Home » Ausgabe 22-2021 » Aus dem Unternehmen » Vom Bürocontainer zum Profi Standort: HORSCH Ukraine

Vom Bürocontainer zum Profi Standort

Die Geschichte von HORSCH Ukraine ist beeindruckend und hat sich dank eines inzwischen großen Teams rasant weiterentwickelt – mit vielen Erfolgen und einem neuen Firmenstandort, der Ende Juni feierlich eingeweiht wurde.

Dabei begann am 1. Juni 2009 alles relativ überschaubar, um nicht zu sagen klein, mit der Gründung der ukrainischen HORSCH Tochter in Polkownitsche. Natürlich war die Marke HORSCH mit dem Partner Agro Soyuz auch schon vorher im Land präsent, aber hier lag der Fokus fast ausschließlich auf Zinken-Direktsätechnik, wie sie HORSCH zum Beispiel auch in Kasachstan sehr erfolgreich verkauft. 2009 wurde in der Ukraine dann voll durchgestartet – denn seitdem wird ein genau auf die jeweilige Region angepasstes Maschinenportfolio verkauft.
Die Ukraine ist in mehrere ackerbauliche Zonen unterteilt: von niederschlagsstabilen Hochertragsstandorten im Westen bis zur kargeren Steppe im Osten.
Eine angepasste Ausstattung und höchste Qualität der Maschinen sind dabei immer ausschlaggebend – und zwar quer durch alle Betriebsgrößen und auch Leistungsklassen bei den Traktoren. Denn in der Ukraine dominiert über alle landwirtschaftlichen Betriebe ein gewisser Schlepper-Standard, der mit HORSCH Technik optimal harmoniert. Angefangen von der Belarus-Klasse (80 bis 120 PS), die aber rückläufig ist, über die Hauptklasse mit 300 bis 350 PS bis zur Oberklasse mit um die 600 PS. „Für uns als Hersteller ist das recht einfach, da wir einen gewissen Bedarf an Standardarbeitsbreiten gut planen können. Zum Beispiel die Joker mit acht Meter oder den Tiger mit vier Meter für 350 PS bei der Bodenbearbeitung, Sätechnik dann in acht oder zwölf Meter und alles in vorkonfigurierten Ausstattungsvarianten“, sagt Johannes Kluth, Geschäftsführer der HORSCH Ukraine. Der klassische Kunde in der Ukraine hat zwischen 1.000 und 5.000 Hektar. Diese Betriebe werden meist von Einzelpersonen geführt. Kleinere Holdings haben zwischen 10.000 und 50.000 Hektar und die großen Holdings bis zu 600.000 Hektar (Siehe dazu den Bericht in terraHORSCH 21/2020 über den Betrieb Kernel).

„Eines unserer Erfolgsgeheimnisse in der Ukraine ist aber der Service“, sagt Johannes Kluth. „Die Hälfte der ca. 33 Mitarbeiter im Land sind praxisorientierte Vertriebs- und vor allem Service-Spezialisten. Dazu haben wir noch fünf Kollegen im Bereich Lager/Logistik, die eine schnelle Teileversorgung gewährleisten, und natürlich Kolleginnen und Kollegen im Marketing, der Buchhaltung und dem Personalwesen. Doch unser exzellenter Service hat uns in der Ukraine weithin bekannt gemacht. Nur ein Beispiel: Wir hatten an einer Maschine ein Problem mit einer oxidierten Steckverbindung. Als dies nach erst drei Jahren zutage trat, haben wir diese Stecker aus Kulanz an allen Maschinen getauscht. So etwas spricht sich herum und somit ist unser Service sicher einer der Gründe, warum wir inzwischen einer der Marktführer im Land sind.“
Technik „Made in Germany“ ist in der Ukraine hoch angesehen und ein Qualitätsgarant. Denn durch die extremen Betriebsgrößen macht hier eine 8-m-Kurzscheibenegge auch schon mal bis zu 10.000 ha pro Jahr, wenn sie vom entsprechenden Betriebsleiter im Schichtbetrieb das ganze Jahr über eingesetzt wird. Eine Maestro 24 kommt in den wenigen Wochen der Saison auf über 3.000 ha. Doch das HORSCH Team allein könnte natürlich nicht das ganze Land gleichzeitig betreuen. Deswegen arbeitet man schon seit vielen Jahren erfolgreich mit vier großen Händlern zusammen: Poletehnika betreut dabei vor allem den Osten des Landes und ausgewählte überregional agierende Großbetriebe, Zolochiv TH den Westteil und Ropa sowie Astra sind in der Zentralukraine tätig.
Die Händler sind es auch, die ihr Wissen über den Service und den Einsatz der Maschinen dann an die Betriebe weitergeben. Gerade in großen Holdings ist das ein entscheidender Erfolgsfaktor. Eine Maestro kann nur dann über 3.000 ha an wenigen Einsatztagen schaffen, wenn auch der Fahrer der Maschine perfekt im Umgang mit der Maschine geschult ist und bei eventuellen Fehlermeldungen sofort weiß, was zu tun ist. „Nur durch intensive theoretische und praktische Schulungen der Ingenieure und Fahrer können wir einen reibungslosen Einsatz der Geräte sicherstellen“, weiß Johannes Kluth. „Die Fahrer der Maschinen bekommen hier sogar Zertifikate. Durch HorschConnect wollen wir den Service in den nächsten Jahren noch effizienter gestalten, sozusagen auf das nächste Level bringen, indem wir eventuelle Probleme oder Fehleinstellungen früher feststellen und beheben können.“

HorschConnect

Mit HorschConnect hält die Digitalisierung Einzug im Bereich der Anbaugeräte. Der Fokus liegt dabei auf der flexiblen Ansteuerung ausgewählter Maschinenfunktionen über das Smartphone mittels der App MobileControl sowie der Übertragung von Maschinen- und Telemetriedaten in das HorschConnect Telematics Portal. Dadurch wird die zentrale Einsicht, Verwaltung und Dokumentation aller relevanten Maschinendaten ermöglicht.

Damit die Vertriebspartner dieses Wissen aufbauen können, werden sie von den HORSCH Produkt- und Serviceexperten jedes Jahr geschult. Und dieser Bereich wird mit dem Neubau des Firmensitzes bei Veliki Soltanivka noch weiter professionalisiert. „Der neue Standort ist für uns optimal gewählt“, sagt Johannes Kluth. „Die Lage ca. 30 km südlich von der Hauptstadt Kiew, sehr verkehrsgünstig direkt an der Autobahn Richtung Odessa, bietet viele Vorteile. Auch von beiden Kiewer Flughäfen sind wir sehr gut erreichbar.“ Das neue Gebäude hat eine Fläche von ca. 3.000 Quadratmeter. Die Grundfläche teilt sich in vier Bereiche auf: ein zentrales Ersatzteillager, eine Werkstatt mit Brückenkränen, eine schallisolierte befahrbare Schulungshalle und Büros. Eine Besonderheit ist, dass man direkt von den Schulungsräumen aus schon die Maschinen sehen und für eine optimale Mischung aus Theorie und Praxis vom Schulungsraum direkt in die Maschinenhalle gehen kann. Insgesamt wurden rund 4,5 Millionen Euro in den neuen Standort investiert. Die Infrastruktur (Gas, Strom, Wasser…) auf dem insgesamt 14 ha großen Gelände wurde bereits jetzt für weiteres Wachstum in den nächsten Jahren ausgelegt. „Nach der Anzahl verkaufter Reihen im Bereich Einzelkornsaat sind wir mit der Maestro jetzt schon Marktführer in der Ukraine und diesen Vorsprung wollen wir dank des Neubaus noch weiter ausbauen“, sagt Johannes Kluth stolz.

Die Einzelkorndrille Maestro ist eines der Zugpferde im Land. Die Hauptkulturen in der Ukraine sind Mais, Weizen, Sonnenblumen und Raps. „Hier spielt die Maestro ihre Stärken voll aus. Doch auch die Scheibensämaschine Pronto NT ist eine Erfolgsstory „Made in Ukraine“ und entstand durch die sehr intensive Zusammenarbeit mit unserem Vertriebspartner Poletehnika. Der Firmengründer und Chef Alexander Mistyuk hat selbst Ackerbaubetriebe mit rund 45.000 ha Fläche, auf denen hauptsächlich Weizen und Sonnenblumen angebaut werden. Bei den Sonnenblumen setzt er natürlich auf die Maestro. Für die Aussaat von Getreide entwickelten wir gemeinsam die Pronto NT, die auf die ackerbaulichen Anforderungen und die Infrastruktur der Betriebe in den südöstlichen Regionen, die sich durch eine minimale Bodenbearbeitung auszeichnen, abgestimmt wurde. Schon im terraHORSCH Interview vor fünf Jahren sagte Alexander Mistyuk: „Die Horsch-Brüder sind selbst Landwirte. Sie kennen die Ansprüche und Probleme und handeln entsprechend. Dabei ist HORSCH kein europäisches Unternehmen, sondern auf der ganzen Welt zu Hause. Sie denken schon jetzt daran, was morgen passieren wird. Und sie sind begeistert von dem, was sie tun. Und weil das bei mir das Gleiche ist, verstehen wir uns so gut.“ Mistyuk konnte im Detail berechnen, welches Marktpotenzial eine Maschine wie die Pronto NT in der Ukraine haben könnte. Anders als die Pronto DC öffnen bei der NT nur schmale Wellseche einen Spalt im Boden, in den die TurboDisc Schare dann das Saatgut in den feuchten Boden ablegen. Heute ist die Pronto NT neben der Maestro, dem Tiger MT und der Joker RT einer der Umsatzträger in der Ukraine.