AgroVation – Zwischen Tüfteln, Testen und Wirtschaftlichkeit
Im Jahr 2012 übernahm die Familie Horsch den Betrieb AgroVation im tschechischen Kněžmost mit dem Ziel, dort zukunftsorientierten und wirtschaftlichen Ackerbau zu betreiben. Constantin Horsch erklärt, warum CTF im Betrieb nicht mehr als Dogma gesehen wird und womit man sich aktuell in Tschechien noch beschäftigt.
Bei AgroVation werden Verfahren für den modernen Ackerbau mit effizienter Technik und Know-how entwickelt, um Antworten auf Anforderungen aus der praktischen Landwirtschaft und Politik zu erarbeiten. Die Familie Horsch sieht es als ihre Aufgabe an, Lösungen für die Ziele des Green Deals, die Anforderungen der GAP und eine sichere Produktion von Lebensmitteln unter sich veränderten Wetterbedingungen zu finden. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes steht bei all den Anforderungen an neue Produktionstechniken klar im Fokus.
Im Jahr 2017 ging die Geschäftsführung an die Brüder Constantin und Lucas Horsch über.
Mittlerweile ist AgroVation ein reiner Ackerbaubetrieb mit den Kulturen Raps, Winterweizen, Körnermais, Wintergerste, Zuckerrübe und Soja. Insgesamt wird eine Fläche von 3.800 ha bewirtschaftet, davon 3.600 ha Ackerland und 200 ha Grünland. „Wir versuchen dort klassischen Ackerbau mit den neuen Herausforderungen zu betreiben – mit einem klaren Fokus auf die Wirtschaftlichkeit. Wir werten unsere Betriebe aus und vergleichen unsere wirtschaftlichen Kennzahlen ständig mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben in einem Beratungsring, um unser Tun zu überprüfen. Dieses Benchmarking sehe ich als sehr wichtig an“, erklärt Constantin Horsch. „Wir wollen keine ideologisch getriebene Landwirtschaft betreiben.“
Auf dem Betrieb arbeiten mittlerweile 13 Menschen (inklusive Betriebsleiter) in Festanstellung, sowohl in der Außenwirtschaft und Werkstatt als auch in der Verwaltung und Buchhaltung.
Abkehr vom CTF-Verfahren?
Die Bewirtschaftung im Control Traffic Farming (CTF) wurde bei AgroVation von Beginn an stark forciert. Eine ausgeklügelte Spurplanung mit Hindernisumfahrung im 12-m-Raster wurde bereits in den Anfangsjahren umgesetzt. „Das bedeutet: Alle 12 m werden Fahrspuren geplant und alle Maschinen dürfen nur auf diesen geplanten Spuren fahren. Sowohl Bodenbearbeitung und Aussaat als auch die Ernte erfolgen im vorgegebenen Raster. Die Düngung und der Pflanzenschutz erfolgen in jeder dritten Spur im 36-m-Fahrgassensystem. Bei unserem HORSCH CTF wurden auch die Spuren all unserer Traktoren auf die Spurweite des Mähdreschers abgestimmt. Das hatte zur Folge, dass die ganze Technik auf 3-m-Spur stand. Das Ziel dabei war, den Spuranteil möglichst gering zu halten. Dafür setzte man auch auf Raupenfahrwerke.“
„Als mein Bruder und ich bei AgroVation die Betriebsleitung übernahmen, stellten wir CTF auf den Prüfstand“, so Constantin Horsch weiter. „Wegen der Bodenbearbeitung ausschließlich in CTF-Richtung waren die Flächen über die Jahre sehr uneben geworden. Das wollten wir als erstes ändern. Nach der Ernte erfolgte dann der erste Bodenbearbeitungsgang in einem Winkel zur Drill- bzw. Druschrichtung. Dafür nutzten wir unseren HORSCH Cruiser und erzielten den gewünschten Erfolg einer guten Strohnachverteilung und Einebnung über die Fläche. Für alle Überfahrten ab der Aussaat sehen wir die Bewirtschaftung im CTF-System mit fest geplanten Spuren sehr positiv und nutzen es weiter. So können wir z.B. bei einer Direktsaat von Weizen nach Sojabohnen die Maschine GPS-gesteuert so verschieben, dass das Drillschar einige Zentimeter neben der alten Stoppelreihe läuft. Dadurch liegen die Drillschare viel ruhiger und es entsteht eine saubere Säfurche für die Aussaat.“ Besonders positiv wirke sich das CTF-System bei der Ernte aus: Ein geregelter Verkehr bei einer nassen Ernte verhindert einen komplett „zerfahrenen Acker“. Die Mähdrescher sind mit einem 12-m-Übertankrohr ausgerüstet, damit der Überladewagen in der nächsten Fahrspur fahren kann.
Ausschließlich Raupenlaufwerke und 3-m-Spur auf allen Fahrzeugen sind kompliziert und kostenintensiv. „Wir wollten das mehr vereinfachen und haben entschieden, mehr auf Standardtechnik zu setzen“, erklärt Constantin Horsch den Schritt. „Die Technik hat sich bei uns in den letzten Jahren insgesamt sehr verändert. Mittlerweile haben wir nur noch Standardtraktoren mit modernster Reifentechnologie auf dem Betrieb – keine Raupentraktoren mehr.“
Fuhrpark
- 2x 500 PS Traktoren – Bodenbearbeitung
- 1x 400 PS Traktor – Bodenbearbeitung und Aussaat
- 2x 250 PS Traktoren – Düngung und leichte Bodenbearbeitung (feine Saatbettbereitung)
- 1x 140 PS Traktor – z.B. für Mulcharbeiten und unterstützende Tätigkeiten
- 1x 81 PS Traktor – z.B. für Mulcharbeiten und andere Tätigkeiten
- 1 Teleskoplader
- 1 Radlader für Verladearbeiten
- 2 Mähdrescher mit CTF-Rohr
- 2 Düngerstreuer
- 1 Leeb PT 8 300 Selbstfahrer
- Zahlreiche HORSCH Maschinen im Test
Erweiterung der Fruchtfolge
„In den Anfangsjahren hatten wir in Tschechien eine kurze Fruchtfolge mit Raps, Weizen, Mais, Weizen. Das heißt: 50 % Weizen, 25 % Raps und 25 % Mais. Hier sind wir immer noch in einem Prozess der Veränderung und Optimierung. Um die Fruchtfolge aufzulockern und den Rapsanteil langfristig etwas zu reduzieren, nahmen wir weitere Kulturen wie Sojabohnen und Zuckerrüben mit in die Fruchtfolge auf,“ so Constantin Horsch. „Durch eine längere Fruchtfolge und den Wechsel zwischen Winterung und Sommerung wollen wir künftigen Problemen wie aufkommenden Ungräsern und Resistenzen entgegenwirken. Zwischenzeitlich beschäftigten wir uns noch mit Nischenkulturen wie Quinoa und Kichererbsen. Die Nischenkulturen erwiesen sich als zeitlich sehr aufwendig und der Absatz als große Herausforderung.
Wohin geht die Reise im Pflanzenschutz?
Auf dem Betrieb setzen wir den Pflanzenschutz sehr zielgerichtet ein und betrachten die Maßnahmen gesamtheitlich, um möglichst effizient zu arbeiten sowie Kosten zu sparen. So hängen der Einsatz eines Herbizides und die Bodenbearbeitung unmittelbar zusammen. Vor allem bei Frühjahrssaaten unter nassen Bedingungen oder bei der Direktsaat sind teilweise Herbizidstrategien mit einem Totalherbizid sinnvoll, um die für uns wertvollen Zwischenfrüchte mit all ihren positiven Eigenschaften einzuplanen. In Summe gilt es, der Kulturpflanze gute Startbedingung zu verschaffen und aufwendige Herbizidnachbehandlungen so gering wie möglich zu halten.
Das Ziel, den Pflanzenschutz in einer gesamtheitlichen Betrachtung hocheffizient und möglichst kostengünstig durchzuführen, hat im Betrieb einen großen Stellenwert. So laufen seit einigen Jahren bereits Versuche in den Bereichen Bandapplikation in Reihenkulturen und SpotSpraying. Die Bandapplikation in Zuckerrüben bringt eine gut kalkulierbare Einsparung der eingesetzten Mittel. Auf den ebenen Flächen ist das Verfahren sehr gut umsetzbar. Bei Zuckerrüben wurden verschiedene Strategien mit dem Ziel der Mitteleinsparung getestet. Unter den Witterungsverhältnissen war z.B. im letzten Jahr die beste Variante NAK 1-flächig zu fahren, gefolgt von einer Bandapplikation als NAK 2 und kurz vor Reihenschluss mechanisch zu hacken. Im Bereich SpotSpraying werden im Betrieb bereits seit mehreren Jahren Versuche und Entwicklungen durchgeführt. Mittels Drohne und Auswertung des Bildmaterials mit KI, aber auch verschiedenste Kamerasysteme auf den Maschinen wurden getestet, um Unkräuter in Reihenkulturen und im Getreide zu identifizieren. Sowohl Band- als auch Spotapplikation können ein Baustein zum Erreichen des Reduktionszieles sein.
Zusammenfassend muss man sagen, dass wir die Verfahren weiterentwickeln und testen. Im Bereich Fungizide legten wir im vergangenen Jahr biologische Präparate in großflächigen Versuchen an. Wir sahen bei uns auf den Flächen positive Effekte nach den Maßnahmen. In den Nullparzellen fanden wir einen höheren Krankheitsdruck vor. Die Witterungsbedingungen waren im letzten Jahr durch ein kühl feuchtes Frühjahr, gefolgt von Trockenheit und einer nassen Ernte geprägt. Durch die Trockenphase war der Druck von Blattkrankheiten nicht sehr hoch. „Zusammenfassend konnten wir eine Wirkung der Mikroorganismen sehen und wollen Strategien entwickeln, bei denen Mikroorganismen den chemischen Pflanzenschutz unterstützen sollen. Aber wir müssen noch vieles lernen und vielleicht finden wir Lösungen, um die positiven Erfahrungen aus anderen Regionen der Welt für unsere klimatischen Bedingungen zu adaptieren. Bodenbearbeitung, Aussaat, Sortenwahl, Nährstoffversorgung sowie mechanischer, chemischer und zukünftig biologischer Pflanzenschutz müssen aus unserer Sicht als gesamtheitliches System betrachtet werden. Es gilt immer einen optimalen Kompromiss zwischen den teilweise schwer zu vereinbarenden Zielen (wie z.B. Bodenfruchtbarkeit, Boden- und Winderosion, Wasserhaltevermögen etc.) zu finden.“
Unsere Erfahrungen mit CTF
Nachteile:
- Eine nachträgliche schlechte Strohverteilung des Mähdreschers zu optimieren, ist nicht möglich, da eine Bearbeitung in Richtung der Druschrichtung im System abläuft.
- Die Felder werden durch die Bodenbearbeitung nur in der CTF Richtung über Jahre hinweg immer unebener.
- Überbreite Technik, die zu einem möglichst geringen Spuranteil führt, verkompliziert vieles und ist kostenintensiv.
Vorteile:
- Bei der Direktsaat kann die Saatgutablage um einige cm verschoben werden und dadurch eine optimale Saatablage neben der Stoppelreihe der Vorfrucht erfolgen.
- Fahrgassen immer an der gleichen Stelle sind vorteilhaft.
- Für alle Arbeiten gibt es klare Spuren auf dem Acker.
- CTF bei der Ernte führt zu weniger Spuren (kein kreuz und quer über den Acker), besonders unter nassen Bedingungen, was für die folgenden Bearbeitungsschritte viele Vorteile bringt.
Stetiger Optimierungsprozess
Das größte Projekt bei AgroVation ist die Melioration. „Jedes nasse Jahr beziehungsweise jedes nasse Frühjahr ist eine Herausforderung, weil wir noch auf sehr vielen Flächen Probleme mit den Drainagen haben. Feldrandpflege und Arbeiten an den Vorflutern sind Aufgaben, die auf uns warten“, so Constantin Horsch.
„Eine wahrscheinlich nie endende Aufgabe ist eine Optimierung der Arbeitsabläufe unter den sich ständig ändernden politischen, umweltpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingen. Auch die Witterung stellt uns stets vor neue Herausforderungen. Aus all diesen sich ändernden Bedingungen entwickeln sich immer wieder neue Ideen, die dann in unseren Maschinenbau einfließen. Den Betrieb nutzen wir, um Neuentwicklungen und deren Anwendung zu testen und zu verfeinern. Ziel ist es, unseren Kunden professionelle technische Lösungen in Verbindung mit modernen Pflanzenbauideen anbieten zu können. Bei dieser gesamtheitlichen Betrachtung spielen Logistik und einfach zu erlernende, effiziente Arbeitsabläufe für Mitarbeiter eine wichtige Rolle. Nur so ist eine hohe Schlagkraft zu erreichen.
AgroVation ist unser Testbetrieb für technische Neuentwicklungen im laufenden Ackerbaubetrieb unter Praxisbedingungen. Es gilt, Verfahren zu entwickeln, die die Bodenfruchtbarkeit, gesellschaftspolitische Anforderungen und landwirtschaftliche Produktion bei sicheren Erträgen in Einklang bringen. Unser Auftrag ist es, positive Erfahrungen im praktischen Ackerbau mit unseren Kunden zu teilen und weiter zu vermitteln.“