Solus – Das Säen der Zukunft? Potenziale und Grenzen
Die Zukunftsthemen im Bereich Saat drehen sich in erster Linie um die Präzision der Ablage. Bei HORSCH arbeitet man an einer neuen Sämaschine, die den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden soll. Philipp Horsch erklärt, was die Besonderheiten und Potenziale der neuen Engsaatmaschine Solus sind und wo die Grenzen liegen.

Eines der Zukunftsthemen, das bei der Aussaat eine große Rolle spielt, ist die Präzision, also Tiefe, Standraum und Einbettung des Saatguts. Seit vielen Jahren werden diese Punkte bei HORSCH intensiv betrachtet und kontinuierlich verbessert. Über die Jahre hinweg hat man so ein immer besseres Level der Ablage von Getreide- und Rapssaatgut mit der Scheibenschartechnik erreicht. Im Laufe der Zeit kamen auch stets weitere Herausforderungen hinzu, wie z.B. die Reduzierungsziele im chemischen Pflanzenschutz, der Wegfall von Wirkstoffen oder die veränderten klimatischen Rahmenbedingungen, auf die es zu reagieren gilt.
„Die präziseste Schartechnik, die wir heute zur Verfügung haben, ist die Einzelkornreihe aus unserer Maestro Baureihe“, fasst Philipp Horsch zusammen. Die Exaktheit kommt aus der Kombination eines Doppelscheibenschars mit seitlicher Tiefenführung unmittelbar an der Stelle, an der auch das Saatgut abgelegt wird. „Tiefe können wir viel besser und konstanter halten, wenn wir nicht hinter der Reihe, sondern direkt an der Säscheibe zwei Führungsräder laufen lassen“, erklärt er die Grundsätze. Zudem wird durch die gleichmäßige Rückverfestigungswirkung der beiden seitlichen Tiefenführungsrollen links, rechts und unterhalb der Saatrille eine perfekte, vergleichmäßigte Keimzone für das Saatkorn geschaffen. Dies kombiniert mit der besseren Tiefenführung sind die zwei wesentlichen Faktoren für den so gleichmäßigen und sicheren Auflauf, den man von Maisdrillen her kennt.
Um die Präzision eines Einzelkornaggregates zu nutzen, sind größere Reihenabstände notwendig. Mit der Pronto DC sind Reihenabstände von 15 cm etabliert worden. „Wir sprechen bei der Engsaat mit Einzelkornaggregaten aber von Reihenabständen ab 22,5 cm. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass ein größerer Reihenabstand in sehr vielen Regionen ackerbaulich funktioniert und die Erträge damit nicht zurückgehen. Hier zehren wir von sehr viel Wissen“, erklärt Philipp Horsch.
Anfänge
Bereits vor 17 Jahren begann man bei HORSCH, sich intensiver mit der Thematik der Vereinzelung auseinanderzusetzen. Das erste System, das damals gebaut wurde, war ein Überdrucksystem mit einer flexiblen Schussleitung und einer Lochscheibe. Es ging darum, Kleinsämereien wie Getreide und Raps sowie auch die klassischen Reihensaaten Mais, Soja, Rüben und Sonnenblumen zu vereinzeln und zu applizieren. Hier lag bei HORSCH der Anfang für die Arbeit mit Überdruck- und Schusssystemen.
„Allerdings haben wir uns im Entwicklungsprozess damals entschieden, erst einmal mit einem mechanischen System für die Vereinzelung von ausschließlich Mais und Sonnenblumen zu starten, das wir damals von einem amerikanischen Hersteller zukauften“, erklärt Philipp Horsch den Entwicklungsweg.
Parallel wurde mit der Entwicklung des SingularSystems begonnen und in den Serieneinsatz gebracht. Kern der Entwicklung ist ein Dosierer, der mit Fliehkraft Getreide, vor allem Raps und Weizen, mit hoher Frequenz vereinzeln kann. Für die optimale Einbettung des Saatgutes wurde das bekannte TurboDisc Doppelscheibenschar um ein Fallrohr, eine Kufe und eine Fangrolle erweitert. „Wir haben sehr viele Erfahrungen mit dem SingluarSystem gesammelt, die wir jetzt in unserem neuen Projekt sehr gut nutzen können. Speziell an der Schartechnik wird gearbeitet, um etwas weniger stark auf die perfekten Saatbettbedingungen angewiesen zu sein!“
Der nächste große Schritt war die Entwicklung der aktuellen Einzelkorndosierer. Auf einer technisch sehr ähnlichen Basis sind ein Vakuum- und ein Überdruckdosierer entstanden. Die AirVac und AirSpeed Technik basiert auf der Überlegung, hohe Präzision bei sehr geringem Einstellungsaufwand auf der einen Seite und möglichst hohe Flexibilität in Bezug auf Kulturen auf der anderen Seite zu realisieren. „Heute können wir alle gängigen Einzelkornkulturen hochpräzise dosieren sowie zusätzlich Raps, Weizen, Roggen und Gerste“, schildert Philipp Horsch den Erfolg. „Die letzteren Kulturen sind aber aufgrund der deutlich höheren Saatstärken nur sinnvoll mit dem AirSpeed Dosierer. Mit Überdruck können deutlich höhere Kornfrequenzen präzise in die Saatfurche transportiert werden“.
Erste Versuche
Vor etwa vier Jahren unternahm man erste Versuche mit dem AirSpeed Dosierer auf der Avatar. Hier konnte man bereits viel Erfahrung im Bereich von 25 cm Reihenabstand sammeln, jedoch mit einem Einscheibenschar. Die Ernüchterung kam schnell: Die Körner konnten hinter dem Einscheibenschar nicht präzise genug gefangen werden, da die Rille nicht homogen genug war, was daran lag, dass sich auf der einen Seite eine Scheibe befand und auf der anderen Seite eine Kufe. Dadurch war es nicht möglich, die Körner präzise genug mittig unter die Fangrolle zu schießen.

Damit gab man sich bei HORSCH nicht zufrieden und unternahm weitere Bestrebungen in diese Richtung. „Wir haben zu dieser Zeit bereits begonnen, für China einen Engsaatkörper für Mais und Sojabohnen zu entwickeln“, erzählt Philipp Horsch. „Ein schlankes Aggregat, das Reihenabstände kleiner 25 cm zuließ. Seit 2019 sind wir damit im Serieneinsatz in China.“
Zukunftsfähigkeit
Der nächste Schritt war, den AirSpeed Dosierer auf den schlanken Maestro Körper zu setzen und eine Maschine mit einem Strichabstand von 22,5 cm zu bauen. „Das folgt einer Logik, einer jahrzehntelangen Logik. Neue Themen, die von der Seite hinzukommen, beflügeln das Ganze“, sagt Philipp Horsch. Die weite Reihe mit gleichmäßig entwickelten Pflanzen und gleichmäßigerer Standraumverteilung in der Reihe könne mehrere Zukunftsthemen gleichzeitig bedienen.
Unter anderem die mechanische Unkrautregulierung. Bei weiteren Reihen ist der Reihenzwischenbereich leichter zu hacken. Der Anteil an Reihen je Meter Arbeitsbreite ist geringer und somit auch der Bereich, der heute nicht gehackt werden kann. Wenn zukünftig in der Reihe gehackt werden soll, ist es technisch einfacher zu realisieren, sofern die Pflanzenabstände gleichmäßig bzw. die theoretischen Pflanzenzwischenbereiche mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagbar sind. Kameratechnik und KI könnten so deutlich bessere Ergebnisse liefern.
Durch eine verbesserte Belüftung der Reihen und kürzere Phasen der Blattnässe ist es möglich, gesündere Pflanzenbestände zu erreichen - ein wesentlicher Punkt in Bezug auf die Reduktion von chemischem Pflanzenschutz.
Zudem besteht dadurch die Option für eine präzisere Nährstoffversorgung der Pflanzen. Darüber hinaus bringt die Bandapplikation von Herbiziden weiteres Reduktionspotenzial des chemischen Pflanzenschutzes mit sich.
„Insgesamt geht es aber natürlich immer auch um das geschickte Nutzen der Ertragsreserven im Ackerbau. Bekommen wir es hin, gleichmäßige, optimal abgelegte Bestände zu etablieren, steckt hier sicherlich ein weiterer Schlüssel für Mehrerträge bzw. Ertragsstabilität.“
„Letzten Sommer haben wir dann begonnen, die ersten Versuche in Deutschland in der Flächenaussaat zu machen“, erklärt Philipp Horsch. Die ersten Tests mit einem 3-Punkt Gerät von sechs Metern waren sehr vielversprechend. „Der neue Engsaatkörper funktioniert. Natürlich gibt es auch Anpassungsbedarf, aber grundsätzlich funktioniert es“, freut sich Philipp Horsch.
Solus – Grossflächenmaschine
Der Name für das neue Großflächenprodukt von HORSCH ist Solus. „Damit wollen wir den Anforderungen unserer Landwirte gerecht werden,“ erklärt Philipp Horsch. Aktuell wird ein 10,6 Meter breiter, 47-reihiger Prototyp der Solus gebaut. Im Herbst dieses Jahres sollen die ersten Tests bei der Aussaat von Weizen, Raps, Roggen und Gerste durchgeführt werden, nächstes Jahr im Frühjahr dann mit Bohnen und Rüben. Auf Basis der daraus gewonnenen Erkenntnisse müsse man sehen, wie es mit der Reihe weitergeht und welche Dinge noch angepasst werden müssen.
Mit der Kombination von Engsaatkörper und AirSpeed Schussdosierer geht man bei HORSCH einen neuen Weg, der auf Erfahrungen und Komponenten der letzten Jahre basiert. Zentrale Fragen dabei sind, ob dieses Verfahren das Zeug zu einem neuen Trend in der Saat hat, wo die Grenzen der Maschine liegen und für welche Gegebenheiten sie geeignet ist. „Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns sehr intensiv“, erklärt Philipp Horsch. „Das Ganze muss man auch immer kritisch hinterfragen,“ betont er. Einschränkungen können z.B. späte Saat oder auch Nässe sein. Es werden immer wieder auch Situationen kommen, in denen das parallelogrammgeführte Säaggregat an seine Grenzen stößt.
Potenziale und Grenzen
In gewissen Regionen und Ackerbaubedingungen würde die Maschine sehr gut funktionieren, in anderen weniger gut. Aufgrund des Gewichts der Solus seien vor allem nasse Regionen eine Herausforderung. Zu guten Zeitpunkten sei hochpräzises Arbeiten möglich, aber es werde auch Zeitpunkte geben, zu denen man eine Alternative benötige. „Eigentlich sind auch Maschinen, die wir heute schon haben, gelegentlich schon zu schwer,“ fügt Philipp Horsch hinzu.

Großes Potenzial sieht er dagegen in trockenen Regionen. So kann bei der Solus Reihe die Saattiefe einfacher als beispielsweise bei der Pronto reguliert werden. Was besonders mit Blick auf die Zukunft und sich verändernde Wetterbedingungen ein großer Vorteil ist. Dadurch kann eine ideale Nutzung von Ressourcen wie Wasser oder Nährstoffen gewährleistet werden.
Welche Märkte sich dann für die Solus Reihe ergeben, wird sich zeigen. „Wir wissen, was die Potenziale sind. Wir wissen aber auch, wo die Grenzen liegen“, erklärt Philipp Horsch. Man dürfe nicht zu blauäugig sein und behaupten, diese Maschine sei für alle Regionen und Gegebenheiten gleichermaßen geeignet, sondern man müsse die spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten der jeweiligen Gebiete berücksichtigen. Dennoch sieht er in der Solus und der darin verbauten Kombination aus Engsaat und AirSpeed System das Potenzial, zu einer „wichtigen Form des Säens der Zukunft zu werden“. Vor allem mit Blick auf sich verändernde Rahmenbedingungen würde das Ganze rund werden. Dennoch werde es eine Herausforderung bleiben, auf Volatilität reagieren zu können.
Auf der diesjährigen Agritechnica im November soll das Thema Engsaat sowie das neue Saatverfahren mit der Kombination von Engsaat und den Vorteilen des AirSpeed Dosierers, das auf langjährigen Erfahrungen und Entwicklungen basiert, am Stand von HORSCH vorgestellt werden.