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Ehrliche Veränderungen

Der Agraringenieur Phillip Krainbring bringt Verbrauchern den Ackerbau nahe und sucht den Dialog über Social Media. Genug zu erzählen hat er: seit 2016 managt er rund 440 Hektar Marktfrüchte. Als Verwalter lockert er die Fruchtfolge auf, sorgt für optimale Sortenwahl, wählt die richtigen Aufwandmengen und nutzt moderne Biologicals.

Der 33-Jährige verwendet das Beste aus konventionell und bio. Bei Getreide und Mais setzt er auf elektronenbehandeltes Saatgut und Präparate mit Mikroorganismen. So verzichtet er immer öfter auf chemische Mittel und mineralische Dünger. Sein Ziel: 30 bis 50 % weniger Stickstoffeinsatz, nur noch die Hälfte an Fungiziden und Insektiziden sowie null Wachstumsregler. Für terraHORSCH erzählt er, was ihn antreibt:

„In diesem Jahr habe ich den CeresAward in der Kategorie ‚Ackerbauer‘ gewonnen – für mich etwas ganz Besonderes, da mein Vater 2015 in dieser Kategorie gewonnen hat und ich damit in seine Fußstapfen trete. Der CeresAward bietet die Möglichkeit zu zeigen, welche neuen Wege die Landwirtschaft beschreitet, welche Innovationen wir vorantreiben und welche Ideen wir entwickeln, um die Landwirtschaft für die Zukunft aufzustellen. Dies ist in meinen Augen sehr wichtig, da wir vor großen Herausforderungen und Veränderungen stehen.

Auf der einen Seite merken wir, dass wir mit unserer Produktionsweise an Grenzen stoßen. Seien es Resistenzen im Pflanzenbau, stagnierende oder rückläufige Erträge, zu große und schwere Maschinen, Wetterextreme und vieles mehr. Diese Liste könnte man wahrscheinlich fast endlos weiterführen. Doch diese Herausforderungen haben wir uns mit der Berufswahl ausgesucht. Es macht doch auch den Reiz der Landwirtschaft aus, sich immer weiter zu entwickeln und nicht auf der Stelle stehen zu bleiben. Dabei geht es für mich aber nicht immer nur um die neueste Maschine, die nächste Hightech-Lösung oder Digitalisierung bis zum Äußersten. Weiterentwicklung heißt für mich auch, sich auf Themen zurückzubesinnen, die nicht allzu große Beachtung finden. Ein solches Thema ist für mich beispielsweise der Boden. Dieser kann von sich aus vieles leisten. Doch haben wir ihn, überspitzt gesagt, in der Vergangenheit oft nur als ‚Trägersubstanz‘ für Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger gesehen. Da gibt es viel Potenzial, das wir noch nicht kennen und auch unterschätzen.

Der CeresAward

Heutzutage rückt die Landwirtschaft immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit – nachhaltige Ressourcen-Nutzung, Umwelt- und Klimaschutz sind nur einige der Themen, die im Rahmen der Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung in aller Munde sind. Der Wunsch nach Transparenz in der Produktion und der Produktherkunft spielt eine immer größere Rolle.
Aus diesem Grund wurde der CeresAward als die Auszeichnung, die außergewöhnliche Leistungen der Landwirte in Deutschland in elf unterschiedlichen Kategorien prämiert, ausgerufen. Die Auszeichnung bietet eine öffentlichkeitswirksame Plattform, um die Fähigkeiten und bedeutenden Leistungen der Landwirte in Deutschland hervorzuheben – innerhalb der Landwirtschaft und darüber hinaus. Die Verleihung des CeresAward findet jährlich im Rahmen einer festlichen Galaveranstaltung statt. HORSCH ist der Sponsor der Kategorie „Ackerbauer“.

Auf der anderen Seite sehen wir uns auf einmal einem gesellschaftlichen und politischen Druck ausgesetzt, den wir vor fünf bis zehn Jahren so gar nicht für möglich gehalten haben. Die Gesellschaft fordert, die Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, radikal umzustellen, und die Politik geht auf diese Wünsche mit Einschränkungen und Verboten ein. Viele Menschen haben keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft und es fehlt auch das Wissen über die heutige Produktionsweise. Aber woher sollen sie es auch wissen? Denken wir doch nur mal an uns und die Bereiche, mit denen wir keine Berührungspunkte haben. Ich habe keine Ahnung, wie der Arbeitsalltag einer Krankenschwester oder eines Mediendesigners aussieht. Wir haben es in der Vergangenheit einfach verschlafen, über die Entwicklung der Landwirtschaft zu sprechen.

Doch nur, weil die Menschen wenig Bezug zu einem Thema oder vielleicht auch wenig Wissen darüber haben, heißt es nicht, dass sie nicht darüber reden. Genau da liegt aber unsere Chance. Das Thema Landwirtschaft ist von großem Interesse und wir müssen dieses Interesse nutzen. Reden wir über unsere Arbeit! Doch bitte nicht nur mit Zahlen, Fakten und wissenschaftlichen Belegen. Wir können durch uns und unsere Arbeit begeistern. Es gibt so viele schöne Erlebnisse, Situationen und Geschichten, die wir mit Stolz erzählen können. Doch das Ganze muss auch ehrlich sein. Wir dürfen dabei nichts beschönigen. Als Beispiel möchte ich hier die Pflanzenschutzmittel nennen. Pflanzenschutzmittel haben Nebenwirkungen - Punkt! Ich bin als AgrarScout auch viel in den Städten unterwegs, um über die Landwirtschaft zu sprechen. Pflanzenschutzmittel bzw. der geläufigere Ausdruck Pestizide sind da immer ein wichtiges Thema. Rede ich nur davon, wie toll und wie wichtig diese Mittel sind, hört mir kaum jemand zu bzw. argumentiert dagegen. Spreche ich aber bewusst Nebenwirkungen an, dann kommen wir gleich auf eine ganz andere Gesprächsebene. Auch müssen wir ehrlich zugeben, dass die Reduktion der Pflanzenschutzmittelaufwendungen nicht nur unser Verdienst ist. Verordnungen, Einschränkungen und Verbote haben uns zum Teil dazu gezwungen. Wir können uns also nicht hinstellen und dies als unseren Verdienst deklarieren. Das ist nicht glaubwürdig.

Wir dürfen nicht weiter warten! Wir müssen proaktiv an die Diskussionen herangehen. Dabei ist es wichtig, dass wir selbst die kritischen Themen angehen und nicht so lange warten, bis andere damit anfangen. Nur so können wir die Diskussion mitbestimmen und gestalten. Und das geht auch nur in Kombination mit Selbstkritik. Wer von uns heute noch behauptet, dass die Landwirtschaft gut so ist, wie sie ist, und wir alles richtig machen, hat nichts begriffen! Wir halten Tiere nicht artgerecht, wir arbeiten nicht immer nachhaltig usw. Und ja, wir sind zum Teil mit daran schuld. Natürlich nicht nur. Doch wenn wir nicht selbst diese Themen ansprechen und zeigen, dass wir etwas ändern und weiter etwas ändern wollen, wird man den Druck auf uns erhöhen.

Ich denke mit Ehrlichkeit, einer Portion Selbstkritik und dem Willen, etwas Neues zu wagen, können wir Landwirte zeigen, dass wir von innen heraus etwas verändern wollen.“