Home » Ausgabe 27-2023 » Aus dem Unternehmen » Perfekte Saatgutablage bei unterschiedlichen Bedingungen (Philipp Horsch)

Perfekte Saatgutablage bei unterschiedlichen Bedingungen

Das HORSCH Portfolio im Bereich Scheiben­säschare ist viel­fältig und an globale Heraus­forderungen und steigende Präzisions­bedürfnisse in der Landwirt­schaft angepasst. Philipp Horsch spricht über die Heraus­forderungen, Entwicklungen und das Thema Präzision.

terraHORSCH: Die Agritechnica liegt hinter uns. Wie hat HORSCH das Thema Scheiben­säschare dort präsentiert?
Philipp Horsch: Unser Ziel war es, ein breites Portfolio an Sätechnik zu präsentieren, um für alle Anforderungen weltweit Lösungen aufzeigen zu können. Insgesamt haben wir fünf verschiedene Scheiben­schar­systeme präsentiert. Dynamisch entwickelt hat sich diese Vielfalt in den letzten zehn Jahren. Ein Faktor für die Entwicklung ist unsere zunehmende Globalisierung und Inter­nationalisierung. In diesem Zuge kamen immer mehr Anforderungen an Schar­technik auf uns zu und diesen sind wir nach­gekommen. Ein weiterer Grund war, auch in bestehenden Märkten den nächsten Schritt in Richtung Präzision zu machen, um auf alle Bedingungen reagieren zu können und stets eine perfekte Saat­gut­ablagezu gewähr­leisten. Auch der Klima­wandel (Nässe/Trockenheit) erforderte in den bestehenden Märkten zusätzliche Anpassungen.

terraHORSCH: Was waren die Entwicklungen des TurboDisc Schars über die letzten Jahre?
Philipp Horsch: Seit Ende der 90er sind Gummi­lagerungen bei uns als Schar­halterungen gesetzt. Diese haben ein höheres Kraft­aufkommen in den Schar­systemen zur Folge. Im Laufe der Zeit wurden Betriebe größer und wollten immer mehr und schneller säen. Dementsprechend war die Stabilität der Schare von großer Relevanz.
Ein zusätzliches Thema waren die Abstreifer zwischen den Scheiben. Hier versuchten wir über Jahre hinweg, ein paar Dinge zu verändern, und stellten dann fest, dass der ursprüngliche Abstreifer, den wir am Anfang entwickelten, noch immer der Beste ist, was die Einsatz­sicherheit und Arbeits­qualität betrifft.
Ein Aspekt, den wir uns über Jahre erarbeiteten, ist der Punkt der Saat­gut­abgabe im Schar und die Frage, ob man das Saatgut vor oder hinter dem Scheiben­lager ablegt. Es hat sich gezeigt, dass es ein großer Vorteil ist, vor dem Lager abzulegen, weil das die Präzision der Tiefen­ablage deutlich erhöht. Unser Portfolio bietet auch Varianten mit einer Ablage hinten, bei denen wir den Saat­strom umlenken und nach vorne bringen. Das funktioniert genauso, aber es ist ein größerer Aufwand.

terraHORSCH: Wie hat sich die Relevanz der Präzision heraus­kristallisiert?
Philipp Horsch: Eine der Prämissen, unter die wir unsere Entwicklungen schon immer stellen, ist Effizienz und Präzision bei den Maschinen und Arbeits­prozessen auf den Feldern zu erhöhen. 1990 ging es los mit der Globalisierung in der Landwirt­schaft. Hier war zunächst die Heraus­forderung, unter den neuen Bedingungen die Einsatz­sicherheit zu gewähr­leisten und ordentlich zu säen. Zu dieser Zeit stand die Schlag­kraft im Fokus der Betriebe. Daher dachten wir noch nicht so viel über Präzision nach, sondern die Anforderung war zunächst zum richtigen Zeit­punkt zu säen, in Verbindung mit einer Verbesserung bei der Boden­bearbeitung, beim Pflanzen­schutz und der Düngung. So hat sich das Thema Effizienz sehr gut entwickelt.
Als nächster Schritt rückt automatisch die Präzision in den Vorder­grund. Der Grund dafür ist, dass sich Ertrags­steigerungen in Richtung Stagnation entwickeln, und die Frage, die sich dies­bezüglich stellt, ist, wo noch Optimierungs­potenzial besteht. Mit vielen Themen wie Genetik, Klima und Pflege kommen wir offen­sichtlich an Grenzen. Ein verbleibender Hebel liegt in der Präzision. Und das Optimum der Präzision ist die Einzel­korn­saat. Das weiß man seit den 80er-Jahren, als es die ersten Versuche dazu gab. Technisch war es über viele Jahre schwierig, das umzusetzen. Wir waren die ersten, die die echte Einzel­kornsaat im Getreide konnten. Und bei diesem Thema sehen wir unter Umständen noch eine Möglich­keit, die nächsten Schritte zu gehen.

„Der Einsatzbereich unserer Säschare ist durch den Ton­gehalt des Bodens und die Intensität der Boden­bearbeitung vor der Aussaat geprägt. Unter den meisten Bedingungen kommt unser Standard TurboDisc Schar zum Einsatz (in der Grafik hellbraun dargestellt). Sowohl auf fließ­fähigen Böden bei Mulch­saat oder auch nach intensiverer Vor­arbeit legt es das Saat­gut sicher und effizient in der Erde ab. Auf sehr schweren Standorten mit hohem Ton­anteil und bei der Direkt­saat kommt es an seine Grenzen. Wir entschieden uns bereits vor einigen Jahren, ein weiteres Schar­ystem mit höherer Penetrations­kraft für Direkt­saat anzubieten. Um den Anforderungen, Saatgut in unbearbeitete Böden präzise abzulegen, gerecht zu werden, entwickelten wir ein einzeln in der Tiefe geführtes Einscheiben­säschar. Das SingleDisc Schar verbauen wir in unserer Avatar Reihe. Kunden nutzen es auch in Mulch­saat auf den schwereren Standorten. Vor allem Betriebe, die wenig Boden bei der Aussaat bewegen wollen, setzen auf Einscheiben­schar­technik. Auf diesen Standorten findet man in der Praxis sowohl TurboDisc als auch SingleDisc Schare. In der Grafik (SingleDisc hellgrün) ist diese Überlappung der Einsatz­bereiche gut zu erkennen.

Für Betriebe, die stark wechselnde Böden haben, von Sand bis hin zu extrem schweren Böden, werden wir unseren Kunden in Zukunft neben dem Standard TurboDisc Schar noch das ParaDisc Schar anbieten. Dieses bleibt auf extrem schweren Böden aufgrund eines etwas höheren möglichen Schar­drucks und der Parallelogramm­anbindung sicher im Boden. Der mögliche Einsatz­bereich wird sich mit dem TurboDisc und Single Disc Schar (siehe Grafik dunkelgrün) in vielen Bereichen über­schneiden. Mit dunkel­braun ist in der Grafik noch unser DuoDisc Schar dargestellt, das speziell für die Anforderungen unserer mechanischen Kreisel­eggen­kombination Versa 3 KR entwickelt wurde.“

Dunkelbraun: Einsatzbereich DuoDisc Schar
Hellbraun: Einsatzbereich TurboDisc Schar
Dunkelgrün: Einsatzbereich ParaDisc Schar
Hellgrün: Einsatzbereich SingleDisc Schar

terraHORSCH: Wie hat sich die Präzision in der Schartechnik bei HORSCH über Jahre hinweg konkret entwickelt?
Philipp Horsch: Wir sind seit vielen Jahren dabei, die Präzision zu optimieren. Wir machen ständig Weiter­entwicklungen, vor allem in den Bereichen Saattiefe, Abstand und Saat­gut­umgebung. So war beispiels­weise das Doppel­scheiben­schar ein großer Fort­schritt.
Mit diesem kann automatisch eine höhere Präzision erreicht werden, da es voll­kommen symmetrisch ausgebaut ist. Auch ein ruhigerer Lauf von Scharen ist in dieser Hinsicht sehr wichtig. Das haben wir durch Gummi­lagerung, hohen Schar­druck und ein stabiles Doppel­scheiben­schar hinbekommen. Um Präzision zu erreichen, war im ersten Schritt die Tiefen­führung über die nach­laufende Druck­rolle wichtig. Anschließend kam der Uniformer, der für eine Fixierung des Saatguts am Furchen­grund der Saat­furche auch bei sehr hohen Arbeits­geschwindig­keiten sorgt.
Kufe, Fangrolle und Einzel­korn­saat wurden dann in einem nächsten Entwicklungs­schritt durch das SingularSystem kombiniert.Dieses hat eine hohe Komplexität und einen hohen Anspruch an das Saatgut. Daher hat es den Markt leider nie durch­drungen und bleibt in einer Nische für Hoch­ertrags­regionen. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns darauf, die Erkenntnisse aus der Singular Schar­entwicklung für Entwicklungen zu verwenden, die wir in der breiteren Masse nutzen können.

terraHORSCH: Was sind relevante Aspekte, wenn es um Präzision geht?
Philipp Horsch:Automatische Regel­systeme für die Tiefen­ablage und Rück­verfestigung haben wir mit unserem AutoForce System serienreif und auch die Kombination mit teil­flächen­spezifischer Aussaat können wir heute darstellen.
Die Schartechnik wird immer komplexer, je mehr Elemente wir einbringen (Kufe, Fangrolle etc.) und dennoch müssen wir darauf achten, dass wir die Einsatz­sicherheit stets gewähr­leisten. Mit der Weiter­entwicklung des Doppel­scheiben­schars hin zum ParaDisc+ können wir sehr einfach die in den Boden eingreifenden Elemente in diesem Schar wechseln. Das heißt, wir können beispiels­weise die Kufe und die Fangrolle sehr einfach heraus­nehmen und durch ein ganz normales Fall­rohr für sehr schwierige, nasse Bedingungen ersetzen.

Die neue Solus ist eine parallele Entwicklung, die von der Seite kommt. Wir nutzen dabei die Erfahrungen aus der Maestro Familie. Auf dieser Basis haben wir ein Konzept für Reihen­abstände ab 22,5 cm erarbeitet, mit dem wir auch Getreide oder Raps säen können. Aktuell ist es noch zu früh, um zu sagen, ob das Sinn macht. Die Komplexität der Maschine ist sehr hoch und wir müssen zunächst heraus­finden, wo die Chancen und Grenzen dieses Solus Systems liegen. Was wir heute schon sagen können, ist, dass das zusätzliche Rück­verfestigen links und rechts der Scheibe, das wir von der Mais- und Soja­aussaat kennen, sehr positiv ist, da man um das Saat­korn herum dadurch einen homogenen, rück­verfestigten Saat­horizont bildet. Diese positiven Aspekte sehen wir in der Getreide­aussaat bereits mit einem deutlich gleich­mäßigeren Auflauf. Jetzt gilt es, die signi­fikanten Vorteile des Systems heraus­zufinden. Wir sehen klare Vorteile, wie eine sehr präzise Ablage, aber auch Heraus­forderungen und wir bleiben dran. Und ob man die Solus in dem Raster auch noch für andere Kulturen nutzen kann, das werden wir probieren. Dann werden wir wissen, ob das geht und ob es Sinn macht. Diese Erfahrungen sammeln wir und über­tragen sie automatisch auf andere Schar­systeme und andere Maschinen­typen.

terraHORSCH: Warum hat HORSCH neben dem breiten Doppel­scheibenschar-Portfolio auch Ein­scheiben­schare?
Philipp Horsch: Das Einscheiben­schar passt vor allem für Märkte, in denen es um Direkt­saat geht oder zumindest um rotative Direkt­saat. Der Fokus liegt nicht aus­schließ­lich auf der Direkt­saat, aber es gibt Situationen, in denen ein Landwirt in seiner Frucht­folge eine Kultur direkt sät. Der Klima­wandel ist eine der Ursachen, warum aktuell in Deutschland mehr über das Thema nachgedacht wird. Der Haupt­punkt dabei ist, wie man Wasser im Boden halten kann, und hierfür ist Direkt­saat ein geeignetes Mittel. Das Ein­scheiben­schar hat aufgrund seiner Form automatisch die Dynamik, immer auf eine Seite zu ziehen. Die Anforderungen an die Stabilität sind daher enorm. Uns war es wichtig, eine Lösung zu finden, die dauer­haft hält und das ist uns gelungen. Daher sind für uns die Einscheiben­schare im Portfolio essenziell, da wir alle Bedingungen abdecken und den Land­wirten die entsprechende Technik zur Verfügung stellen wollen. Aus diesem Grund umfasst unser Port­folio auch die Zinken­sätechnik, die wir in den verschiedensten Maschinen von 3 bis 24 m Arbeits­breite anbieten. Diese wurden ebenfalls für spezielle Anforderungen entwickelt und kommen haupt­sächlich in den klassischen Direkt­saat­regionen zum Einsatz. Gerade bei steinigen Böden und einem hohen Aufkommen an Ernte­rück­ständen sorgt der räumende Effekt der Zinken­schare für eine rückstands­freie Saatfurche.

terraHORSCH: Ausblick in die Zukunft
Philipp Horsch: Wenn man ganz weit in die Zukunft schaut, wird es in allem, was wir tun, lang­fristig um die Einzel­pflanze gehen. Das heißt: von der Aussaat und Nähr­stoff­versorgung bis zur Pflege. Die Einzel­pflanze wird für uns der Fokus sein.