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Offen für Neues

Marco Horsch, DE

Die Landwirtschaft ist einem starken Wandel ausgesetzt, nicht nur durch politischen, sondern auch durch gesellschaftlichen Druck. Bisher bewährte Ackerbaumethoden werden vermehrt in Frage gestellt und viele Landwirte gehen neue Wege in der Bewirtschaftung ihrer Flächen. Marco Horsch ist einer davon.

Er hat den landwirtschaftlichen Familienbetrieb am Sitzenhof übernommen. Außerdem leitet er zusammen mit Joachim Suttor die Firma Bintec. Das am Sitzenhof ansässige Unternehmen vertreibt professionelle Lösungen für die Getreidelagerung. Gemeinsam mit einem Mitarbeiter bewirtschaftet Marco Horsch 300 ha Ackerfläche. Dazu gehören auch 80 ha, die im Auftrag für andere Betriebe bewirtschaftet werden. Marco Horsch fährt über den gesamten Betrieb eine fünf-gliedrige Fruchtfolge und hat die einzelnen Schläge zu Bewirtschaftungsblöcken zusammengefasst.

„Maschinell bin ich sehr schlank aufgestellt und die einzigen eigenen Maschinen, die ich auf meinem Betrieb im Einsatz habe, sind Traktoren“, erklärt Marco Horsch. Die Ernte- und Sätechnik sowie die Bodenbearbeitungsgeräte teilt er sich mit regionalen Maschinengemeinschaften. Der Grundgedanke der regionalen Landwirtschaft ist ihm sehr wichtig und diese unterstützt er durch seine Mitgliedschaft in den Maschinengemeinschaften.

„Aufeinander Rücksicht nehmen ist in der Maschinengemeinschaft unerlässlich. Und das funktioniert auch hervorragend. Ein gutes Beispiel ist unsere Mähdrusch-Gemeinschaft. In der Erntezeit ist jedem Mitglied bewusst, dass man sich auch einmal zurücknehmen musss. Wir ziehen dabei alle am selben Strang und versuchen, durch optimale Abstimmung die Ernte so gut und schnell wie möglich einzufahren. Das heißt aber auch, dass man mal einen oder zwei Tage warten können muss, bis man mit seiner Fläche an der Reihe ist!“ Gemeinsam ernten die Landwirte rund 500 ha Getreide und Raps mit einem Mähdrescher. Auf seinen eigenen Flächen setzt Marco Horsch bewusst nur kleinere und leichtere Traktoren ein, um so wenig Gewicht wie möglich auf das Feld zu bringen und den Boden zu schonen. Die restlichen Mitglieder der Gemeinschaft haben da zum Teil eine andere Vorgehensweise.

Marco Horschs Selbstfahrer für den Pflanzenschutz, den er auf seinem Betrieb im Einsatz hat, ist Baujahr 1989. Bei dem PT 150 handelt es sich um den ersten und ältesten Selbstfahrer, den HORSCH je gebaut hat. Er verfügt über eine Arbeitsbreite von 24 m und hat im Laufe der Jahre einige Updates erhalten.

Geprägt von den Ideen der Familie

Marco Horsch erlebte im jungen Erwachsenenalter die Anfänge der HORSCH Maschinen GmbH und wurde auch darüber hinaus sehr stark von den familiären Ideen zur konservierenden Bodenbearbeitung geprägt. Er wuchs in der Hochphase der Minimalbodenbearbeitung auf und lernte damals, dass man mit dieser Bewirtschaftungsmethode in Schwandorf und Umgebung schnell an gewisse Grenzen stößt. Bis heute beschäftigt er sich intensiv mit dem Boden und forscht daran, wie er die Bearbeitung seiner Flächen noch weiter optimieren kann. Er sagt: „Landwirtschaft nach Rezept interessiert mich nicht. Ich will Neues ausprobieren und meine eigenen Erfahrungen sammeln. Ich will Spaß an meiner Arbeit haben, auch wenn ich bereits im Vorfeld weiß, dass vielleicht einer meiner zahlreichen Feldversuche missglücken wird. Trotz alledem ist mir bewusst, dass sich meine Form der Landwirtschaft auch finanziell lohnen und ich damit Geld verdienen muss.“  Es kommt ihm momentan sehr entgegen, dass eine abwechslungsreiche Fruchtfolge förderfähig ist und sich dadurch ein finanzieller Vorteil für ihn ergibt. Eine fünf-gliedrige Fruchtfolge hat den weiteren Vorteil, dass weniger Probleme mit Ungräsern auf seinen Flächen auftreten. Seine Fruchtfolge lautet: Getreide, Raps, Getreide, Mais, dann eine Sommerung mit Blühfrüchten oder Leguminosen. Seine ehemals intensive Fruchtfolge wird nun vor allem durch die Leguminosen und den Mais aufgelockert. Früher bestand die Fruchtfolge ausschließlich aus Weizen und Raps. Die Ernte- oder Aussaatzeiten waren daher geprägt von einem großen Arbeitsaufwand und viel Stress. Eine fünf-gliedrige Fruchtfolge ist für ihn eine große Arbeitserleichterung. Behandlungs-, Ernte oder Sätermine fallen nicht alle in einen Zeitraum und Arbeitszeiten lassen sich besser einteilen.

„Ich experimentiere viel mit dem Anbau von Zwischenfrüchten. Zum Beispiel bringe ich sie nicht auf dem gesamten Feld aus, sondern nur auf der Hälfte. Mein Ziel ist es, den Einfluss auf den Ertrag der nachfolgenden Kulturpflanze zu bewerten“, sagt er dazu. Er verzichtet bewusst auf den Anbau von Ackersenf als Zwischenfrucht, um Unverträglichkeiten mit Raps auszuschließen. Raps ist in seiner Fruchtfolge nach wie vor als vorherrschende Blattfrucht integriert. Seit einigen Jahren versucht er sich aber auch im Anbau von Soja - nicht nur um die Fruchtfolge noch weiter aufzulockern, sondern auch, um dadurch die regionale Landwirtschaft zu unterstützen. Mit dem Anbau der Sojabohnen ist er bisher zufrieden: „Der Ertrag liegt zwischen 3,5 und 4,5 Tonnen. Nach der Ernte werden die Sojabohnen gepresst und das daraus gewonnene Öl wird ausschließlich in der Region vermarktet.“

Marco Horsch hat zwar nicht die Absicht, seinen Betrieb auf biologische Landwirtschaft umzustellen, dennoch bietet die biologische Landwirtschaft gute Ansätze, die er auch auf seinem Betrieb ausprobieren möchte. Vor allem wenn es um das Thema Boden geht. Je mehr er sich mit dieser Thematik befasst, desto klarer wird ihm, aus welchen Gründen die Minimalbodenbearbeitung damals in den 1980er Jahren in Schwandorf und Umgebung an ihre Grenzen stieß. „Wir hatten damals nur sehr kurze Fruchtfolgen. Damit zerstörten wir wieder alle Vorteile, die wir uns mit der Minimalbodenbearbeitung erarbeitet hatten. Ich bin mittlerweile der Meinung, dass eine tiefe Lockerung des Bodens unverzichtbar ist. Außerdem war das Schwarzhalten der Böden damals ein großer Fehler und das ist es auch heute noch. Nicht nur die Zwischenfrüchte selbst sind wichtig, um Humus aufzubauen, sondern auch die Wurzelexsudate. Zeiträume, in denen keine Kulturpflanzen angebaut werden, müssen genutzt werden, um mit Zwischenfrüchten Humus im Boden aufzubauen. Hätten wir das bereits in den 1980er Jahren gewusst, wären wir mit der Minimalbodenbearbeitung sicherlich erfolgreicher gewesen.“  Marco Horsch gibt aber auch zu, dass einige seiner eigenen Ackerböden noch ausbaufähig sind, was ihren Humusgehalt betrifft. Es beschäftigt ihn sehr, wie er im Boden Humus aufbauen und dabei auch einen positiven wirtschaftlichen Effekt erreichen kann.

 

Zur Person: Marco Horsch

Marco Horsch ist der jüngste Bruder von Philipp und Michael Horsch. Am Sitzenhof in Schwandorf führt er den landwirtschaftlichen Familienbetrieb. Verheiratet ist er mit einer Kanadierin. Das Paar hat zwei Söhne. Mit seiner Frau lebte Marco Horsch 1,5 Jahre in Kanada. Dort entstand auch die Idee für die Firma Bintec, seiner zweiten Beschäftigung neben der Landwirtschaft. Die Förderung der regionalen Landwirtschaft und die Umsetzung von neuen Ideen sind für ihn sehr wichtige Themen. Auch für den Anbau von Sonderkulturen ist er offen.

Nutzhanf als Fruchtfolgeergänzung

Um den Humusgehalt in seinen Böden zu erhöhen, experimentiert er nicht nur mit Zwischenfrüchten, sondern plant auch, Untersaaten im Mais auszubringen. Es wird in Zukunft eine viel größere Diversität auf den landwirtschaftlichen Flächen geben. Dafür scheut er sich nicht davor, neue Wege zu gehen. Ein gutes Beispiel ist, dass er letztes Jahr damit begann, Nutzhanf anzubauen. „Ein junger Mitarbeiter aus der Marketingabteilung von HORSCH kam auf mich zu. Neben seiner Tätigkeit bei HORSCH hatte er ein regionales Start-Up-Unternehmen gegründet, das Samen von Nutzhanf zu Lebensmitteln verarbeitet. Er fragte mich, ob ich einen Teil des Nutzhanfes anbauen könnte. Gegenüber neuen Ideen bin ich immer sehr offen und außerdem würde ich dadurch ein junges regionales Unternehmen unterstützen. Daher war schnell entschieden, dass ich ihm helfen würde. Im ersten Jahr waren es 10 ha, auf denen ich Hanf anbaute. Ich konnte das auch gut in meinen Fruchtfolgeplan integrieren, indem ich einen Teil der Flächen für die Leguminosen in Nutzhanf umwandelte.“ Die Ernte war mit 1 t Körnerertrag pro Hektar zwar erfolgreich, aber nicht einfach. Mit dem verwendeten Mähdrescher konnten die Pflanzen nicht gehäckselt werden und wurden ungehäckselt wieder auf dem Feld ausgebracht. Das stellte sich als großer Fehler heraus. Die Einarbeitung war sehr schwierig und gelang nur mit einem HORSCH Tiger MT. Dieser Grubber ist eine Kombination aus schwerer Scheibenegge und Zinkenfeld zur tiefen Lockerung. Um den Hanf einzuarbeiten, fuhr er allerdings nur mit den Scheiben. Leider hatte diese Aktion zur Folge, dass der Schlag nicht besonders eben wurde, was vor allem an der riesigen Menge an Hanfstroh in Schwaden zurückzuführen ist. Gerade beim Pflanzenschutz oder der Düngung ist das für den Fahrer nicht sehr angenehm. Auch in diesem Jahr wird wieder Nutzhanf angebaut und Marco Horsch will aus den Fehlern des Vorjahres lernen. Er plant, nach der Ernte des Hanfs auf der Fläche erst wieder eine Sommerung anzubauen. Das gibt ihm Zeit, die Erntereste intensiv in den Boden einzuarbeiten. Diese wird er diesmal vor dem Einarbeiten antrocknen lassen. Außerdem werden auch am Mähdrescher einige Einstellungen optimiert, um die Ernte noch reibungsloser zu meistern. Aus wirtschaftlicher Sicht hat sich der Anbau von Nutzhanf im letzten Jahr gelohnt. Die hohe Konkurrenzkraft unterdrückt Unkräuter und Ungräser, eine Pflanzenschutzmaßnahme oder Düngergabe ist nicht notwendig. Der Hanf ist somit eine echte Bereicherung - sowohl für die Fruchtfolge als auch für das Betriebsergebnis.

Alternative Pflanzenschutzmaßnahmen

Eines von Marco Horschs weiteren Zielen ist es, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und in Zukunft vermehrt auf Alternativen wie Fermente zu setzen. „Ich tausche mich dazu regelmäßig mit anderen Landwirten aus. Für die Herstellung der Fermente haben viele ihre eigenen Verfahren entwickelt. Dieser Bereich steckt noch in den Kinderschuhen, es gibt noch keine wissenschaftlich erprobten Verfahren.“ Marco Horsch ist auch der Meinung, dass durch diese Entwicklung die Landwirtschaft in der Gesellschaft wieder in ein anderes Licht gerückt werden kann. Es muss dafür in Zukunft gelingen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, Dünger einzusparen und trotzdem die Erträge auf einem gleichbleibenden Niveau zu halten.

Durch den Humusaufbau in den Böden wird CO2 eingelagert und die Landwirte können dadurch entscheidend zu einer Verbesserung des Klimas beitragen. Marco Horsch betont aber deutlich, dass diese Vorteile aktiv nach außen in die Gesellschaft kommuniziert werden müssen. Schon in der Vergangenheit hätten die Landwirte seiner Meinung nach grundsätzlich offener über ihre Arbeit sprechen sollen – auch über die Fehler, die gemacht wurden. „Die Landwirtschaft befindet sich momentan in einer spannenden Phase, da sie sich wieder neu finden muss. Ich selbst habe auch jahrelang Landwirtschaft nach „Rezept“ betrieben und mich zu sehr auf die Wissenschaft und Berater verlassen. Das hat für mich zwar sehr gut funktioniert, aber ich habe dabei verlernt, selbstständig zu denken. Vor allem im Bereich des Pflanzenschutzes ist einiges auf der Strecke geblieben. Mittlerweile bin ich an dem Punkt angekommen, dass ich nachforsche, welche Möglichkeiten es neben der Landwirtschaft auf Rezept sonst noch gibt“, sagt Marco Horsch zum Abschluss des Interviews.

terraHORSCH wird in Zukunft weiterhin verfolgen, wie Marco Horsch seine Landwirtschaft gestaltet und wie erfolgreich er mit seinen alternativen Methoden sein wird.