Die Wirtschaft in den USA ist rückläufig. Wie wirkt sich das auf die Landwirte aus? Wie gehen sie damit um?
In den vergangenen Jahren hat die US-amerikanische Landwirtschaft von den höheren Rohstoffpreisen profitiert. Eine beschleunigte Inflation, steigende Zinsen, höhere Lohnkosten, Arbeitskräftemangel und jetzt auch niedrigere Rohstoffpreise führen 2024 jedoch zu enormen wirtschaftlichen Auswirkungen.
Wie sich die aktuelle Lage auf die Betriebe auswirkt und welche Strategien genutzt werden, um diese Konjunkturzyklen erfolgreich zu bewältigen – darüber sprach terraHORSCH mit Landwirten aus den USA.
Ty Brown, Indiana
Ty Brown baut in Indiana Mais, Weizen, Sojabohnen und Deckfrüchte an. Sein Standpunkt: „Wenn wir in der Agrarwirtschaft mit einer solchen Rezession konfrontiert sind, wie es derzeit der Fall ist, gibt es mehrere Ansätze. Zunächst einmal: Konzentrieren Sie sich auf die Grundlagen. Auch wenn sich der Markt verändert, Landwirte wollen das meist nicht. Sie halten an dem Wunschdenken fest, dass sich der Markt erholt und sich ihre Probleme von selbst lösen. Manchmal muss man jedoch etwas Unbequemes tun und seinen Betrieb einmal komplett emotionslos auf den Prüfstand stellen. Die Antworten sind ja da. Aber wir müssen bereit sein, uns anzupassen und flexibel zu bleiben.“
Ty betont, dass es wichtig ist, strategisch vorzugehen – nicht nur in guten Zeiten, sondern auch, wenn die Wirtschaft rückläufig ist. Getreidevermarktung ist hierbei eines der wichtigen Themen. „Wir haben eigene Siloanlagen und sind damit in der Lage, unsere Ernte optimal zu vermarkten sowie höhere Erträge zu erzielen.“ Ty investierte schon früh in die Getreidelagerung. Gute Beziehungen zu Vermarktern und frühe vertragliche Vereinbarungen sichern in unbeständigen Zeiten höhere Einnahmen. „Wenn man die physische Kontrolle über sein Getreide hat, ist man flexibler bei der Gewinnmaximierung. Und langfristig tragen Getreidelagerung und Getreideumschlag genau dazu bei.“
Einfach den Kopf in den Sand zu stecken und in Zeiten des Abschwungs nicht zu investieren, sei nicht immer gut. Gerade wenn wir uns den steigenden Ressourceneinsatz, die steigenden Lohnkosten und die höheren Zinsen anschauen. „Wenn die Zinsen niedrig sind, ist es gut, Vermögenswerte zu haben. Aber wenn die Zinsen steigen, müssen Investitionen getätigt werden, die eine echte Rendite abwerfen. Ein großes Problem im ganzen Land ist der Arbeitskräftemangel. Wenn investiert wird, um die Anzahl der Beschäftigten zu reduzieren und die Arbeit dennoch effizient zu erledigen, dann ist das eine positive Rendite. Gehen Sie hier klug vor. Ein Beispiel: Ersetzen Sie zwei Sämaschinen durch eine effizientere Sämaschine. Sie sparen einen Schlepper, einen Fahrer und eine zusätzliche Maschine. Eine unserer diesjährigen Investitionen ist ein HORSCH Transformer, mit dem wir bei unserer Fruchtfolge die Kosten für chemischen Pflanzenschutz erheblich reduzieren werden.“

Den Betrieb flexibel zu halten, ist eine wichtige, langfristige Strategie. „Es ist ein riesiger Unterschied, was man sich bei 3 % Zinsen leisten kann, im Gegensatz zu 8 % Zinsen. Für jeden unproduktiven Vermögenswert auf dem Betrieb sollte geprüft werden, ob er vielleicht veräußert werden sollte. Haben Sie einen alten Schlepper oder eine alte Maschine, die Sie nicht nutzen? Dann verkaufen Sie sie! Wenn Sie keinen Nutzen aus einer Investition ziehen können, kostet Sie das nur Geld.“ Ein weiterer Punkt, den Ty lebhaft diskutiert, ist die Diversifizierung des Einkommens. „Ein großer Unterschied zur Agrarkrise in den USA in den 1980er-Jahren sind die Fähigkeiten und die Ausbildung der jungen Landwirte von heute. Viele waren auf dem College, haben einen Abschluss im landwirtschaftlichen Bereich gemacht und können diese Fähigkeiten nutzen, um ein Geschäft außerhalb des eigenen landwirtlichen Betriebs aufzubauen. Ackerbauliche Beratung, Getreidevermarktung oder auch Lohnarbeiten können ein zusätzliches Einkommen generieren, wenn der Markt schwach ist. Eine wichtige Sache, mit der wir uns beschäftigen, ist der Anbau von gentechnikfreien Kulturen und die Reduzierung des Chemie-Einsatzes. So können wir nicht nur einen höheren Getreidepreis erzielen, sondern haben den zusätzlichen Vorteil, dass die Kosten für Pflanzenschutz sinken. „Es geht ausschließlich um die Marge", so die Überzeugung von Ty.
Kam Koompin, Idaho
Landwirt Kam Koompin baut in Idaho Kartoffeln und Getreide an. Im Westen der USA sind zwar die Anbaumethoden anders als in anderen Teilen des Landes. Die Art und Weise, wie sich die aktuelle wirtschaftliche Lage auf die Landwirte in seiner Region auswirken, ist aber sehr ähnlich. „Unser Markt ist jedoch etwas anders, weil die Kartoffel unsere Hauptfrucht ist. Die Fruchtfolge unserer anderen Kulturen wie Weizen, Gerste, Mais und Senf hängt davon ab“, erklärt Kam. „Mit unseren Kulturen hatten wir drei gute Jahre mit guten Preisen. 2024 und 2025 wird das anders sein, weil alle Preise in unserer Gegend gesunken sind. Es gibt allerdings einige Dinge, die wir als Langzeitstrategie gegen diese Schwankungen tun wollen.“

Eines davon ist das Thema Zinsen. „Die Geschichte wiederholt sich. Die Generation X und die Millennials kennen größtenteils nur niedrige Zinsen. Die letzten Jahre haben wir mit 3 bis 4 % Zinsen gewirtschaftet. Dadurch konnten wir unsere Betriebe vergrößern. Jetzt steigen die Zinsen für Betriebsmittel und Investitionen auf 7 bis 8 %. Das ist für uns ein Stück weit Neuland und wir müssen strategischer vorgehen. Und wenn wir schon davon sprechen, dass sich die Geschichte wiederholt: Es ist wichtig, mit den früheren Generationen von Landwirten zu sprechen, um zu erfahren, wie sie damit umgegangen sind. Vor allem in den 1980er-Jahren, als die Zinsen im zweistelligen Bereich lagen.“
Zum Thema Zinsen erläutert Kam, wie eine langfristige Investitionsstrategie seinem Familienbetrieb geholfen hat. „Nutzen Sie die guten Zeiten. Sie werden diese Liquidität für die Zukunft brauchen. Investieren Sie in Dinge, die eine echte Rendite bringen. Steigern Sie die Effizienz Ihres Betriebs. Es gibt viele Dinge, in die man investieren kann, z.B. in die Datenerfassung. Aber man muss sich immer fragen: Zahlt sich das auch wirklich aus? Aufgrund unserer Fruchtfolge haben wir in mehr Lagerkapazitäten für Kartoffeln investiert, dadurch können wir die Vermarktung beeinflussen. Und wir planen weitere Investitionen in die Getreidelagerung, um auch dort flexibler zu sein. So können wir uns höhere Gewinne für unsere Kulturen sichern und das ist für uns echte Rendite. Investitionen, um die Effizienz des Betriebs zu steigern, waren für uns von entscheidender Bedeutung. Wir haben ständig alle Aspekte unseres Betriebs weiterentwickelt – von der Bodenbearbeitung über die Aussaat und die Kartoffelproduktion bis hin zur Lagerung. Jeder neue Schritt verschafft uns eine gute Ausgangsposition für solche Zeiten, wie wir sie jetzt grade erleben. Wir halten es einfach und effizient.“
„Während viele landwirtschaftliche Regionen Probleme mit den Kosten und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften haben, haben wir in dieser Hinsicht Glück“, erklärt Kam. „Mit unserer Fruchtfolge haben wir das ganze Jahr zu tun. Wir kümmern uns um die Bewässerung und zwischen der Ernte und der nächsten Saison bringen wir unsere Produkte zur Verarbeitung. Dadurch können wir mehr Vollzeitarbeitskräfte beschäftigen, denn wir haben das ganze Jahr über einen konstanten Arbeitsablauf. Gerade bei den Kartoffeln und der Bewässerung gibt es während und nach der Saison viel zu tun.“

John Wilson, Ohio
John Wilson baut in Ohio Mais und Sojabohnen an. Für ihn ist wichtig: „In einer Rezession und auch in einer Hochphase muss man sich so positionieren, dass man die Kontrolle hat. Wenn die Zeiten gut sind, nehmen Sie ihre Gewinne und investieren Sie in Land. Wenn der Faktor Boden nicht gesichert ist, ist Ihr Betrieb gefährdet. Ohne Land können Sie nichts anbauen. So einfach ist das. Das braucht seine Zeit, aber es muss Jahr für Jahr die Vision und das Ziel sein, wenn Ihr Betrieb wachsen soll“, erklärt John.
Wenn wir uns näher mit dem Thema „Kontrolle” beschäftigen, dann geht es um viel mehr als um die Sicherung von Land. „Kontrolle zu haben, beinhaltet viele Aspekte eines landwirtschaftlichen Betriebs. Durch Getreidelagerung haben Sie die Kontrolle über die Getreidevermarktung. Sie können die kritischen Bereiche in Ihrem Betrieb kontrollieren, z.B. Fertilitätsmanagement, Aussaat, Pflanzenschutz. Ich habe im Laufe der Jahre erlebt, dass eine falsche Entscheidung eines Lohnunternehmers mich Ertrag und damit auch Einkommen gekostet hat. In schlechten Zeiten kann das das Aus für einen landwirtschaftlichen Betrieb sein. Investieren Sie so viel wie möglich darin, autark zu sein“, rät John.
„Investieren Sie dort, wo es sinnvoll ist. Wir sind ein Familienbetrieb. Wie bereits erwähnt, investieren wir in Land. Viele unserer Investitionen sind dem Mangel an externen Arbeitskräften geschuldet. Wir suchen nach produktiven Maschinen, die mit jeder Stunde im Feld Kapital bringen und äußerst effizient sind. Ich habe bereits über Investitionen in die Getreidelagerung gesprochen. Dadurch können wir bessere Basispreise erzielen. Das alles sind positive Renditen für die Investitionen in unseren Betrieb. Und sie sind strategisch wichtig, weil wir in der Landwirtschaft immer Höhen und Tiefen erleben werden. Investieren Sie auch in Ihre Erträge – selbst wenn die wirtschaftliche Situation rückläufig ist. Wenn man versucht, Geld zu sparen, indem man weniger in den Ertrag investiert, wird das dem Betrieb auf lange Sicht eher schaden.“

Ein weiterer wichtiger Punkt sind für John Beziehungen. „Als Landwirte haben wir alle externe Partner, mit denen wir für unseren Betrieb zusammenarbeiten. Eine gute Beziehung und ein Vertrauensverhältnis zu diesen Partnern sind nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in schlechten Zeiten entscheidend für den langfristigen Erfolg eines landwirtschaftlichen Betriebs. Gute Beziehungen sind gleichbedeutend mit Erfolg in der Landwirtschaft. Ein Beispiel dafür ist: Mit den Eigentümern, von denen wir Land pachten, arbeiten wir schon viele Jahre zusammen. Diese Beziehungen sind sehr wichtig für die Stabilität und das Wachstum unseres Betriebs. Aber auch die Banker und die Händler, mit denen wir zusammenarbeiten, die Maschinenmarken, die wir auf dem Betrieb nutzen, die Lohnunternehmer, die wir ab und zu beauftragen, unsere Getreidevermarktungspartner, unsere Versicherungspartner – all diese Beziehungen und das Vertrauensverhältnis, das wir zu ihnen aufgebaut haben, helfen uns, in diesen schwierigen Zeiten stabil zu bleiben.“