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HORSCH Live

Im Dezember 2022 startete das Format HORSCH Live in die dritte Runde. Die Eventserie beschränkte sich dieses Mal aber nicht auf eine Woche, sondern lieferte bis Mitte Februar 2023 immer wieder Fachvorträge verschiedener Referenten. Dabei stand vor allem die Gesamtheit von Boden und Pflanze im Mittelpunkt. In diesem Artikel gehen wir auf die Vorträge Zwischenfrüchte, Blattdüngung sowie Kalkung ein.

Einen Beitrag verpasst? Hier sind die Vorträge und Diskussionen auch im Nachhinein verfügbar.

Zwischenfrüchte

In seinem HORSCH Live VortragZwischenfrüchte – Erfolgreicher Anbau im Hinblick auf Nährstoff- und Wassermanagement“ (Vortrag vom 05.12.2022) erklärt Christoph Amslinger, Pflanzenbauberater der Hanse Agro GmbH, dass der Zwischenfruchtanbau mehr leistet als nur die Erfüllung des Greenings und dass für den Erfolg der Zwischenfrüchte der richtige Anbau und die Integration in die Fruchtfolge ausschlaggebend sind.

Pflanzenbauliche Ziele

Ein pflanzenbauliches Ziel des Zwischenfruchtanbaus ist die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Um Nahrung für die Makro- und Mikroorganismen im Boden zu haben, versucht man, ein größeres Porenvolumen, aber auch eine bessere Infiltration zu bekommen sowie organische Substanz einzubringen. Mit der Nährstofftransformation wird außerdem der Grundwasserschutz und die Nährstoffeffizienz verbessert.
Auch Erosionsschutz spielt eine wichtige Rolle. „Der Boden ist das Kapital des Landwirts“, so Amslinger, deshalb versucht man, beim Zwischenfruchtanbau den Bodenabtrag durch Wind und Wasser zu vermindern. Um das Auflaufen von Gräsern und Unkräutern zu verhindern, nutzt man die Beschattung und Konkurrenz der Zwischenfrüchte, aber auch die Ausscheidung der Wurzelexsudate. Für den Humusaufbau, ein weiteres Ziel des Zwischenfruchtanbaus, wird ober- und unterirdische Pflanzenmasse in den Boden eingebracht. „Wie stark diese dann verbaut wird bzw. in welchen Humuspool das geht, hängt im Wesentlichen mit dem C/N-Verhältnis zusammen“. Um Nematoden zu bekämpfen, seien auch phytosanitäre Aspekte wichtig.

Etablierung

Bei der Etablierung der Zwischenfrüchte stellt sich u.a. für viele die Frage, wie man den Saatzeitpunkt bestimmt. Für Amslinger spielt einerseits der Erntezeitpunkt der Vorfrucht eine Rolle. „Es macht z.B. einen Unterschied, ob ich GPS-Getreide habe, das in der Regel Anfang Juli geerntet wird, oder ob wir uns mit einem späträumenden Weizen beschäftigen, wo wir uns im Norden Deutschlands dann auch mal im August befinden.“ Aber auch die Wahl der Zwischenfruchtkomponenten, die Standorteigenschaften sowie das Nutzungsziel der Zwischenfrucht sind ausschlaggebend. Man muss sich fragen, was man erreichen will – einfach nur eine kleine Bodenbedeckung, damit Erosion gemindert wird, oder ob man versucht, einen großen Biomasseaufwuchs zu erzeugen, der entweder im Boden zum Humusaufbau dient oder als Schnitt genutzt wird.

Um eine Zwischenfrucht zu etablieren, kann man verschiedene Saatverfahren nutzen. Zum einen die Pflugsaat, die die Möglichkeit zur Mulch- und Direktsaat der Folgefrucht sowie einen homogenen Zwischenfruchtbestand bietet und das Nutzen von Bodenwasser aus tieferen Schichten ermöglicht. „Der Nachteil ist, dass die Zeit für die Einarbeitung der Erntereste fehlt […] und man so eine Strohmatte produziert. Außerdem hat man eine erhöhte Erosionsgefahr.“ Zudem bestehe eine höhere Gefahr der Austrocknung.
Die Mulchsaat ist eine weitere Option. Hier besteht die Möglichkeit, organischen Dünger einzuarbeiten, Verdichtungen zu beheben und das Strohmulch als Erosionsschutz zu nutzen. Bei dieser Methode sollte man Zeit einplanen, um Ausfallgetreide sicher zum Auflaufen zu bringen.
Bei der Direktsaat drillt man direkt in die Stoppel nach der Ernte der Vorkultur. „Dadurch haben wir einen Zeitvorsprung für die Zwischenfrucht gegenüber dem Ausfallgetreide oder den Unkrautsamen. Des Weiteren ist es ein sehr wassersparendes Verfahren. Gerade in Zeiten mit sehr trockenen Sommern wie 2022 ist das ein Argument. Und in den stehenden Stoppeln hat man einen sehr guten Erosionsschutz.“ Nachteile dieses Verfahrens sieht Amslinger in der speziellen Technik, um entsprechende Feldaufgänge zu realisieren.

Auswirkungen auf den Wasserhaushalt

Der Keimwasserbedarf ist abhängig von Samengröße, Spelzen, Samenschale sowie den Sameninhaltsstoffen. „Je höher der Keimwasserbedarf, desto höher ist der Anspruch an das Saatbett.“ Ölrettich hat beispielsweise einen geringeren Keimwasserbedarf und kann daher auch mit einem schlechteren Saatbett etabliert werden. Eine Ackerbohne hat einen sehr hohen Keimwasserbedarf, dementsprechend hoch sind auch die Ansprüche an das Saatbett.
Häufig wird Zwischenfrüchten nachgesagt, dass sie das Wasser wegnehmen, das später dann an anderer Stelle fehlt. Eine Untersuchung aus Österreich zeigt, dass besonders in Trockenjahren (2004) der Wasserverlust in der Schwarzbrache höher ist als in der Zwischenfrucht. „Zudem bauen Zwischenfrüchte sehr wassereffizient Biomasse auf. Im Herbst braucht sie erstmal Wasser, im Vergleich zur Schwarzbrache sinkt der Bodenwassergehalt deutlich ab. Bereits im Dezember/Januar beginnt sich das zu drehen und wir haben unter den Zwischenfrüchten konstant mehr Wasser zur Verfügung. Das hängt mit einer höheren Infiltrationsleistung zusammen, wodurch die Bodenvorräte über den Winter gut aufgefüllt werden können. Die Mulchschicht verhindert eine unproduktive Verdunstung im Frühjahr.“

Nährstoffmanagement

Beim Thema Nährstoffe stellt sich häufig die Frage, ob man die Zwischenfrucht düngen soll oder nicht. „Wir haben versucht, dies anhand unterschiedlicher Szenarien bzw. Saatverfahren einzuordnen.“ Bei der Pflugsaat oder wenn das Stroh abgefahren wird, benötigt man häufig keine Düngung. Verbleibt das Stroh auf der Fläche, ist unter Umständen eine Nachdüngung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen von 30 bis 60 kg N/ha nötig.

Bei der Mulchsaat wurden zwei Szenarien bei der Stoppelbearbeitung betrachtet. Im ersten Fall war es zur Stoppelbearbeitung trocken oder die Stoppel stand noch unberührt. „Wurde das Stroh abgefahren, ist mit keinem zusätzlichen N-Bedarf zu rechnen. Verbleibt das Stroh auf der Fläche, fällt der Stickstoffbedarf der Zwischenfrucht und der Stickstoffbedarf für die Strohzersetzung zusammen und eine Strohausgleichsdüngung ist empfehlenswert.“ Im zweiten Szenario war es zur Stoppelbearbeitung feucht. So setzte die Rotte früher ein und hatte somit einen gleichmäßigeren Verlauf der N-Dynamik im Boden, wodurch die Zwischenfrucht in keinen extremen Stickstoffmangel fällt. Daher müsse man in diesem Fall keine zusätzliche Düngung vornehmen, so Amslinger. Im Direktsaatverfahren liegt das Stroh obenauf, aber dadurch, dass man keine Bodenbearbeitung habe, gebe es auch ein geringeres Mineralisationspotenzial und man müsse sich die N-Werte im Boden anschauen. „Sind diese deutlich über 50 kg, brauchen wir keine Düngung. Sind wir deutlich darunter, sollte eine ausgleichende Düngung im vorgegebenen Rahmen erfolgen.“

Ertragsauswirkungen auf Folgekultur

„In Hochertragsjahren mit keinen Witterungsextremen reagierte vor allem die Zuckerrübe auf Bracheschlägen (ohne Zwischenfruchtanbau) mit besseren Erträgen. Je höher das Ertragspotential, desto stärker schnitt die Zuckerrübe unter optimalen Bedingungen nach Schwarzbrache im Vergleich zur Zwischenfrucht ertraglich ab. In anderen Sommerungen wie Mais oder Sommergetreide sehen wir keine signifikanten Unterschiede.“ Zusammenfassend hat sich gezeigt, dass in Stressjahren mit Zwischenfruchtanbau zuverlässiger höhere Erträge erreicht wurden als ohne Zwischenfruchtanbau.
Für Amslinger ist klar, dass die Klimaveränderungen künftig stabile Anbausysteme erfordern. Damit die Zwischenfrüchte hier einen Beitrag leisten können, muss ihre Etablierung gelingen. Besonderes Augenmerk muss hierbei auf die richtigen Aussaatsysteme gelegt werden, um den Wasserhaushalt und den damit verbundenen sicheren Feldaufgang der Zwischenfrucht zu gewährleisten. Auch im Bereich der Nährstoffe sollte die Zwischenfrucht eng begleitet werden, um mit ihr die Nährstoffe im System zu halten und diese mit dem richtigen Management der Folgekultur zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stellen zu können. Zwischenfrüchte führen nicht immer zu höheren Erträgen in der Folgekultur Zuckerrübe, aber sie können wesentlich zu einem klimaresilienten und stabilen Anbausystem beitragen. Somit können die Zwischenfrüchte ein Baustein in einer wirtschaftlich interessanten und ertragsstabilen Fruchtfolge sein. „Zwischenfrüchte sind Teil der Lösung und nicht das Problem.“

Kalkung 

Max Schmidt ist als selbstständiger Kalk- und Bodenspezialist tätig. Darüber hinaus ist er Dozent an der HSWT in Triesdorf sowie Referent der DLG-Akademie. In seinem HORSCH Live Vortrag „Kalkung – Der erste Schritt für die Ertragssicherheit“ (Vortrag vom 12.12.2022) spricht er darüber, welche Rolle Kalk für die Bodenfunktionalität, -stabilität und die damit einhergehende Ertragswirkung in der Landwirtschaft spielt.
Eine wichtige Frage sei, so Schmidt, was die Pflanze vom Boden brauche. Dabei seien vier Faktoren besonders wichtig, nämlich ausreichend Wurzelraum, Wasser und Nährstoffe sowie Sauerstoff für die Wurzelatmung. „Zusammengefasst braucht die Pflanze einen gut durchwurzelbaren Boden mit einem ausgeglichenen Wasser-, Nährstoff- und Lufthaushalt.“
„Die überwiegend jungen Böden, die nach der letzten Eiszeit entstanden sind, enthalten sehr viele wertvolle Mineralien, wie z.B. Quarz, aber auch primäre und sekundäre Silikate, wie Glimmer, Feldspäte und Tonminerale, die bei der Nährstoffspeicherung eine wichtige Funktion haben“, erklärt Schmidt. In Deutschland werden überwiegend Mineralböden bewirtschaftet, die zu großen Teilen aus den mineralischen Bestandteilen Sand, Schluff und Ton bestehen, sowie Humus, der u.a. Kohlenstoff und Stickstoff enthält. Der Humusgehalt liegt bei unseren Böden meist zwischen 1 bis 4 %. Wichtig seien außerdem die sogenannten Kolloide, auch Austauscher genannt. Dies sind Tonminerale und Huminstoffe, die kleiner als 0,002 mm sind und einen Anteil von 5 bis 50 % im Boden haben. Kolloide sind negativ geladen und können dadurch basische Kationen austauschbar speichern.

Doch was macht einen optimalen Boden aus? Unsere besten Böden, so Schmidt, seien die Parabraunerdeböden aus Löss, der einen Kalkgehalt von etwa 20 bis 30 % hat. Löss ist ein kalkhaltiges Feinbodenmaterial, das aus durch Gletscher zermahlenem Gesteinsmaterial entstand. „Diese Böden sind basen- und nährstoffreich, sie sind tiefgründig und haben eine optimale Luft- und Wasserführung.“ Sie bestehen aus etwa 50 bis 55 Prozent festen Bestandteilen und aus 45 bis 50 Prozent Porenvolumen. Diese Bodenporen sind sehr wichtig für die Bodenfunktionalität, denn sie leiten Wasser ab, machen es pflanzenverfügbar und belüften den Boden.
Verschwindet der Kalk aus dem Boden, führt das schnell zu Versauerungsprozessen. Dies hat negative Folgen wie z.B. eine Tonverlagerung. D.h. bei pH-Werten unter 6,8 werden die Tonminerale im Boden instabil, werden dann mit dem Sickerwasser in tiefere Schichten verlagert und es setzt ein Gareschwund der Böden ein. Die Tonverlagerung kann zu einer Unterbodenverdichtung führen und es folgt eine Vernässung des Standorts. Dadurch verschlechtert sich der Boden, wodurch folglich auch schlechtere Humusformen wie Moder- und Rohhumus gebildet werden, die teilweise hydrophob sind, also wasserabstoßend. „Wenn die Böden sich mehr oder weniger im Prozess der Selbstzerstörung befinden, dann werden auch Tonminerale zerstört. Und das führt eben dazu, dass dann ganz andere Bodenbilder entstehen.“ Es wird also, so Schmidt, eine Bodenverschlechterung eingeleitet.
„Diese ganzen Prozesse hängen im Wesentlichen mit der Entkalkung der Böden zusammen und den damit einhergehenden Versauerungsprozessen. Auf leichten Böden verlaufen diese Versauerungsprozesse schneller als auf schweren Böden, da die schweren Böden stärker gepuffert sind.“ Dabei seien diese Prozesse aber auch ganz natürlich und entstünden auch ohne menschliches Zutun. Durch Düngung wird der Basengehalt der Böden beeinflusst. Hohe Düngergaben an Nitrat oder Chloriden haben zur Folge, dass die Böden dabei überdüngt werden, oder wenn Kali gedüngt wird, werden die Anionen im Boden ausgewaschen, da sie nicht gebunden werden können.
Werden Austauscher bzw. Humus abgebaut oder ausgewaschen, entstehen an den Pflanzen schnell Mangelerscheinungen und somit auch Trieb- oder Wurzelschäden. „Die Pflanze kann in einem sauren Boden keine Wurzelmasse ausbilden und leidet unter Kalziummangel. Kalzium ist für die Feinwurzel-, Trieb- und Sprossbildung ein essenzieller Nährstoff.“ Weicht der pH-Wert zu stark vom Standortoptimum ab, ist die Nährstoffverfügbarkeit unter Stressbedingungen für die Pflanze eingeschränkt. Auch können toxische Elemente für die Pflanze verfügbar und dann von ihr aufgenommen werden. Der pH-Wert ist einer der ersten Parameter, der für einen sicheren Ertrag in Betracht gezogen werden sollte.

Die Situation in Deutschland ist bezüglich der Kalkversorgung besorgniserregend.

Was muss optimiert werden, um ertragssichere Böden zu bekommen? Hier müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Kalkversorgung zu verbessern. Außerdem muss man einen Vorrat vor allem an zweiwertigen Kationen aufbauen, um die Bodenstruktur bzw. die Bodenstabilität zu erhalten. Es gibt einen Grundsatz: „Für eine nachhaltige Landnutzung im humiden Klimabereich ist eine optimale Kalkversorgung unverzichtbar.“
Die Frage eines Zuhörers, ob es Sinn mache, auch kurzfristig mit Kalkung auf ein intensives Regenereignis zu reagieren, bejaht Schmidt. In bestimmten Kulturen könne dies durchaus sinnvoll sein. Es habe sich aber auch gezeigt, dass durch die Reduzierung der extremen Kalidüngung auf einigen Standorten die Böden stabiler geworden seien. Bei Raps könne es durchaus helfen, das Milieu zu optimieren und den Boden zu stabilisieren, um Verschlämmungsprobleme kurzfristig in den Griff zu bekommen.
Untersuchungen zum Zustand des Bodens in Deutschland zeigen, wie großflächig im Bundesgebiet eine Gesundungskalkung notwendig ist. „Wir müssen einfach umdenken. Auswertungen zur Kalkung aus Bayern zeigen, dass die Landwirte durchschnittlich weniger als 25,00 € jährlich für die Kalkung investieren. […] Der Humus allein wird es nicht richten und eine Humusanreicherung der Böden geht nur, wenn vernünftige Kalkverhältnisse im Boden herrschen. Nur so kann stabiler Humus im Boden erzielt werden. Wir müssen also beides forcieren. Wir brauchen den Humus und wir brauchen das Kalzium, damit eine Aggregierung in den Böden eintritt. Und dazu müssen wir die Basensättigung der Böden optimieren. Das ist eine Maßnahme, die bezahlbar und sehr wirtschaftlich ist.“

Blattdüngung

Henning Jaworski (Leiter des Fachbereichs Technisches Management bei Lebosol Dünger GmbH) geht in seinem Vortrag „Blattdüngung“ (Vortrag vom 30.01.2023) auf die Frage ein, welchen Beitrag diese angesichts auftretender Wetterextreme leisten kann und wo das Element Silizium in diesem Bereich einzuordnen ist.
Pflanzen und Wetterextreme gab es schon immer. Dabei haben Pflanzen über die Jahrmillionen gelernt, sich an die Wetterextreme anzupassen, um ihre Art zu erhalten und sich weiterzuentwickeln. Kulturpflanzen nehmen im Rahmen des Klimawandels Schaden u.a. durch extreme Temperaturen verbunden mit Trockenheit oder unvorhergesehene Frostereignisse, aber auch Strahlung, also durch einen Sonnenbrand der Pflanze. Zu beobachten sei, so Jaworski, dass die Winter regenreicher und deutlich feuchter werden. „Das bedeutet für die Kulturpflanzen, dass sie im Frühjahr evtl. erst spät in die Gänge kommen, weil die Böden zu nass sind und sich in Folge langsamer erwärmen.“ Ein weiterer beobachtbarer Trend sind häufigere und länger anhaltende Hitzewellen im Sommer. Eine ausgeprägte Trockenheit hat zur Folge, dass die Verfügbarkeit der Nährstoffe für die Pflanze eingeschränkt ist. Eine schnelle Zunahme der Temperaturen beschleunigt außerdem die Pflanzenentwicklung, was wiederum eine Verschiebung und eine deutliche Verkürzung der Entwicklungsphasen nach sich zieht. Die Zeitspanne für eine ausreichend gute Wurzelentwicklung ist stark verkürzt. In so einer Situation kann die Pflanze mit ihren nicht ausreichend entwickelten Wurzeln über den Boden nur begrenzt Nährstoffe aufnehmen. In dem Fall muss dann eben über das Blatt nachgeholfen werden, um die Pflanze mit den benötigten Nährstoffen ausreichend zu versorgen.

Nährstoffversorgung der Pflanzen

Eine gute Versorgung der Pflanze mit Phosphat ist entscheidend für eine gute Wurzelentwicklung. Phosphor liefert die Energie für das Wurzelwachstum und fördert die Wurzelneubildung, wodurch die Wasser- und Nährstoffvorräte im Boden besser erschlossen werden. „Nach einem nassen Winter, einem kalten Frühjahr und einer langsamen Bodenerwärmung im Anschluss könnte man mit Vegetationsbeginn die erste Maßnahme als Blattdüngung mit Phosphor und Aminosäuren machen.“ Somit kann die Grundversorgung der Pflanzen erstmals sichergestellt werden und sie wird zur Wurzelentwicklung animiert, damit sie auch in schwierigen Zeiten an Wasser und Nährstoffe herankommt.

Ein weiteres Element für die Trockenheitsregulation der Pflanze sei Kalium, erklärt Jaworski. „Kalium ist das Element, das den Turgor aufrechterhält, was dazu führt, dass der Transpirationskoeffizient bzw. der unproduktive Wasserverbrauch sinkt.“ So kann die Pflanze mit Trockenheit besser umgehen. Versuche haben gezeigt, dass die Pflanzen einen gleichmäßigen Kaliumfluss über die gesamte Saison benötigen. So können die Pflanzen große Stresssituationen besser überstehen.
Aber auch Bor spielt im Wasserhaushalt der Pflanzen und bei der Wurzelentwicklung eine wichtige Rolle. Es wurde festgestellt, dass Pflanzen, die mit ausreichend Bor versorgt sind, eine bessere Kaliumaufnahme zeigen. Getreide zum Beispiel benötigt nicht besonders viel Bor. „Der Bedarf liegt etwa bei 50 bis 150 g bei einem Ertragsziel von 8 bis 9 Tonnen Weizen.“ Bei einer Gabe von insgesamt 130 g Bor im Getreide im Jahr 2022 konnte im Versuch ein Mehrertrag von etwa 7 Dezitonnen erzielt werden. Das dritte Element, das nachweislich bei der Regulierung des Wasserhaushalts der Pflanze eine Rolle spielt, ist Mangan. Pflanzen, die gut mit Mangan versorgt sind, haben ebenfalls einen geringeren Wasserverbrauch als Pflanzen mit Manganmangel.

Strahlungsstress

Im zweiten Teil des Vortrags geht es nicht nur um Pflanzenstress durch Hitze und Trockenheit, sondern auch um den abiotischen Strahlungsstress. Hierbei werden empfindliche Kulturen durch Sonneneinstrahlung geschädigt, die Pflanze bekommt quasi einen Sonnenbrand. Die Pflanzen reagieren im Rahmen dieser zu hohen Energieeinstrahlung damit, dass sie zu viel radikale Sauerstoffprodukte erzeugen. Das sind z.B. Wasserstoffperoxid und/ oder Ozon. Da mehr produziert als abgebaut wird, werden dann Zellen zerstört.
Hier müsse man schauen, wie man oxidativen Stress vermeiden könne, betont Jaworski. Unter anderem schützen Antioxidantien (Radikalfänger) die Pflanzen vor Strahlungsstress, indem sie eines ihrer Elektronen an die freien Radikalen abgeben. So bleibt die Pflanzenzelle geschützt. In diesem Prozess spielt auch wieder das Element Mangan eine Rolle ebenso wie z.B. Zink, denn dies entgiftet sozusagen die Sauerstoffradikalen. Eine dritte Schutzmöglichkeit bieten Aminosäuren, aus denen Sinapinsäure-Ester aufgebaut werden, die dann einen Schutz in der Pflanze bilden, der das Sonnenlicht nicht so stark durchlässt.

Silizium

Silizium ist kein essenzieller Nährstoff und gilt somit nicht als Pflanzennährstoff, sondern als nützliches Element. Es gilt aber eben auch nicht als Biostimulanz. Da stellt sich natürlich die Frage, wo es hinpasst, was man mit dem Element machen kann und vor allem, was es kann. Silizium kräftigt das Gewebe und verstärkt die Zellwände der Pflanze. Es unterstützt die Pflanze auch bei der Regulierung des Wasserhaushalts, außerdem verstärkt es die Zuckerbildung und erhöht damit die Wurzelaktivität. Dadurch wird die Pflanze widerstandsfähiger gegen Pilzerkrankungen und unattraktiv für Insekten. In manchen Kulturen wie z.B. Salat erhöht sich dadurch auch die Transport- und Lagerfähigkeit. „Silizium fördert die Phosphor-, Kalium- und Kalziumaufnahme. Dies führt auch zum Ausgleich der Elemente, d.h. kein Element wird zu viel aufgenommen.“

Verabreicht man Silizium als Blattdünger, ist die Formulierung entscheidend, denn über das Blatt kann nur stabilisierte Orthokieselsäure aufgenommen werden.

Jaworskis Fazit ist, dass Pflanzen Stressphasen wie Kälte, Hitze, Trockenheit oder Strahlung unausweichlich ausgeliefert sind. Auch wenn jedes Jahr anders ist, sollte man die Pflanzen mit einer frühzeitigen, gezielten und wiederholten Applikation mit Blattdüngung in einen ausgewogenen und guten Ernährungszustand versetzen, um eventuelle Stressphasen möglichst unbeschadet zu überstehen. Bei der Dosierung ist vor allem der Bedarf der Kultur ausschlaggebend, dazu kommen die Eigenschaften des Bodens (z.B. pH-Wert, Nährstoffgehalt, Wasserhaltefähigkeit etc.) und Dinge wie die Empfindlichkeit der angebauten Kultur gegenüber Nährstoffmangel.
Damit Pflanzen Zusätzliches leisten können, bezogen auf ihre Fähigkeit zur Anpassung an verschiedenste Stressfaktoren, muss man auch bereit sein, über den Bedarf hinaus düngen.

Einen Beitrag verpasst? Hier sind die Vorträge und Diskussionen auch im Nachhinein verfügbar.