HORSCH Live 2024
Unter dem Motto „Wetterextreme – Kann moderne Produktionstechnik dagegenhalten?“ ging HORSCH Live im Januar in eine neue Runde. Dabei wurden insgesamt vier Vorträge von fachkundigen Experten zu hochaktuellen Themen gestreamt.
Prof. Dr. Hansgeorg Schönberger
Den Auftakt der Eventserie machte Prof. Dr. Hansgeorg Schönberger zum Thema: „Weizenanbau unter zunehmenden Wetterextremen – Warum vereinzeln?“
Aktuell befindet sich das Klima im Wandel. Das Problem ist nicht der Wandel an sich, sondern dessen Geschwindigkeit und die damit einhergehenden Wetterextreme. Als Folge für den Pflanzenbau bedeutet das: milde Winter und somit eine schwächere Vernalisation, wodurch die Pflanzen empfindlicher sind. Die generative Entwicklung findet im Frühjahr unter wärmeren, fast schon heißen Bedingungen statt, was zulasten der Ertragsleistung geht.
Fitte und gesunde Pflanzen können sich besser an Witterungsextreme anpassen. Voraussetzung ist ein gut ausgebildetes Wurzelwerk. Hierfür benötigt die Pflanze ein gutes Milieu, einen ausreichend großen und homogenen Wurzel- und Standraum sowie eine hinreichende Versorgung mit Nährstoffen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die optimale Ablage des Saatkorns. Eine zu tiefe Ablage hat zur Folge, dass die Pflanze weniger Feinwurzeln bildet und somit schlechter Wasser und Nährstoffe aufnimmt. Eine zu flache Ablage bedeutet eine geringere Auflaufsicherheit und birgt das Risiko von Vogelfraß oder Herbizidschäden. Bei der horizontalen Ablage sollten die Körner einen maximalen Abstand von 3 cm um das Korn haben. Liegen die Körner enger, greifen sie sich am Rand Wasser ab und laufen nicht gleichmäßig auf. Hat die Pflanze zu viel Platz, bestockt sie zu stark und die innerpflanzliche Konkurrenz nimmt zu.
Das Ziel sind gleichmäßige Bestände, da diese viel besser mit Trockenstresssituationen zurechtkommen und weniger empfindlich gegenüber Wetterextremen sind – Argumente, die für Einzelkornsaat sprechen, da sie Homogenität in puncto Standraum und Entwicklung gewährleistet und so zur Ertragssicherheit beiträgt.
Prof. Dr. Bernhard Bauer
Seit rund 25 Jahren ist Precision Farming ein Thema in der Landwirtschaft, konnte sich jedoch noch nicht flächendeckend durchsetzen. Begonnen hat das Ganze mit VariableRate-Applikation, gefolgt von Einsätzen im Pflanzenschutz, hin zur teilflächenspezifischen Aussaat. Prof. Dr. Bernhard Bauer stellte sich in seinem Vortrag die Frage, ob der Klimawandel hier als Katalysator wirken kann. Motivation der Betriebe für eine Umsetzung sind unter anderem die Erleichterung von Arbeitsprozessen und Steigerung der Effizienz bei der Nutzung von Inputs wie Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Das spiele nicht nur ökonomisch, sondern auch gesellschaftlich eine Rolle.
„Der Klimawandel wird die teilflächenspezifischen Unterschiede im Feld noch verstärken“, erklärt Prof. Dr. Bauer. An Stellen, wo das Wasserspeichervermögen schlechter ist und die Erträge bei Trockenheit deutlich einbrechen, kann teilflächenspezifische Bewirtschaftung eine Lösung sein. In trockenen Phasen, in denen die Pflanze Stress ausgesetzt ist, muss beispielsweise die Wachstumsregler-Applikation heruntergeregelt bzw. an Stellen mit niedrigem Ertragspotenzial komplett ausgeschaltet werden. Momentan ist es jedoch schwierig, dies in der Praxis flächendeckend zu etablieren. Ein Punkt, der von Politik und Gesellschaft viel diskutiert wird, ist die teilflächenspezifische Stickstoffdüngung. Aktuell bietet der Markt jedoch noch keine wirkliche Methode, wie man die teilflächenspezifische Düngermenge in eine Applikationskarte integrieren kann.
Erfahrungen und Tests der teilflächenspezifischen Aussaat in den konventionellen Betrieben sind nicht von mehr Erträgen gekrönt. Bei ökologischen Betrieben hingegen ließ sich ein signifikanter Ertragsanstieg bei einer variablen Ausbringmenge zwischen 300 und 400 Körnern feststellen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Bestandesführung, beeinflusst durch die Stickstoffdüngung und den Wachstumsregler, die Ährendichte viel mehr beeinflusst als die teilflächenspezifische Aussaat.
Insgesamt wird die teilflächenspezifische Bewirtschaftung das Ertragsniveau ein wenig anheben. In Zukunft müsse man jedoch die Effekte deutlich transparenter machen, um sie besser auszuwerten und im nächsten Schritt zu optimieren.
Dr. Ludwig Lichtenegger
Dr. Ludwig Lichtenegger referierte zum Thema „Nass- und Trockenphasen im Wechsel – Wie wirkt Kali im Boden und in der Pflanze“ und ging dabei zunächst auf die Witterungsbedingungen der letzten Jahre ein. Langanhaltende Nass- und Trockenphasen waren und sind eine Herausforderung für den Ackerbau und bestimmen immer häufiger das Wetter. In seinem Vortrag beschäftigte er sich mit den Fragen, was Kali im Boden macht, wie die Verfügbarkeit einzuschätzen ist und wie die Nährstoffaufnahme durch die Pflanze funktioniert.
Kalium ist ein Massenelement, das über Diffusion aufgenommen wird. Nasse Perioden setzen Kalium aus dem Tonmineral frei, trockene Phasen führen zum Schrumpfen der Tonminerale und zur Nährstofffixierung. Kalium ist als Hauptnährstoff an vielen enzymatischen Reaktionen beteiligt und verantwortlich für die Regulation der Stromata. Auch bei der Fotosynthese spielt es eine wichtige Rolle und stärkt die Widerstandskraft der Pflanze. Besonders bei Kulturen mit großer Blattmasse und großem Fruchtkörper besteht ein hoher Kaliumbedarf.
Die Verfügbarkeit von Kalium im Boden ist maßgeblich beeinflusst durch den Nährstoffgehalt im Boden sowie den Tongehalt der Kationenaustauschkapazität (KAK) und ist abhängig vom Vorhandensein des Bodenwassers. Zudem gilt es, die Nährstoffantagonisten in der Düngung zu beachten (Kalk-Kali-Gesetz, Kali-Magnesium-Antagonismus). In seinem Vortrag ging er auch auf Versuchsergebnisse ein, unter anderem zum Ertrag und zur Wassernutzungseffizienz von Winterweizen in Abhängigkeit von der Kaliumversorgung. Es zeigte sich, dass Kalium die Wassernutzungseffizienz steigert, was mit Blick auf die Zukunft von immer bedeutenderer Relevanz ist.
Prof. Dr. Georg Guggenberger
Prof. Dr. Georg Guggenberger ging zu Beginn seines Vortrags auf die Definition von Humus ein: Humus ist der Gesamtteil der organischen Bodensubstanz. Das beinhaltet sowohl tote Streustoffe als auch Material, das mikrobiell umgesetzt wird. Humus hat eine ganze Reihe an positiven Aspekten – er ist eine Nährstoffquelle und speichert Wasser. Zudem bindet Humus Kohlenstoffdioxid, das dann nicht mehr als CO2 in der Atmosphäre verfügbar ist. „Das bedeutet, wenn wir Humusmanagement auf unseren Ackerböden betreiben, tun wir auch etwas gegen den Klimawandel“, erklärt er. Zumal Humus ganz wesentlich für die Produktivität der Ackerböden ist.
Ziel muss es sein, den aktuellen Humusgehalt im Boden zu halten, was mit Blick auf abnehmende Erträge in Trockenphasen und der daraus resultierenden Abnahme der Streustoffe und organischen Substanz im Boden eine Herausforderung ist. Daher gilt es, gerade in Trockengebieten aktives Bodenmanagement für den Humusaufbau zu betreiben.
Eine Möglichkeit sind dabei Zwischenfrüchte. Durch einen längeren Zwischenfruchtanbau reichert sich mehr organische Substanz an. Es zeigte sich, dass der Boden besser erschlossen wird und die Nährstoffe im Herbst effizienter aufgenommen werden. Je optimierter die Zwischenfruchtmischung, desto höher ist die Kohlenstoffbindung im Boden. Der Anbau von Zwischenfrüchten ermöglicht es zudem, zusammen mit den freigesetzten Wurzelexsudaten Nährstoffmanagement zu betreiben. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Mikroorganismen wird dann in der Hauptkultur fortgeführt. Je besser das Zwischenfruchtmanagement, desto diverser ist auch die mikrobielle Zusammensetzung im Boden. „Wenn wir eine diverse mikrobielle Gemeinschaft haben, haben wir nicht nur mehr Humus, sondern auch ein robusteres System, das gegen Trockenheit oder pathogene Pilze resilienter ist. Das ist ein Ziel, das man eigentlich haben sollte.“
Die Vorträge sind unter horsch.com/live abrufbar.