Home » Ausgabe 21-2020 » Aus dem Unternehmen » Maestro V versus Maestro X – wo stehen wir!? (Philipp Horsch)

Maestro V versus Maestro X – wo stehen wir!?

Phillip Horsch

Nach den ersten vollen zwei Saisons, einschließlich der Rapsaussaat im Sommer mit den neuen Maestro Generationen V (Vakuum-System mit AirVac Dosierung) und X (Überdruck-/Schusssystem mit AirSpeed Dosierung) im weltweiten Einsatz zieht Philipp Horsch ein erstes klares Resümee.

Zunächst zur Frage, die wir oft gestellt bekommen: Warum verfolgt HORSCH beide Dosier- und Ablageprinzipien parallel, anstatt nur auf ein System zu setzen, wie mittlerweile die meisten unserer zumindest europäischen Marktbegleiter?
Erstens: Beide Systeme sind weitestgehend baugleich: Das bezieht sich nicht nur auf das Dosiersystem, bestehend aus Dosierscheiben, Kornvereinzeler (der im Übrigen keiner Einstellung bedarf!), elektrischem Antrieb, Sensorik usw. Auch die komplette Reiheneinheit mit allem Zubehör ist baugleich. Der Unterschied besteht ausschließlich darin, wo jeweils der Druck/das Vakuum appliziert wird und wie die Körner dann von der Scheibe in die Furche transportiert werden. So haben wir die Basis geschaffen, die es uns sehr einfach macht, beides parallel anzubieten. Wir sind damit bisher weltweit der einzige Hersteller mit dieser klaren „Doppelstrategie“ basierend auf einem hohen Maß an Bauteilgleichheit.

Das Dosiersystem mit Dosierscheiben, Kornvereinzeler, elektrischem Antrieb, Sensorik etc. ist jeweils baugleich. Der Unterschied liegt beim Korntransport und wie die Körner dann in die Furche befördert werden.

Viel wichtiger ist jedoch, dass sich auch nach den letzten beiden Jahren im Feldeinsatz deutlich bestätigt hat, dass wir beide Systeme zwingend benötigen. Es gibt Kornarten, die aufgrund ihrer Größe und Form relativ schwierig zu schießen sind, wie zum Beispiel sehr große Sonnenblumen oder bestimmte, extrem große Leguminosenarten. Und wir stoßen in vielen Bedingungen an die Grenzen der Fangrollen, die im Schusssystem zwingend notwendig sind. Im Oktober war ich in Brasilien unterwegs und konnte dort viele unserer Maestros im Feldeinsatz sehen: Teilweise regnet es während der Aussaat täglich und stark und in diesen extrem nassen und klebrigen Bedingungen muss die Aussaat weiterlaufen. Da kommt man nicht nur grundsätzlich an die Grenzen des Machbaren, sondern vor allem klappt das Fangen der Körner unter diesen Bedingungen absolut nicht. Gleiches haben wir auch schon des Öfteren im Norden der USA erlebt.
In diesem Fall ist die einzige Alternative ein Vakuumsystem. Für uns als weltweiter Anbieter ist es also zwingend notwendig, beide Systeme weiter voranzutreiben.

Grenzen relativiert

Bleibt noch die Frage nach den Erfahrungen der Ablagegenauigkeit in der Längsverteilung. Hier spielt bekanntermaßen das Schussverfahren bei sehr hohen Geschwindigkeiten seinen systembedingten Vorteil aus. Nach den letzten beiden Jahren können wir jedoch feststellen, dass es uns gelungen ist, diese Grenzen zwischen den beiden Verfahren deutlich zu relativieren.
Durch verschiedene Maßnahmen haben wir es geschafft, die Genauigkeit des Vakuumsystems (AirVac) auch bei hohen Geschwindigkeiten deutlich zu verbessern. Bis ca. 12 km/h bewegen wir auf annähernd dem gleichen Genauigkeitsniveau wie mit Schusssystemen. Das war bisher mit Vakuumsystemen nicht möglich und wir sind sehr froh, dass wir das mit unserem AirVac System erreicht haben – zumal dies auch mit einer extrem verbesserten Nutzerfreundlichkeit einhergeht.

Braucht HORSCH da überhaupt noch ein Schusssystem? Ganz klar ja: Der Markt verlangt auch danach und wir als Komplettanbieter im Einzelkornbereich sehen uns da gefordert. 
Dabei ist unser Schusssystem eine komplette Neuentwicklung und bei der Technik des Schussverfahrens gehen wir einen anderen Weg als alle übrigen Systeme, die sich am Markt befinden: In unserem System arbeiten wir bei der Dosierung bzw. dem Transport (Schuss) der Körner mit unterschiedlichen Luftdruckniveaus bzw. Überdruckversorgungen. Bleibt natürlich die für uns selbst wichtigste Frage: Ist dies in punkto Genauigkeit gleichwertig mit den im Markt etablierten Schusssystemen? Prüfstandsversuche ließen dies zwar schon im Voraus erkennen, jedoch zeigt die Erfahrung immer wieder, dass die Praxis das auch erst bestätigen muss. Und dazu sind umfangreiche Feldeinsätze in verschiedenen Bedingungen nötig.

Bietet Perspektiven

Zahlreiche Auswertungen weltweit im Feld machen deutlich, dass sich unser Schussverfahren auf exakt gleichem Niveau wie die etablierten Verfahren befindet. Das bezieht sich auf alle vorherrschenden Saatgutarten gleichermaßen.
Den korrekten Einsatz bzw. die korrekten Einstellungen jeweils vorausgesetzt, liegen die Variationskoeffizienten dabei im üblichen Spektrum von meist VK 8 bis 15 bei Rüben, VK 10 bis 20 bei Mais und VK 15 bis 30 bei Sonnenblumen.
Wir sind damit sehr zufrieden und können neben dem bereits freigegebenen AirVac System nun auch unser AirSpeed System für die Serienproduktion zur Saison 2021 freigeben.

Ein kurzer Ausblick noch zur Technik unseres Schussverfahrens: Da wir die Schuss- und Dosierluft im AirSpeed System getrennt halten, können wir perspektivisch auch beide Luftströmungen beeinflussen und damit Optimierungen erzielen. Erste Versuche deuten das bereits an.
Insgesamt bzw. weltweit betrachtet brauchen wir also beide Verfahren (AirVac und AirSpeed). Und wir sind froh, dass wir vor ein paar Jahren die Entscheidung getroffen haben, beide Wege parallel einzuschlagen.