht nur in den USA zu beobachten sind. Michael Horsch erklärt, wie und warum sich Reihenabstände beim Sojaanbau verändern und was das für Landwirte bedeutet.

Im Juli bot sich für Michael Horsch die Gelegenheit, in Iowa mit Harry Stine, einem renommierten Experten und Züchter im Bereich Soja, zu sprechen. „Er ist ein absoluter Kenner der Sojapflanze“, erzählt er. „Stine beschäftigt sich zeit seines Lebens mit der Sojazüchtung und hat Sorten entwickelt, die heute unverzichtbar sind.“
Eine der ersten Fragen, die Michael Horsch dem „Guru der Sojazüchtung“ stellte, war, ob die Vereinzelung bei Soja etwas bringt. Die Antwort war eindeutig: „Er sagte klar und deutlich nein. Es sähe zwar ordentlich aus, bringe aber keinen erkennbaren Ertragsvorteil.“ Stine sprach dem Reihenabstand je nach Standort und Pflanzensorte eine größere Relevanz zu.

Veränderung des Reihenabstands

In den USA hat sich in den letzten Jahren ein Reihenabstand von 50 cm (20 Inch) für Soja durchgesetzt. Dieser ermöglicht es, Mais und Soja mit der gleichen Einzelkornsämaschine zu säen. „Einige säen Soja auch auf 37,5 cm (15 Inch)“, so Michael Horsch. Dafür wird bei Mais jeder zweite Körper angehoben, um diesen auf 75 cm (30 Inch) zu säen. Der große Trend im Corn Belt waren jedoch 50 cm.

 „Aktuell beobachten wir gerade auf den größeren Betrieben interessante Entwicklungen. Ein Reihenabstand von 50 cm ist bei Mais technisch nicht optimal und ackerbaulich ergeben sich von 75 auf 50 cm nur geringe Mehrerträge. Von daher sagen viele Landwirte: Wir gehen zurück auf 75 cm und 24 Reihen, um zweimal 12-reihig zu ernten bzw. auf 48 Reihen und 75 cm, um dreimal 16-reihig zu ernten. Dadurch wird das System aus Pflücker und Sämaschine einfacher und beim Säen und Dreschen liegt der Fokus wieder mehr auf Leistung und Schlagkraft. Hinsichtlich des Ertrags würden sich, wenn überhaupt, nur geringe Nachteile ergeben.“ Durch diesen Reihenabstand würde dann jedoch die Eignung der Sämaschine zum Sojasäen wegfallen, weil man vorher mit den geringeren Reihenabständen beide Kulturen mit der gleichen Maschine gesät hat.
Anknüpfend an diese Entwicklung zeigt sich Folgendes: „Vor zehn bis 15 Jahren war es noch so, dass man zuerst im April den Mais gesät hat und dann, teilweise auch sortenbedingt, zu einer wärmeren Zeit im Mai die Sojabohnen.“ So konnte mit einer Sämaschine in beiden Kulturen gesät werden. „Die neuen Sorten lassen es teilweise sogar zu, beide Kulturen gleichzeitig oder sogar Soja vor Mais zu säen. Das erfordert ein Umdenken.“
Das kleiner werdende optimale Aussaatfenster bedeutet für viele Betriebe eine zweite Sämaschine, um parallel arbeiten zu können. „Für viele Betriebe scheint sich daraus eine neue Strategie zur ergeben: auf der einen Seite im Mais mit breiteren (75 cm), noch leistungsfähigeren Einzelkornsägeräten zu arbeiten und auf der anderen Seite eine zweite Sätechnik nur für Sojabohnen in den Betrieb zu holen“, erklärt Michael Horsch.
„Harry Stine hat uns ebenfalls bestätigt, dass man sich in der Sortenentwicklung zunächst auf eine 50er-Reihe konzentriert hatte. Man merkte jedoch, dass ein geringer Mehrertrag noch möglich ist, wenn man bei den heutigen Sorten, die aktuell auf dem Markt sind oder kommen, enger geht. 25 cm (10 Inch) scheinen das neue Optimum für Soja zu sein. Vorausgesetzt, die Ablage ist perfekt.“

Von daher tendieren einige größere Betriebe dazu, Mais auf 75 cm (30 Inch) zu säen und bei der zweiten Maschine für Soja nicht mehr auf Einzelkornsätechnik zu setzen. „Einzelkorn bei Soja ist Nice-to-have, aber keine Bedingung“, so Michael Horsch. „Hier kommt unsere 1-reihige Avatar ins Spiel, die wir ursprünglich für die Direktsaat von Getreide entwickelt haben.“ Die Nachfrage nach dieser Maschine ist aktuell auf den Hochertragsstandorten in den USA groß. Die Avatar ist einfach in der Handhabung, leichtzügig und liefert eine präzise Ablage. „Durch die Entwicklung hin zu geringeren Reihenabständen eignet sich die Avatar perfekt für Soja.“ Der große Saatguttank sorgt gerade bei Sojabohnen zusätzlich für Schlagkraft für die zeitgerechte Aussaat.

Parallele Trends in Mais

„Das perfekte Wetter ist durch nichts zu ersetzen. Das sehen wir in diesem Jahr gerade wieder bei den Maiserträgen in USA“, fasst Michael Horsch zusammen. Rob Rudolphi vom HORSCH Produktmanagement in USA ergänzt: „Wir haben dieses Jahr 10 % mehr geerntet – auf einem großen Teil des Corn Belts. Sowohl die Landwirte, die alles gemacht haben, wie z.B. zwei verschiedene Dünger bei der Aussaat auszubringen und alle möglichen „Sensoren“ am Maiskörper haben, und die, die einfach nur gesät haben ohne „Spielereien“ an der Maissämaschine. Alle haben das Gleiche geerntet. Es war am Ende auch das optimale Wetter, das den Ertrag macht.“
Im Einzelkornmarkt zeichnen sich heute zwei grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen ab. Die kleinen und mittleren Betriebe, die aufgrund ihrer Flächenausstattung das optimale Zeitfenster für die Aussaat immer sicher treffen können, setzen auf immer komplexere, technisch aufwendigere Maschinen. Hier wird mit zusätzlichen Zusatzausrüstungen an der Reihe und verschiedenster Ablagetechnik für Nährstoffe versucht, das Ertragspotenzial weiter auszureizen.
Größere Betriebe haben fast immer die Herausforderung, das Zeitfenster für eine perfekte Aussaat mit einem möglichst großen Anteil der Fläche zu treffen. Maschinen mit hoher Flächenleistung sind dafür gefragt. „In der Praxis haben wir mehr und mehr Bedarf für noch breitere, leistungsfähigere Maschinen, um das Maximale an Fläche optimal säen zu können“, betont Michael Horsch. „Größere Arbeitsbreiten, einfachere Technik und nicht zu schwere Maschinen, um bei nasser bzw. feuchter Aussaat den Boden nicht zu fest zu verdichten, aber immer mit einem hohen Fokus auf die Ablagequalität – so sieht heute die zweite Säule des Marktes aus.
Die parallelen Trends spiegeln sich vielerorts wider: „Ob in den USA, Brasilien oder der Ukraine – das beobachten wir überall und dem gilt es, gerecht zu werden. Wir müssen, wo es Sinn ergibt, Maschinen in noch größeren Arbeitsbreiten bauen, Technik vereinfachen und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist die eine Seite, wenn wir uns im optimalen Zeitfenster befinden. Um dieses Zeitfenster herum können wir mit komplexen, hochausgestatteten Maschinen zusätzlich noch etwas herausholen. Das Potenzial dieser Maschinen gilt es zu heben. Und mit diesen beiden parallel laufenden Trends müssen wir uns gleichermaßen auseinandersetzen“, sagt Michael Horsch.

Wette in die Zukunft

„Diese Entwicklungen beobachten wir auch bei uns in Europa, insbesondere in Zeiten, in denen Pachten weltweit immer weiter ansteigen.“ Dies bringt Landwirte dazu, zunehmend in die Zukunft zu investieren, wie Michael Horsch erläutert: „Eine hohe Pacht bedeutet nichts anderes als eine Wette in die Zukunft und immer mehr Landwirte wetten in die Zukunft. Doch warum sind sie bereit, hohe Preise zu bezahlen, auch wenn die Getreidepreise nicht besonders hoch sind? Die Wette ist aus meiner Sicht berechtigt, weil wir immer öfter Getreidepreisexplosionen erleben werden, bei denen sich diese Wette dann auch rechnet.“
Wer hohe Pachten zahlt, muss am Ende auch mehr Fläche bewirtschaften und wächst schneller, damit es sich unter dem Strich wieder rechnet. Landwirte müssen also auf das Wesentliche enorm viel Wert legen: in kurzer Zeit viel Fläche perfekt säen, um ideale Bedingungen bestmöglich für die Saat auszunutzen, um hohe Erträge zu erzielen, und sich dabei z.B. nicht in der Logistik verspielen.“

Bedeutung für Soja

Die Ertragsleistung der Einzelpflanze ist oft schon sehr stark ausgereizt. Ein Ertragszuwachs ist grundsätzlich für eine Erhöhung der Bestandsdichte vorstellbar. Diese zusätzlichen Pflanzen finden jedoch in der 50er-Reihe (20 Inch) keinen Platz mehr, da sonst die Konkurrenzsituation in der Reihe zu stark zunimmt. „Schauen wir uns diesen Widerspruch an, ergibt sich daraus der Einsatz der 25er-Reihe. Bei halbem Reihenabstand können zusätzlich Pflanzen je m2 gut verteilt werden.“ Voraussetzung hierbei ist die perfekte Ablage und Einbettung für sichere und gleichmäßige Feldaufgänge“, betont Michael Horsch.
Soja ist sehr stark wärmeliebend. Der einzige Regen, der zählt, ist der in der Blüte ab Mitte Juli bis Anfang August. „Wenn es zu diesem Zeitpunkt regnet, stehen die Vorzeichen für hohe Erträge gut.“ Was Soja zudem sehr gut kann, ist mit extremen Regenmengen umgehen. Deswegen ist sie in Südamerika auch populär. Das sehen wir gerade in Brasilien mit den 2.000 mm Niederschlag. Soja kann sehr viele Extremereignisse kompensieren, auch Hitze, sofern der Regen zur Blüte kommt. Ist das nicht der Fall, sieht es auch mit der Kompensation schlecht aus.
„In Mittel- und Süd-Ost-Europa stieg in den vergangenen Jahren das Ertragsrisiko für Sommerkulturen dramatisch an. Gerade in den trockenen Jahren waren die Winterkulturen, die aus den Herbst- und Winterniederschlägen Ertrag bilden konnten, deutlich ertragssicherer. Auf Standorten mit starker Vorsommer- und Sommertrockenheit und geringerem Wasserspeichervermögen ist Soja nicht die beste Wahl. Zwar kommt sie mit Hitze vergleichsweise besser klar als Mais, benötigt aber entsprechend viel Wasser zur richtigen Zeit“, erklärt Michael Horsch.