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Säverfahren bei der Direktsaat

In der letzten terraHORSCH Ausgabe berichteten wir in unserem Beitrag „Die hohe Kunst der Direktsaat“ mit Michael Horsch über die Direktsaat als wassersparendes Verfahren, den Zwischenfruchtanbau bei der Direktsaat, was ein bedeckter Boden bewirken und wie Direktsaat in Zukunft aussehen kann.

In dieser Fortsetzung erklärt Michael Horsch unter anderem, welches Säverfahren am besten wohin passt, wie es angewendet wird und welche Vorarbeiten nötig sind. Der Fokus liegt dabei auf der Scheiben- und Zinkentechnik.

Wo bietet sich welche Technik an?

„Aus unserer Vergangenheit haben wir sehr viel Erfahrung mit Zinkensystemen für die Direktsaat“, fasst Michael Horsch zusammen. Die Airseeder Technik und dann die Sprinter Baureihe mit den unterschiedlichen Werkzeugen sind über die Jahre immer weiter optimiert und angepasst worden. Sie bieten heute viele Möglichkeiten - von Direktsaat mit sehr geringem Bodeneingriff bis hin zur fast vollflächigen Arbeit.

Die Zinkentechnik kommt z.B. in Regionen zum Einsatz, in denen direkt nach der Ernte in frische Rückstände der Vorfrucht gesät werden soll. Das ist z.B. für Raps oder Zwischenfrüchte der Fall. Der Säzinken hat immer einen räumenden Charakter und hinterlässt eine saubere Säfurche für einen guten Bodenkontakt des Saatgutes.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil in kalten Regionen ist die etwas schnellere Bodenerwärmung. „Z.B. in Kasachstan (tendenziell schmale Zinken und Aussaat in die offene Furche) wird sehr erfolgreich mit dem Sprinter NT gesät. Der Zinken räumt den Boden und hinterlässt eine fast schwarze Oberfläche, die sich schnell erwärmen kann und für einen raschen Start der Kultur im kalten Frühjahr sorgt“, berichtet Michael Horsch von seinen Erfahrungen.

„In den letzten 10 Jahren haben wir uns immer intensiver auch mit der Scheibendirektsaat beschäftigt.“ Gerade in Regionen mit sehr viel Wasser oder in sehr trockenen Bedingungen ist eine Sätechnik notwendig, die deutlich weniger Boden bewegt als ein Säzinken. In Brasilien z.B. wollen die Kunden eigentlich unter das Stroh der Vorfrucht oder der Zwischenfrucht säen. Wird zu viel „offener Boden“ hinterlassen, steigt die Gefahr der Erosion deutlich an und die Bodentemperatur geht aufgrund der fehlenden Bodenbedeckung stark nach oben. Das HORSCH SingleDisc Säschar ist aus agronomischer Sicht optimiert für eine möglichst geringe Bodenbewegung und eine präzise Saatgutablage. „Das Säschar unserer Avatar öffnet eine sehr schlanke Rille und legt Saatgut sehr präzise am Furchengrund ab. Die einstellbare Schließrolle sorgt für die notwendige Bodenbedeckung.“

Stroh - Unterstützung und Herausforderung gleichermaßen

„Die Ernterückstände der Vorfrucht oder einer gut entwickelten Zwischenfrucht sind gleichzeitig Chance und Herausforderung.“ Stroh liefert Nährstoffe und organische Substanz und ist somit ein wichtiger Baustein des Humuserhaltes und -aufbaus. Die Rückstände an der Oberfläche schützen vor Erosion und können den Boden kühlen. „Bekommen wir zwischen den Reihen der neuen Kultur eine intensive Bedeckung mit Strohmulch hin, kann das unter trockenen, heißen Bedingungen helfen, den Boden nicht weiter aufzuheizen.“ Die Strohauflage bildet eine Art Isolierung an der Bodenoberfläche. Die Luftpolster im Strohmulch halten Hitze von der Bodenoberfläche ab. Gerade helles Stroh, z.B. von Weizen, reflektiert zusätzlich Sonnenstrahlung, was zu einer geringeren Bodenerwärmung führt. In Regionen mit hohen Temperaturen und dunklen Böden kann dieser Effekt besonders interessant sein.

Säen in Weizenstroh mit Scheibentechnik

Stroh ist aber nicht gleich Stroh. Man muss unterscheiden zwischen den verschiedenen Früchten, die unterschiedlich viel Strohmenge liefern, und natürlich den Eigenschaften der Rückstände. „Eine große Herausforderung ist es immer dann, wenn man in weißes, also frisches Weizen-, Gersten- oder Roggenstroh säen will. Unmittelbar nach der Ernte ist das Stroh sehr zäh und lässt sich nicht gut schneiden. Die Aussaat mit Scheibentechnik birgt dann die Gefahr, dass Stroh mit in den Säschlitz gedrückt wird und der Bodenschluss und damit auch der Feldaufgang leidet. „Räumscheiben helfen da viel, aber das geht nur bei 25 cm Reihenabstand.“
Deutlich einfacher lässt sich mürbes Stroh in der Direktsaat händeln. „Treffen nach der Ernte 4 bis 5 Wochen Sonne und evtl. noch ab und zu ein Regenschauer auf z.B. Weizenstroh, lässt sich das Stroh wesentlich einfacher mit einer Scheibe schneiden und die Gefahr des sogenannten „Hairpinnings“ geht deutlich zurück.“

Muss direkt nach der Ernte in frisches Stroh gesät werden, macht es Sinn, die Rückstände vorher leicht zu bearbeiten. Eine Lösung könnte hier sein, mit einer Cultro mit Striegel vorauszufahren, um das Stroh auszurichten und vorab schon etwas zu knicken. Das hat den Effekt, dass man später leichter mit der Scheibe durchkommt und weniger Stroh in die Säfurche einzieht. Auch in Bezug auf Kapillarität und Wasserverlust ist die Cultro insgesamt sehr interessant. „Selbst in sehr trockenen, staubigen Verhältnissen kann man so immer noch Boden bewegen, auch wenn es nur 1 bis 2 cm sind. Das reicht schon aus, um die Kapillaren zu schließen. Das ist elementar wichtig. Denn wenn man trockene Risse zubekommt, zieht es unter die oben liegende Staubschicht noch Restfeuchte. Wenn man so die Feuchtigkeit aus dem Boden hochzieht und dann sät, besteht die Chance, dass man die Aussaat erfolgreich zum Keimen bringt.“
Um das Thema Risse nochmal aufzunehmen: Hat ein Boden Risse, werden diese mit zunehmender und anhaltender Trockenheit größer. Die Risse wirken wie ein Kamin, d.h. das Wasser tritt durch diese Risse komplett aus und verdunstet. Das erschwert natürlich die Saat und das Ankeimen erheblich. „Bei einem Tonboden hat man dann wiederum das Problem, dass er wie Beton wird, je länger die Sonne draufscheint.“ Hier müsste man die Risse vorher verschließen. Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren zeigen, dass auch hier die Cultro TC ein hervorragendes Werkzeug mit wenig Aufwand ist.

Säen in frisches Weizenstroh mit Zinkentechnik

Die Alternative ist, dass man bei weißem Stroh grundsätzlich mit Zinkentechnik arbeitet. Dies sieht man auch sehr häufig in Frankreich. „Hier haben Landwirte auf ihren Sprintern schmale Zinken, um vor allem Zwischenfrüchte, manchmal auch Raps, zu säen. Denn mit diesen schmalen Zinken lässt sich das Stroh einfach aus dem Schlitz räumen.“
Bei Zwischenfrüchten muss man außerdem nicht extrem viel Wert auf die Struktur legen. „Da geht es nicht um absolute Perfektion.“ Will man jedoch eine Hauptkultur, wie beispielsweise Raps, in einen ausgetrockneten Boden einbringen, ist die Bodenstruktur sehr wichtig, auch wenn man das Stroh gut im Griff hat. „Hat man bei der Ernte zum Beispiel viele Spuren ins Feld gefahren, kann die Direktsaat zwar funktionieren, aber man muss sich auch nicht wundern, wenn die Pflanzen im Bereich der Spuren schlechter keimen und eine schlechtere Wurzelentwicklung zeigen. Vor allem beim Dreschen merkt man dann deutlich, wo die Spuren waren. Denn dort ist der Bestand lichter und man hat gegebenenfalls auch Ertragsverluste.“

Für eine gute und richtige Bodenstruktur kann man aber ein Gefühl entwickeln. Sind die Bodenbrocken porös und haben kleine Poren, kann auch ein ausgetrockneter Boden Wasser aufnehmen und quellen. Haben die Brocken jedoch glatte, scharfe Kanten ohne Poren, weiß man, dass der Boden verdichtet ist. „In dem Fall wird es auch nicht besser, wenn es regnet. Im Gegenteil. Es wird sogar eher schlechter. Deshalb spielt in den Regionen, in denen Direktsaat gemacht wird, die Zwischenfrucht auch mehr oder weniger eine große Rolle, um Strukturen aufrechtzuerhalten.“
Wie im vorangegangenen Beitrag schon erwähnt, spielt beim Getreide auch die Stoppellänge und die Strohverteilung eine Rolle. Hier kann es schnell ein Problem mit Mäusen geben, was für Michael Horsch in Mitteleuropa eines der größten Probleme bei der Direktsaat ist.

Rotative Direktsaat und warum sie in Zentral- und Westeuropa immer mehr zur Alternative wird

Die rotative Direktsaat wird immer mehr zur Alternative. Der treibende Faktor für die rotative Direktsaat ist, wenn Bedingungen und Bodenstruktur passen, ebenso der Zustand der Rückstände und der Vorfrucht. Direktsaat kann mindestens genauso gut und ertragreich sein, als wenn man nach intensiver Bodenbearbeitung sät.
„Unter rotativer Direktsaat verstehen wir den abwechselnden, aber situationsangepassten Einsatz der Direktsaat von Jahr zu Jahr und je nach Kultur.“ Treiber für dieses Verfahren v.a. in Europa sind drei wesentliche Punkte:

  1. Für die Direktsaat ist nicht jede Fruchtfolge geeignet. In der aus der Vergangenheit oft etablierten Fruchtfolge Raps-Weizen-Gerste oder Raps-Weizen-Weizen war die Aussaat der Folgekultur oft nicht in Direktsaat mit hohen Erträgen möglich. „Wir alle waren mit diesen kurzen Fruchtfolgen lange Jahre sehr, sehr erfolgreich unterwegs. Allerdings sind wir heute, beeinflusst durch verschiedene Faktoren wie Resistenzen, Rahmenbedingungen usw., vielerorts wieder bei breiteren Fruchtfolgen“. Sind 30 bis 40 % Frühjahrskulturen wie Mais, Soja, Zuckerrüben oder Sonnenblumen in der Fruchtfolge, öffnen sich Anbaufenster für Zwischenfrüchte. Oder es stehen Kulturen in der Folge, die einfach direkt gesät werden können. „Wir beobachten sehr oft, dass unsere Kunden mit einer guten Zwischenfrucht im Frühjahr z.B. Zuckerrüben in eine perfekte Bodenstruktur ohne weitere Vorarbeit hineinsäen. Da macht es wenig Sinn, mit einer Saatbettbereitung Spuren in den Acker zu fahren.“
  2. Ein weiterer Grund für Direktsaat sind außerdem die immer größer werdenden klimatischen Veränderungen. „Wir merken, dass es immer längere, sehr heiße und trockene Perioden gibt und man im August/September bestimmte Kulturen säen muss, sei es Raps, Zwischenfrüchte oder zum Teil auch frühgesäter Weizen oder Gerste. Jede Bearbeitung führt auch zu mehr Austrocknung im Boden, weniger Bodenschluss, mehr Brocken und weniger Feinerde usw. In solchen Situationen ist es besser, das Stroh an der Oberfläche liegen zu lassen, Risse und Poren durch einen Durchgang z.B. mit der Cultro TC zu schließen und dann zeitgerecht und mit etwas Feuchtigkeit im Boden zu säen. Also unter Bedingungen zu säen, in denen die Struktur und das Stroh stimmen, man sauber ablegen kann und nicht zwingend bearbeiten muss. Prinzipiell ist es so: „Immer dort, wo hohe Rückstände sind, muss man mit der Direktsaat etwas mehr aufpassen als dort, wo geringe Rückstände sind wie nach Soja, Raps, Sonnenblumen oder Erbsen.“
  3. In Bedingungen mit sehr guter Bodenstruktur, weiterer Fruchtfolge und sauberer Ernte bzw. mit ausreichend Zeit, um Stroh mürbe werden zu lassen, ist die rotative Direktsaat auch finanziell interessant. Weniger Überfahrten und damit weniger Einsatz von Zeit, Maschinen und Diesel kombiniert mit sehr guter Aussaatqualität können v.a. auch aus wirtschaftlicher Sicht ein entscheidender Faktor sein.

„Das Thema Ernterückstände, also Stroh, zieht sich wie ein roter Faden durch die Direktsaat“, bringt es Michael Horsch auf den Punkt. Vor allem hohe Getreidestrohmengen, hauptsächlich Weizen gefolgt von Gerste und Roggen. Roggen ist am wenigsten problematisch, auch wenn es große Strohmengen sind, danach folgt Gerste und Weizen ist immer am schwierigsten. Das liegt weniger an der Menge als am C/N-Verhältnis im Stroh und dadurch an der Art, wie es verrottet.