Prämiertes Saatgut
Trotz mäßiger ackerbaulicher Voraussetzungen bewirtschaftet Rainer Möhl seine Flächen mit viel Passion. Das brachte ihm im Jahr 2021 den Titel des besten Aufbereiters von ökologischem Saatgut ein. terraHORSCH hat den Landwirt aus Bayern besucht.
Der Bergnershof, ein Gutsbetrieb in Einzellage auf knapp 500 m NHN zwischen den Ortschaften Dietfurt und Osterdorf auf der Hochfläche des Fränkischen Juras, hat eine lange Geschichte. Erstmals erwähnt wurde er im Jahr 1050. Er befand sich früher im Besitz der Reichsmarschälle von Pappenheim. Im Jahr 1972 wurde er verkauft, seit 1998 ist die Familie Möhl Eigentümer.
„Als wir den Betrieb übernommen haben, hatte er eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 140 ha“, erzählt Rainer Möhl. „Hauptbetriebszweig war neben dem Ackerbau die Schweinemast. Außerdem war er eine Keimzelle der Deutsch Angus-Zucht.“
Familie Möhl stellte den Betrieb sofort auf ökologische Wirtschaftsweise um. Außerdem wurden die Gebäude renoviert, teilweise abgerissen und neue errichtet. Alleine die Hoffläche umfasst 2,5 ha. Heute ist die Saatgutvermehrung und -aufbereitung der Schwerpunkt des Bergnershofes.
Steinreich
„Aktuell bewirtschafte ich 280 ha Acker, 50 ha Grünland und 63 ha Wald. Unsere Böden sind recht herausfordernd, gerade weil sie einen sehr hohen Anteil an Kalksteinen unterschiedlicher Größe haben. Die Krumenauflage wechselt auf kurze Entfernungen sehr stark und schwankt von ca. 10 bis 35 cm Tiefe, wobei naturgemäß die größte Mächtigkeit der Krume in den Senken anzutreffen ist. Der hohe Steinanteil im Untergrund kann zu einer raschen Versickerung der Niederschläge – durchschnittlich sind es 667 mm/a - führen. Der relativ günstige Ton- und Schluffanteil des zwischen den Steinen vorhandenen Lehmbodens verursacht günstige Gefügeeigenschaften, sodass nur mit geringer Verschlämmung zu rechnen ist. Dementsprechend führen wir im Frühjahr nur eine flache Bodenbearbeitung durch, damit Wasserverluste und Strukturschäden vermieden werden. Die Bodenzahlen schwanken im weiten Bereich zwischen 22 und 58, bei Zustandsstufen von 4 bis 7. Die Bodenart Lehm ist zwar eigentlich recht günstig, kann aber unter den klimatischen Bedingungen in unserer Gegend und dem anstehenden Gestein nicht die sonst für diese Bodenart übliche Ertragsleistung bringen. Die Bewirtschaftung wird in erster Linie durch den hohen Steinanteil und den ständigen Wechsel zwischen flach- und tiefgründiger Bodenkrume erschwert. Das geht bei unseren Maschinen ziemlich aufs Material.“
Am Beginn der Fruchtfolge steht ein zweijähriger Kleeanbau, dann kommen Dinkel oder Weizen mit einer darauffolgenden Sommerung bestehend aus Sommergerste oder Sommerweizen bzw. Hafer. Als abtragende Frucht folgt Triticale oder Roggen. Sämtliche Früchte sind in der Saatgutvermehrung.
Intensive Bearbeitung
„Deshalb bearbeiten wir unsere Böden etwas öfter als vielleicht allgemein üblich“, erzählt Rainer Möhl. „Die Zeit zwischen Mähdrusch und Saat nutzen wir intensiv, damit viel aufläuft. Mit Zwischenfrüchten erreichen wir da nicht so viel. Der Effekt ist weg, weil dann noch sehr viel Ausfallgetreide im Boden verbleibt. Für die erste Bearbeitung der Getreidestoppel hat sich unsere HORSCH Joker 6 RT sehr gut bewährt. Wir können schnell und flach arbeiten. Der SteelDisc Packer ist unter unseren Bedingungen ideal. Er bringt ein hohes Eigengewicht mit, was für eine intensive Rückverfestigung sowie ein Brechen der Kluten sorgt, wenn die Joker zur Saatbettbereitung nach dem Pflug eingesetzt wird. Außerdem wird die Kapillarität unterbrochen. So wird Ausfallgetreide und Beikraut schnell aktiviert. Anschließend grubbern wir. Bei wenig Strohauflage ist auch der Cruiser eine gute Alternative, den wir auch sehr gerne zum Schwarzhalten einsetzen.
Der Terrano 5 FM ist in meinen Augen der beste Grubber, seit HORSCH diesen Gerätetyp baut. Er ist sehr stabil und hat trotzdem nur ein verhältnismäßig geringes Gewicht. Durch den 4-balkigen Aufbau hat er genügend Durchgang. Verstopfungen gibt es so gut wie keine. Die Federelemente arbeiten sehr exakt und führen das Werkzeug nach dem Auslösen wieder sicher in den Boden zurück. Ich habe mich für einen Doppel RollFlex Packer entschieden, der für eine hervorragende Feinerdeproduktion sorgt, die Feinwurzeln gut von der Erde trennt und zum Abtrocknen oben ablegt, sich selbst reinigt und den Boden streifenweise rückverfestigt. Letzteres soll aber bei mir nicht zu stark sein, da ich ja den Terrano als Beginn der Beikräuterbekämpfung gleich nach der Scheibenegge einsetze.
Den Cruiser verwende ich zur Saatbettbereitung im Frühjahr oder als zusätzlichen Arbeitsgang nach Joker oder Terrano, um unerwünschten Beibewuchs für die Saatgutvermehrung in den Griff zu bekommen.“
Pronto KE
Als „Sämaschine des Jahrhunderts“ bezeichnet Rainer Möhl seine Pronto 6 KE. Hier musste natürlich die Leistung des Zugpferdes passen. Auf dem Bergnershof ist das ein John Deere 8400. Mit seiner alten Sätechnik musste der Betriebsleiter immer vorarbeiten. Jetzt geht die Aussaat auch unter nicht ganz optimalen Bedingungen in einem Arbeitsgang. Und auch wenn bei den steinreichen Böden im Fränkischen Jura ab und zu einmal ein Kreiseleggenzinken daran glauben muss – selbst für so widrige Bedingungen ist die Pronto stabil gebaut.
Ein Pflug kommt immer noch dort zum Einsatz, wo viel Masse in Form von Aufwuchs und Erde bewegt werden muss. Etwa auf Flächen, die bei starker Verunkrautung überhaupt nicht geerntet, sondern gleich umgebrochen werden. „Auch das ist im ökologischen Landbau Realität“, sagt Rainer Möhl. „Manchmal gibt es eben Totalausfälle. Und wer das leugnet, sagt nicht die Wahrheit. Aber das Pflügen an sich habe ich ziemlich zurückgefahren. Früher haben wir das grundsätzlich gemacht, heute aber meist nur zum Kleegrasumbruch. Wobei mich der Effekt auch nicht komplett überzeugt. Der Durchwuchs kommt dann mal mehr, mal weniger im zweiten Jahr.“
Der Bergnershof ist schlank mechanisiert. Die Traktoren kommen alle von John Deere. Neben dem schon erwähnten 8400 laufen noch ein 6250, ein 6145 und ein 5100 auf dem Betrieb. Letzterer als Hof- und Pflegeschlepper. Dazu kommen zwei große Muldenkipper von Krampe, ein Teleskop- und ein Hoflader sowie Grünlandtechnik von Krone sowie Striegel und Hacke. Den Mähdrusch erledigt ein Lohnunternehmen.
Saubere Bestände
„Die Bestandsführung unserer Flächen für die Saatgutvermehrung unterscheidet sich kaum von der anderer ökologisch wirtschaftender Betriebe“, sagt der Betriebsleiter. „Generell gilt es, die Nährstoffproblematik im Griff zu haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem richtigen Werkzeug zu sein. Ist das der Fall, passen erstens die Erträge, zweitens machen die Bestände schnell zu, man hat weniger Unkraut und die Pflanzen sind gesünder.“
Der entscheidende Punkt, um saubere Bestände zu bekommen, ist die Fruchtfolge. Als elementares Glied ist in den Augen des Betriebsleiters der Kleeanbau: „Der muss funktionieren. Wenn da was nicht passt, zieht sich das durch die gesamte Fruchtfolge. Dazu kommt der konsequente Wechsel zwischen Sommerung und Winterung. Das Hacken oder Striegeln hat da gar nicht so eine große Bedeutung.“
Das Sauberhalten der Bestände geschieht von Hand und da sind wir bei dem kleinen, aber feinen Unterschied. Es beginnt mit dem Ampferstechen. Ab Mai und Juni wird der Flughafer und alles, was ein Aberkennungsgrund sein könnte, dezimiert. Von Mitte Mai bis Ende Juni ist Rainer Möhl mit zwei Mitarbeitenden auf den Flächen, bis die Anerkennung abgeschlossen ist. Um zertifiziertes Saatgut zu erzeugen, sind die Vorschriften streng. Bei Hafer beispielsweise gibt es Null-Toleranz von Flughafer auf den Flächen.
Die Ernte beginnt mit dem Roggen, dann kommen Triticale, anschließend Weizen und Dinkel. Nach der Ernte werden die Früchte zunächst grob gereinigt und dann belüftet oder getrocknet. Das ist wichtig. Denn im ökologischen Anbau ist das Getreide beim Drusch meist noch ein bisschen feucht. 17 bis 18 % beim Mähdrusch sind nicht ungewöhnlich. Dann wird es in Hochsilos gelagert. Davon gibt es auf dem Bergnershof 18 Stück mit einer Kapazität von insgesamt 1200 t. Die Aufbereitungstechnik kommt vom Hersteller Westrup. „Die Vorgaben für die Sortierung sind vorgegeben“, erzählt Rainer Möhl. „Alles Weitere ist Erfahrungs- und Gefühlssache. Es gibt verschiedene Verfahrensschritte. Die Bürstmaschine dient dazu, die Spelzen aufzubrechen. Auch eventuell vorhandene Pilze werden weggebürstet. Dann geht es über die Siebreinigung. Anschließend kommt der Trieur. Das ist eine Trommel, die das Bruchkorn, Schrumpfkörner und ähnlich große Beikrautsamen herausholt. Schließlich folgt der Gewichtsausleser. Das Ergebnis ist sortenreines Saatgut mit hoher Keimfähigkeit, das dann abgesackt wird. Welche Sorten wir anbauen, suchen wir gemeinsam mit dem Disponenten des Vermarkters aus.“
Prämiert
Für das Jahr 2021 wurde Rainer Möhl als bester Aufbereiter von ökologischem Z-Saatgut geehrt. Grundlage sind zahlreiche Proben im Zuge der laufenden Qualitätssicherung des Getreidefonds Z-Saatgut e. V. Eingeflossen ist da nicht nur die Ernte im Jahr der Prämierung, sondern auch die Durchschnittsbewertung der letzten fünf Jahre. Zentrale Qualitätskriterien für die Bewertung sind eine hohe Keimfähigkeit, die technische Reinheit und ein möglichst geringer Fremdbesatz. Für den Betriebsleiter ist das ein Ansporn, diesen Stand nicht nur zu halten, sondern noch besser zu werden.
Native Angus
Eine große Passion für den Ackerbau und eine ebenso große für die Tierzucht sind eher selten anzutreffen. Bei Rainer Möhl dagegen ist das der Fall. Als in den 1950er- bzw. 60er-Jahren durch eine Verdrängungskreuzung die Rasse Deutsch Angus entstand, gehörte der Vorbesitzer des Bergnershofs zu den Pionieren. Und auch Rainer Möhl kam mit der Rasse schon früh in Kontakt. Bereits auf dem elterlichen Betrieb, der in Baden-Württemberg liegt, hielt er einige Angus-Rinder. Auf dem Bergnershof ist mittlerweile eine echte Rarität zu Hause: Native Aberdeen Angus-Rinder. Das ist ein historischer Typ, der keinerlei Genetik von außerhalb enthält. Selbst im Ursprungsland der Rasse ist dieser Schlag extrem selten. Eine so große Native-Herde wie auf dem Bergnershof gibt es auf dem europäischen Kontinent wohl so kein zweites Mal. Die Tiere werden überwiegend auf der Weide gehalten. Den Winter verbringen sie in einem Offenstall mit betoniertem Auslauf, haben aber auch da ständig Zugang zum Gras. So altehrwürdig die Rasse ist – Rainer Möhl nutzt züchterisch modernste Methoden. Zum Beispiel werden regelmäßig die Rückenmuskelfläche, die Fettauflage und der intramuskuläre Fettgehalt per Ultraschall ermittelt. Außerdem sind die Tiere im irischen Herdbuch registriert, da dies, so Rainer Möhl, der Zuchtverband mit dem aussagekräftigsten Zuchtwert-Schätzverfahren sei. Die Verbindung aus Tradition und modernster Landwirtschaft gibt es auf dem Bergnershof also nicht nur auf dem Acker, sondern auch im Stall.