Herausforderungen im Wachstum – und wie wir damit umgehen
Der Bereich Pflanzenschutz bei HORSCH LEEB in Landau blickt auf ein nie da gewesenes Wachstum zurück – in einer Phase, in der externe Einflüsse schon herausfordernd genug für Unternehmen waren. Theo Leeb spricht über die Themen der letzten Jahre und wie damit umgegangen wird.
„Das waren die drei herausforderndsten Jahre in meiner Berufslaufbahn“, blickt Theo Leeb auf die letzten Jahre zurück, die nicht nur von den Auswirkungen der Corona Pandemie und des Kriegs in der Ukraine geprägt waren, sondern auch von einem nie da gewesenen Wachstum im Bereich Pflanzenschutz.
Die Gründe für das Wachstum sind vielfältig. Einen Hauptanteil daran hat der Zugewinn von Marktanteilen durch bahnbrechende Entwicklungen im Hause HORSCH LEEB. Ein weiterer Faktor war bewusst gesteuert durch neue Produkte wie die Selbstfahrer Leeb VN und VL sowie die Internationalisierung des Bereichs durch die aktive Erschließung neuer Märkte. Hinzu kommen die hohen Getreidepreise der letzten Jahre und Förderprogramme in der EU, wie z.B. das Investitionsprogramm Landwirtschaft (Bauernmilliarde).
Verschärfung der Situation
In dieser Phase des Wachstums, in der es galt, Prozesse anzupassen und neue Mitarbeitende in diese einzugliedern, kam im März 2020 die Corona Pandemie hinzu: „Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, wie man damit umgehen soll. Müssen Werke geschlossen werden? Können wir es verantworten, wenn Menschen eng zusammenarbeiten? Das waren Fragen, mit denen wir uns intensiv beschäftigten, da wir eine große Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden haben. Mit den notwendigen Maßnahmen konnten wir das Ganze glücklicherweise am Laufen halten“, so Theo Leeb. Im Zuge der Pandemie habe sich die Zulieferersituation enorm verschärft: „Teilweise wurden wir mit weniger Teilen oder gar nicht mehr beliefert, was dazu geführt hat, dass wir unseren Produktionsplan ständig anpassen mussten. Auch die Qualität der Teile war wechselhaft.“
Als im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine ausbrach, verschärfte sich nicht nur die Materialversorgungssituation erneut: „Hier stellten wir uns vor allem auch die Frage, was mit den Maschinen passiert, die für die Ukraine und Russland geplant waren.“ Schlussendlich wurde entschieden, diese Märkte teils zurückzuplanen und Maschinen und Bauplätze umzuorganisieren. „Das erforderte ein generelles Umplanen. So musste z.B. der Einkauf aktiv werden und andere Komponenten besorgen, was sich hinsichtlich der Verfügbarkeit der Teile als schwierig darstellte“, erklärt Theo Leeb. „Wir hatten dabei stets unsere offenen Aufträge im Hinterkopf. Hier stießen wir auf sehr viel Geduld und Nachsicht von unseren Kunden, wofür wir sehr dankbar sind.
Eine Thematik, die ihren Ursprung in dieser Zeit hat und uns bis heute noch beschäftigt, sind die Hauptsteuergeräte. Hier teilte uns der Zulieferer im November 2021 mit, dass er uns nur noch mit 60 % der bestellten Steuergeräte beliefern kann. Das bedeutet, dass nur bei 40 % der Maschinen ein Steuergerät verbaut werden kann. Zunächst gingen wir davon aus, dass diese Lücke bis April 2022 geschlossen ist. Das Ganze hat sich jedoch bis 2023 hingezogen. Dadurch waren wir mit den Steuergeräten stets im Rückstand und das betraf alle gezogenen Modelle.“
So war der erste Gedanke, die Maschinen vorzuproduzieren, die Steuergeräte nachzurüsten und anschließend auszuliefern. Jedoch waren nicht genügend Frachtraum und Transporte für derartige Lieferungen verfügbar.
„Schließlich entschieden wir uns, die Maschinen ohne Steuergerät auszuliefern. Insgesamt waren das über 800 Maschinen, die wir im Feld nachrüsteten. Unsere Händler hatten hier einen großen Anteil, da sie die Steuergeräte letztendlich eingebaut haben. Solche Aktionen können nur mit unseren Vertriebspartnern zusammen funktionieren.“
Auswirkung auf Prüfprozesse
Die Verfügbarkeit der Teile hatte auch Auswirkungen auf die Prüfstepps während des Produktionsprozesses in der Linie. Bevor das Gestänge angebaut wird, erfolgen der erste Hauptprüfschritt und zum Schluss die Endabnahme der Maschine, bei der alle Funktionen final getestet werden. „Während der Hochphase der Pandemie hatten wir im Schnitt 15 Fehlteile pro Maschine, vor Corona 0,8. Das waren Kleinigkeiten wie Aufkleber oder ähnliches. Das hatte einen ordnungsgemäßen Produktionsdurchlauf nicht behindert. Aber die hohe Zahl an Fehlteilen führte dazu, dass die ganzen Prüfschritte zwischendurch nicht möglich waren bzw. obsolet wurden. Um das Ganze bestmöglich zu lösen, haben wir ein Zelt für Nacharbeiten aufgestellt und ein Nacharbeitsteam aus etwa 20 Leuten gegründet. In der Spitze waren 350 Maschinen zu 99 % fertig, die auf Teile für die finale Fertigstellung warteten. Dann mussten die Maschinen durch den Prüf- und Checkprozess, was viel Abstimmung und Kommunikation erforderte. Teilweise wurden die fehlenden Teile auch erst vom Händler eingebaut, sodass die Maschine nicht mehr in Landau getestet werden konnte.“
Zukunftsorientierte Erweiterung
„Was das Wachstum angeht, sind wir auch vom Platz her an unsere Grenzen gestoßen. Und das bedingt dann einen Kompromiss in der Montage. Die Platzenge hat Effizienz gekostet und nicht förderlich zur Qualität beigetragen.“ Aktuell wird in Landau gebaut. So wurde in einem ersten Bauabschnitt die Lagerfläche erweitert und ein automatisches Kleinteillager, ein AutoStore, wie er bereits in Schwandorf steht, verbaut. „Damit wollen wir unsere Logistik zukunftssicher und stabil ausrichten“, erklärt Theo Leeb.
Der zweite Bauabschnitt soll bis Ende 2023 fertig sein. Die eigentliche Montagefläche wird dabei um rund 8.000 m² erweitert, um die Produktion wieder zu entspannen und von der Platzsituation stabiler produzieren zu können. „Dadurch ergibt sich in den Bestandsgebäuden mehr Platz, um die Stationen weiter auseinanderzuziehen. Die Montageschritte können wir so kleinteiliger gestalten. Es ist ein Unterschied, ob ein Takt 5 h dauert und das Team den Arbeitsumfang von 5 h beherrschen muss bei verschiedenen Varianten oder ob man das Ganze untergliedert und ein Takt nur noch 2 h dauert. So kann zusätzlich die Qualität viel kleinteiliger geprüft werden, weil die Schritte auf mehrere Stationen verteilt werden.“
Auch hinsichtlich der Qualitätskontrolle wird es eine Veränderung geben: „Aktuell ist das Qualitätsteam Bestandteil der Produktion. Künftig soll das aufgeteilt werden. Es gibt ein Team, das die Qualität innerhalb der Produktion absichert. Zusätzlich stellen wir ein strategisches Qualitätsteam auf, das sich mit weiterführenden Fragen beschäftigt, wie die dauerhaft stabile Qualität der Zulieferer oder welche Anforderungen wir für ein Zukaufteil an den Lieferanten stellen.“ Darüber hinaus sind sie auch verantwortlich, den Prüfprozess innerhalb der Montage zu auditieren.
Corona, Krieg und Wachstum
Mit einem Blick zurück sagt Theo Leeb: „Zwischenzeitlich war kein Tag wie der andere. Wir standen zwischen den Herausforderungen des Krieges, der Pandemie und denen des Wachstums. Wofür wir dankbar sind, ist die Unterstützung unserer Mitarbeitenden. Auch für sie war es keine einfache Zeit. Wir haben eine enorme zeitliche Flexibilität gefordert und von allen Seiten Unterstützung erfahren. Unsere Mitarbeitenden haben in dieser Zeit ihr Bestes gegeben.“ Auch abteilungsübergreifend funktionierte die Zusammenarbeit. „Wenn es einmal eng wurde, musste der Entwickler z.B. bei der Prüfung der Maschinen oder der Nachrüstung unterstützen. Unser Anspruch war es stets, unsere Kunden so termingerecht wie möglich beliefern zu können.“
Derzeit normalisiere sich die Lage wieder. Die Nachwirkungen seien zwar noch spürbar, die Zulieferersituation habe sich jedoch entspannt. „Aktuell sind wir im Schnitt bei vier Fehlteilen pro Maschine, was immer noch zu viel ist, aber zumindest läuft der Produktionsprozess wieder einigermaßen normal durch. Das Ziel für 2024 ist es jetzt, unsere Prozesse an das Wachstum anzupassen und zu stabilisieren, um unsere eigenen Qualitätsansprüche zu erfüllen“, blickt Theo Leeb voraus.