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Längere Saison – neue Möglichkeiten

Håkon Huseby und seine Söhne Kristian und Knut Arne merken es deutlich: Die Anbausaison in Norwegen wird länger. Dadurch eröffnen sich neue Chancen bei der Pflanzenproduktion.

„Ich habe den Betrieb 1988 übernommen, als mein Vater starb. Seitdem ist die Anbausaison länger geworden: eine Woche mehr im Frühjahr und zwei Wochen mehr im Herbst“, sagt Håkon Huseby. Zusammen mit seiner Frau Ragna Kirkeby leitet er die jeweiligen Familienbetriebe Kjølstad und Skoftestad in der Gemeinde Ås, eine halbe Stunde südlich der Hauptstadt Oslo. Es sind reine Ackerbaubetriebe, wie es in der Gegend üblich ist. In Norwegen werden nur 3 % der Fläche bewirtschaftet. Im südlichen Nachbarland Dänemark sind es über 60 %! „In Norwegen beträgt die landwirtschaftliche Fläche etwa eine Million ha. 70 % davon sind nur für den Anbau von Gras geeignet. Auf der verbleibenden Fläche werden überwiegend Getreide und Ölfrüchte angebaut. Das sind auch unsere Hauptfrüchte. Nach und nach haben wir eine immer stabilere und vielfältigere Fruchtfolge etabliert“, erzählt Håkon Huseby.

Vielfältige Fruchtfolge

Heute gibt es auf den beiden Betrieben eine siebenjährige Fruchtfolge. Im ersten Jahr wird Wintergerste angebaut als Vorfrucht zu Winterraps, der wiederum eine gute Vorfrucht für Winterweizen im dritten Jahr ist. Sobald der Weizen gedroschen ist, werden Zwischenfrüchte gesät, ebenso nach Wintergerste im vierten Jahr. Im fünften Jahr werden Ackerbohnen angebaut, im sechsten Jahr dann wieder Winterweizen und Zwischenfrüchte. Die Fruchtfolge endet mit Hafer im siebten Jahr. „Durch die Wintergerste haben wir Zeit, jedes Jahr Winterraps zu säen. Für uns ist das ein stückweit der Schlüssel. In unserer Gegend muss der Raps Anfang August gesät werden. Das schaffen wir in der Regel auch, da wir die Wintergerste für gewöhnlich in der letzten Juliwoche dreschen“, erklärt Håkon Huseby.
Wintergerste wird in Norwegen eigentlich eher selten angebaut, aber bei der Familie Huseby ist sie schon sehr lange ein Teil der Fruchtfolge. „Die Aussaat im Herbst ist in Norwegen weniger üblich, da die Pflanzen oft den Winter nicht überstehen. Aber es gibt ständig neue Sorten. Es geht einfach nur darum, die widerstandsfähigste Sorte zu finden. Wir haben schon vor zehn Jahren angefangen, die winterhärtesten Sorten aus Schweden und Dänemark einzuführen. Im Herbst haben wir mit Yara Mila (NPK 8-10.5-20) gedüngt und gleichzeitig den Bestand gegen überwinternde Pilze gespritzt. Für uns hat das immer gut funktioniert. Man ist allerdings auch stark abhängig von guten Aussaatbedingungen. Wintergerste sollte bis spätestens 15. September gesät sein. Der optimale Zeitpunkt wäre aber früher, um den 20. August, wenn die Wetterbedingungen es zulassen. Wenn man Wintergerste in nassen Boden sät, fällt das Ergebnis eher dürftig aus“, weiß der Landwirt aus Erfahrung.

Konservierende Landwirtschaft

Vor neun Jahren wurde Sommerraps aus der Fruchtfolge genommen und durch Winterraps ersetzt. Ölfrüchte, die im Frühjahr gesät werden, haben in Norwegen nämlich oft große Probleme mit Glanzkäfern und Kohlmotten. Raps, der im Herbst gesät wird, ist schon weiterentwickelt und hat diese Probleme nicht mehr. „Seit wir keinen Sommerraps mehr anbauen, brauchen wir keinerlei Herbizide mehr.“
Eine weitere Veränderung bei der Anbaumethode ist, dass die Bodenbearbeitung Schritt für Schritt reduziert wurde. Auf den meisten Flächen wird nun mit einer Direktsaatmaschine gesät. „Wir halten uns an das Prinzip der konservierenden Landwirtschaft. Unsere Ziele sind eine durchgehende Pflanzendecke und minimale bzw. reduzierte Bodenbearbeitung oder, noch besser, Direktsaat. Und unsere guten Erträge zeigen, dass diese neue Strategie sehr erfolgreich ist”, bestätigt Håkon Huseby.

Erfolgreich mit Direktsaat

2001 hörte er auf zu pflügen. Stattdessen kaufte er den ersten HORSCH Terrano 6 FG in Norwegen. Einige Jahre lang nutzte er den Terrano nach einem flachen Bodenbearbeitungsgang mit der Joker direkt nach dem Dreschen. 2010 kaufte er dann eine Pronto: „Mit dieser Kombination waren wir sehr zufrieden. Wir machten aber trotzdem einige Versuche zur Direktsaat mit der Pronto.“
Sie stellten jedoch fest, dass Striegeln die Unkrautkeimung förderte. Angespornt durch die langjährige Mitgliedschaft in der Foreningen for Reduceret Jordbearbejdning FRDK (Vereinigung für reduzierte Bodenbearbeitung) in Dänemark und wegen der Fördermittel für reduzierte Bodenbearbeitung stand bald eine echte Direktsaatmaschine auf dem Wunschzettel. „Mit Direktsaat und guten Vorfrüchten kann man auch ohne Bodenbearbeitung gute Erfolge erzielen.“
Nach dem heißen, trockenen Sommer 2018 bestätigte sich ihr Vertrauen in das System einmal mehr. Die Durchschnittserträge in der Region lagen bei zwei Tonnen, aber die Familie Huseby erntete über vier Tonnen – und zwar ohne Bewässerung! „Jede Art von Bodenbearbeitung entzieht dem Boden Wasser. Ein weiterer Vorteil der Direktsaat ist, dass es so gut wie keine Verkrustungen oder Oberflächenabfluss gibt.“

Größerer Reihenabstand

Früher war auf dem Betrieb ein Reihenabstand von 12,5 cm die Regel. Mit der Pronto erhöhte er sich auf 15 cm und dann mit der ersten HORSCH Avatar in Norwegen auf 16,7 cm. „Ich habe vollstes Vertrauen in die Avatar. Sie legt das Saatgut äußerst präzise ab und bewegt kaum Boden.“

Die Direktsaatmaschine wurde im Herbst 2019 geliefert. Im Sommer 2021 kam dann ein gebrauchter Focus 4 TD aus Dänemark dazu. „Mit Avatar und Focus braucht man eigentlich gar keine vorbereitende Bodenbearbeitung mehr. Unser Plan ist, nur alle zehn Jahre eine Bodenbearbeitung durchzuführen – immer dann, wenn wir Klärschlamm ausbringen. Ansonsten säen wir nur direkt. Im Moment säen wir Winterraps mit dem Focus. In einem dreijährigen Versuch mit dem Norsk institutt for bioøkonomi NIBIO (Norwegian Institute for Bioeconomics) haben wir auch die Aussaat von Winterweizen mit einem Reihenabstand von 28,7 cm getestet. Meine Schätzung lag bei einem Ertragsverlust von 500 bis 1.000 kg. Aber die Ertragszahlen im ersten Jahr sind absolut überraschend. Das Feld, auf dem mit dem Focus in Direktsaat gesät wurde, war das Feld mit dem höchsten Ertrag – über 12 t/ha! Ich scheue mich daher nicht, mit einem größeren Reihenabstand zu arbeiten. Aber eins ist klar: Es gibt noch viel zu lernen. Wenn man z.B. Sommerweizen auf einem ebenen Feld in harten, schweren Tonboden sät, kann das schon wieder ganz anders aussehen. Da sind wahrscheinlich 12,5 cm besser. Aber mit unserer Anbaustrategie mit Fruchtfolge und Zwischenfrüchten haben wir kein Problem damit, den Reihenabstand zu vergrößern.“

Nützliche Erfahrungen von Referenzflächen

Als Zwischenfrüchte werden auf dem Betrieb hauptsächlich Futterwicke, Ölrettich und Geißblatt angebaut. Aber in Zusammenarbeit mit dem Norwegischen Landwirtschaftlichen Beratungsservice (NLR) testet die Familie Huseby auch andere Zusammensetzungen und Anbaumethoden. „Unser Betrieb liegt nahe am Oslofjord, wo die Wasserqualität für die Behörden oberste Priorität hat. Daher bekommen wir Fördergelder für den Anbau von Zwischenfrüchten und für Minimalbodenbearbeitung. Aber wenn man sieht, wie wichtig Zwischenfrüchte für einen hohen Ertrag sind, motiviert allein das schon. Auf Feldern mit mittleren bis guten Zwischenfrüchten können wir im folgenden Frühjahr 1/3 Dünger einsparen“, bestätigt Håkon Huseby.

Bei bis zu 10 t oder mehr Winterweizen könnten die vielen Strohrückstände Probleme machen, aber auch hier haben die Zwischenfrüchte einen positiven Effekt. „Jede Form von reduzierter Bodenbearbeitung beginnt beim Mähdrescher. Das Stroh muss sauber geschnitten und gleichmäßig über die gesamte Länge des Schneidwerks verteilt werden. Letztes Jahr haben wir fast 11 t Winterweizen geerntet – und natürlich blieb auch eine entsprechende Menge an Stroh auf der Oberfläche liegen. Ohne die Zwischenfrüchte hätte die Umsetzung sehr lange gedauert, wie es auf den Referenzflächen zu sehen war. Egal welche Feldtests man macht, Referenzflächen sind extrem wichtig.“

Über den Betrieb Kjølstad Drift:

440 Hektar Pflanzenbau. 150 Hektar ist Eigentum, der Rest ist gepachtet.

Fruchtfolge
Jahr 1: Wintergerste
Jahr 2: Winterölraps

Jahr 3: Winterweizen vor Zwischenfrucht
Jahr 4: Wintergerste vor Zwischenfrucht
Jahr 5: Bohnen mit Weißklee
Jahr 6: Winterweizen vor Zwischenfrucht
Jahr 7: Hafer

Erträge im 10-Jahres-Durchschnitt
8.000 kg/ha Winterweizen
4.200 kg/ha Sommerbohnen
7.000 kg/ha Wintergerste
4.000 kg/ha Winterölraps
6.500 kg/ha Sommergerste
6.500 kg/ha Sommerhafer

Mehr Luft im Boden durch Regenwürmer

Håkon Huseby ist immer auf der Suche nach Wissen und Inspiration – rund um seinen Betrieb herum, aber auch im Ausland. Seine Söhne Kristian und Knut Arne, die den Betrieb 2022 übernommen haben, halten es genauso. „Es mag vielleicht töricht erscheinen, so viel Zeit in eigene Versuche zu stecken. Aber ich wollte meinen Söhnen vermitteln, dass Ackerbau immer ein Auf und Ab ist – und egal, was dabei herauskommt: Man gewinnt in jedem Fall an Erfahrung. Außerdem ist es spannend und es macht Spaß, mehr zu lernen. Und wir müssen ja auch von Jahr zu Jahr besser werden. Im Herbst 2014 fuhren wir nach Dänemark, um mehr über Zwischenfrüchte zu erfahren. Eines der wichtigsten Dinge, die wir lernten, war es, den Spaten zu benutzen! Dänische Landwirte legen extrem viel Wert auf Bodengesundheit. Eine gute Fruchtfolge bringt einen gesunden Boden mit vielen Regenwürmern. Das war sehr lehrreich!”

Nach der Rückkehr setzten die Husebys die Ideen gleich in die Praxis um und der Spaten ist seitdem immer auf dem Feld mit dabei. „Die Anzahl der Regenwürmer hängt ab vom Bodenbearbeitungsverfahren. Regenwürmer mögen weder Pflug noch Striegel. Bei der konservierenden Landwirtschaft, wo das Stroh immer auf der Oberfläche belassen wird, siedeln sich deutlich mehr Regenwürmer an. Vor allem die großen, die senkrecht nach unten graben. Regenwürmer verursachen keine Betriebskosten, stellen aber eine optimale Entwässerung sicher und bringen Luft in den Boden. Nach ein paar erfolgreichen Jahren mit Zwischenfrüchten und Direktsaat auf gepachtetem Land stellen wir oft fest, dass das Wasser in den Gräben besser abläuft.“
Eine weitere positive Auswirkung der Zwischenfrüchte ist, dass Nährstoffe aufgenommen und für die nächste Saison gespeichert werden. „Gute Zwischenfrüchte ersetzen hohe Düngermengen. Bei Versuchen mit Gerste in Dänemark wurde ein maximaler Ertrag mit nur 80 kg N erreicht. Wir bringen eine kleine Glyphosatgabe nach jeder Zwischenfrucht aus. Wenn man eine Sämaschine hat, die das Saatgut in sauberen Boden auf 3 bis 4 cm Tiefe ablegen kann, sehe ich keinen Grund für eine intensive Bodenbearbeitung. Wir sparen viel teuren Diesel und wir bekommen Fördergelder für Direktsaat und Zwischenfrüchte. Seit wir die Avatar gekauft haben, sind unsere Erträge nicht zurückgegangen im Vergleich zu der Zeit, als wir noch gepflügt und Bodenbearbeitung gemacht haben. Es ist absolut möglich, mit einer Direktsämaschine hohe Erträge zu erzielen“, bestätigt Håkon Huseby.

Eigene und gepachtete Flächen entwässern

In der Region, in der die Husebys leben, fällt jährlich 800 bis 900 mm Niederschlag. In intensiven Regenperioden fällt sehr viel Regen, allerdings gibt es auch entsprechend längere Zeiträume ohne Regen. „Als ich jung war, fuhren wir jedes Jahr vor Weihnachten zum Skifahren. Die Winter waren streng und lang und es gab Schnee ab Dezember den ganzen Winter hindurch. In diesem Winter war es im März kälter als im Januar und der Schnee wurde immer wieder vom Regen weggewaschen.  Das Klima hat sich verändert und es wird immer milder. Dadurch ist der Boden weniger geschützt und deshalb finden wir konservierende Landwirtschaft so interessant. Es ist ein gutes Gefühl, wenn die Felder entweder mit Zwischenfrüchten bedeckt sind oder schon Winterkulturen gesät sind ohne vorherige Bodenbearbeitung. Der Boden bleibt auf dem Feld.“

Trotz Zwischenfrüchten und einer vielfältigen Fruchtfolge – die Basis für hohe Erträge muss gegeben sein. Die Husebys haben viel Geld in Drainagen und Kalkung investiert. „Eine gute Entwässerung ist unheimlich wichtig. Unser Ziel ist es, 10 ha pro Jahr zu drainieren. In einem Jahr haben wir sogar mal 77 ha Pachtflächen drainiert! Der Abstand der Entwässerungsgräben liegt bei sechs bis sieben Metern.“

Ziel: hoher pH-Wert

Die Böden sind sehr unterschiedlich und sogar auf einem einzigen Feld sind unterschiedliche Bodenarten zu finden – von Sand bis harten Lehm. Was den pH-Wert angeht, müssen sie die Unterschiede innerhalb eines Felds berücksichtigen. Um auf einem Feld den gleichen pH-Wert zu erreichen, bringen sie schon seit vielen Jahren Kalk über GPS-Signale aus. „Unser Ziel ist ein pH-Wert von 6,7 bis 7,0. Es ist besser, häufiger kleine Mengen an Kalk auszubringen. Besonders bei der konservierenden Landwirtschaft, wo viel Feinerde und organisches Material auf der Oberfläche liegen.”
Verglichen mit Håkon Husebys Anfangsjahren als Landwirt hat sich die Strategie in Sachen pH-Wert deutlich verändert: „Der richtige pH-Wert war uns schon immer wichtig, aber unsere Strategie haben wir oft angepasst. In den 80er-Jahren war 6 wunderbar. Heute zeigen schwedische Feldtests, dass man die höchsten Erträge bei 7,2 erzielt. Also passt unser Ziel von 7,0. Bei den heutigen Düngerpreisen wird es immer wichtiger, die teuren Nährstoffe optimal zu nutzen. Mit einem pH-Wert von 6,0 nutzt man angeblich nur die Hälfte des ausgebrachten Phosphors. Man muss sich immer die Kosten vor Augen führen. Und obwohl es teuer ist, Kalk auszubringen, ist es noch viel teurer, es nicht zu tun!“