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Strategisch planen – flexibel umsetzen

Mit der neuen Organisationsstruktur und dem Umzug in ein neues Bürogebäude kann der Einkauf bei HORSCH noch agiler und flexibler arbeiten. Dies ist vor allem unter den Bedingungen der Pandemie und den damit einhergehenden Preissteigerungen am Markt hilfreich. Dr. Johann Neidl, Leiter Purchasing and Digitalization, erzählt mehr dazu.

terraHORSCH: Was hat der Umzug bewirkt? Wie sieht die Arbeit in der Abteilung Einkauf bei HORSCH jetzt aus?
Dr. Johann Neidl:
Der Umzug hat sich positiv ausgewirkt. Durch die neuen Gegebenheiten kann eine noch engere Verzahnung zwischen den unterschiedlichen Einkaufsteams – operativer Einkauf, Projekteinkauf etc. – realisiert werden. Die Arbeitsweise war ohnehin schon sehr agil und flexibel und konnte nun durch das Raumkonzept und die Veränderung der Arbeitsweise noch verstärkt werden. Alle sitzen auf einer Ebene. Kurze Wege, optimaler Informationsfluss und Kommunikation unterstützen eine schnelle Abstimmung und Reaktion auf Marktveränderungen.
Bei Bedarf sitzen die Projekteinkäufer auch temporär in der Entwicklungsabteilung. So sichern wir über den Zeitraum, in dem produktspezifisch richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden, eine enge Abstimmung zwischen Technik und Einkauf ab. Durch diese konzentrierte Know-how-Bündelung ist gewährleistet, dass alle notwendigen Produktinformation zum richtigen Zeitpunkt zusammenlaufen. Durch die wechselnden Arbeitsplätze werden der interdisziplinäre Austausch, Agilität und Flexibilität positiv beeinflusst. Die Wege sind kurz, man kommt rascher an wichtige Infos und Lösungen lassen sich schneller finden.
Der Umzug vom alten in das neue Gebäude hatte auch das Ziel, dass Ideen und Informationen zwischen den KollegInnen schneller und besser fließen können. Dementsprechend wurden auch die neuen Räume gestaltet. Dort befindet sich eine Kommunikationszone, in der man sich zum Austausch zusammenfinden kann. Das war auch der Grundgedanke hinter dem Raumkonzept: etwas Neues einzurichten, wo die Leute zusammenkommen, Ideen und Konzepte entstehen und Lösungen gefunden werden können. Mit dieser Arbeitsweise entstehen neue kreative Ansätze, die notwendig sind, um kontinuierlich Effizienz und Performance zu steigern.

terraHORSCH: Ein interessanter Ansatz, kreative Ansätze im Einkauf zu pushen, andere Wege zu gehen.
Dr. Johann Neidl:
Wiederkehrende manuelle sowie nicht kreative Tätigkeiten, z.B. Bestellungen von Komponenten, die nach definierten Regeln als automatisiert bestellbar eingestuft werden, oder strukturierte Analysen von Tausenden von Bauteilen – das kann und soll in Zukunft vermehrt von intelligenten Systemen bzw. Algorithmen übernommen werden. Das bedeutet, wir wollen eine höhere Automatisierung in den einzelnen Einkaufteams erreichen. So haben die Mitarbeitenden mehr Zeit für andere, wertschöpfende Arbeiten wie die enge Zusammenarbeit und den Austausch mit Zulieferern und Partnern. Ich denke, ca. 30 % der Dispositionsaktivitäten können automatisiert über KI-Systeme nach gewissen Regeln erledigt werden. Unser Ziel ist dabei nicht, Stellen abzubauen, sondern die Aufgaben zu verlagern, um die Arbeit zu erleichtern. Es soll eine Balance sein zwischen dem, was eine KI (Künstliche Intelligenz) tun kann, und den wertschöpfenden Tätigkeiten, d.h. den Ideen dahinter, Beziehungen zu Lieferanten, Zwischenmenschlichem – all dem, was eine KI eben nicht kann.

terraHORSCH: Was hat die neue Organisationsstruktur im Unternehmen für den Einkauf verbessert?
Dr. Johann Neidl:
Ein gutes Netzwerk im Unternehmen ist sehr wichtig. Die Leute müssen frühzeitig und eng mit den richtigen Leuten zusammenarbeiten und sich austauschen, damit man im Falle eines Falles auch rechtzeitig auf Veränderungen reagieren kann. Auch hier sind die Wege kürzer und man kann agiler arbeiten, da die Hierarchien flacher sind oder entfallen. Die neue Netzwerkstruktur und der Umzug in das neue Gebäude haben definitiv einen Effekt bei der Zusammenarbeit gezeigt. Wobei hier ein Punkt sehr essenziell ist: Es ist nicht nur wichtig, die Struktur zu verändern, sondern auch die Mitarbeiter zu befähigen, in der neuen Umgebung zu arbeiten. Für mich der weit bedeutendere Aspekt!

terraHORSCH: Wie sieht die weltweite Einkaufsorganisation bei HORSCH aus?
Dr. Johann Neidl:
Unser Motto ist, so viel zentral vorzugeben wie nötig, so wenig wie möglich. Die lokale Flexibilität und Schnelligkeit sind im Besonderen zu beachten. Nichtsdestotrotz versuchen wir natürlich, Lieferanten, die global aufgestellt sind, auch global zu nutzen. Wenn wir z.B. einen Hydrauliklieferanten haben, der global agiert, dann geben wir schon auch die Empfehlung raus, bei diesem auch vor Ort die relevanten Komponenten zu beziehen. Bei Methoden und Tools, z.B. SAP-Systemen, wollen wir eine globale Ausrichtung umsetzen, damit alle auf dem gleichen Standard arbeiten und somit keine Schnittstellen- und Informationsbrüche entstehen. Des Weiteren versuchen wir die Standardisierung auf Bauteilebene global voranzutreiben. So kann man sich gegenseitig unterstützen, wenn es bei Lieferanten zu Lieferschwierigkeiten kommt. Im Fokus stehen dabei vor allem die komplexeren und kostenintensiven Komponenten wie Zylinder, Hydraulik und Elektronik. Da achten wir darauf, eine maximale Standardisierung zu realisieren. Das erleichtert natürlich die Versorgungssicherheit und auch den Ersatzteileservice.

terraHORSCH: Wie wirkt sich die aktuelle Liefer- und Preissituation auf den Einkauf bei HORSCH aus?
Dr. Johann Neidl:
Auch bei HORSCH spürt man die extremen Preissteigerungen, Materialengpässe und Verzögerungen in den Lieferketten. Die Preise sind weiter auf einem hohen Niveau, vor allem im Bereich Elektronik wird die Versorgung immer kritischer. Wir müssen teilweise über Broker Komponenten nachkaufen, die das 10 bis 30-Fache vom Standardpreis kosten, damit wir überhaupt weiterproduzieren können.
Die Produktion läuft seit ca. zwei Jahren auf Hochtouren. Bedingt durch die Corona-Situation und Versorgungsengpässe ist es ein finanzieller und persönlicher Kraftakt sie am Laufen zu halten. Wo bei anderen Firmen zum Teil schon die Bänder still standen oder Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt wurden, ging es bei uns immer noch weiter. Auch hier hat der Einkauf einen großen Beitrag geleistet durch die gute, abgestimmte interne Zusammenarbeit, aber auch durch die Zusammenarbeit mit den Zulieferern, um die Materialversorgung nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- bis langfristig zu gewährleisten. Hilfreich ist hier der sehr partnerschaftliche Umgang mit den Lieferanten.

terraHORSCH: Wie sieht diese partnerschaftliche Zusammenarbeit aus?
Dr. Johann Neidl:
Eine faire Zusammenarbeit ist von besonderer Bedeutung. Wir müssen gemeinsam die aktuell schwierige Zeit meistern. Deshalb ist uns eine langfristige Partnerschaft besonders wichtig. Unser Ziel ist auch, unsere Lieferanten frühzeitig und umfassend zu involvieren und ihnen notwendige Informationen zukommen zu lassen, wie z.B. Vorschauzahlen, damit auch sie entsprechend planen und notwendige Anpassungen in Struktur und Abläufen vornehmen können. Zu diesem engen Austausch gehört auch die strategische Ausrichtung – also wo wir uns langfristig hin entwickeln. Wichtig dabei ist ein offenes Feedback, was der Lieferant von uns erwartet. Feedback und Kritik auf Augenhöhe – so können auch wir uns immer wieder verbessern.