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Das absätzige Säverfahren – damals und heute

Das absätzige Säverfahren war Anfang der 1990er Jahre in Ostdeutschland sehr verbreitet. Mittlerweile wird absätziges Säen wieder zum Thema. Michael Horsch erläutert die Gründe dafür.

terraHORSCH: Herr Horsch, was waren die Anfänge des absätzigen Säverfahrens?
Michael Horsch:
Anfang der 1990er Jahre haben wir in Ostdeutschland einige PD 12 Drillmaschinen verkauft. Die PD 12 war damals die erste pneumatische Sämaschine von HORSCH mit mehr als 12 m Arbeitsbreite und gleichzeitig auch eine der größten Drillmaschinen auf dem europäischen Markt.

Damals hatte der Standardschlepper 180 PS und war damit gut geeignet, eine PD 12 zu ziehen. Der Boden musste allerdings intensiv vorbearbeitet werden und bei Mulchsaat war es nicht so einfach. Bei leichten Böden funktionierte das gut, aber bei schweren Böden war es deutlich schwieriger und es mussten vorher zwei bis drei Saatbettbearbeitungsgänge durchgeführt werden. Dafür waren zwei bis drei zusätzliche Traktoren notwendig, allein um das Saatbett herzurichten. Inklusive Sämaschine benötigte man immer drei bis vier Traktoren. Die Saatqualität war – bedingt durch die leichten Schleppschare und je nach Saatbettvorbereitung – mal besser und mal schlechter. Das Ende des absätzigen Säverfahrens wurde unter anderem durch die immer stärker aufkommende Mulchsaat eingeläutet. Gleichzeitig kamen langsam die ersten Schlepper mit 250 PS auf den Markt. Mit diesen war es möglich, die Stoppelbearbeitung und die flache Bodenbearbeitung mit 6 m Arbeitsbreite durchzuführen. Außerdem begann die Vermarktung der ersten Zinkensämaschinen und nach einer Weile dann auch die der Scheibenscharsämaschinen.
Anfang der 2000er Jahre ging es von den 250-PS-Schleppern langsam in die 300-PS-Klasse. Die Arbeitsbreiten steigerten sich dadurch weiter und in der Bodenbearbeitung waren Geräte mit 6 bis 8 m auf dem Markt. Für die Aussaat brachten wir dann auch die Kombinationssämaschine HORSCH Pronto auf den Markt. Diese war für uns ein großer Erfolg. Sie produzierte nicht nur die finale Feinerde, sondern ermöglichte auch präzises Säen bei wechselnden Bodenbedingungen und wechselnder Vorarbeit. Die Betriebe konnten dank der größeren Schlepper und der HORSCH Pronto mit einem Schlepper das Saatbett bereiten und säen - in einer vorher nicht möglichen Qualität, mit sehr hoher Flächenleistung.
Zur selben Zeit kamen vermehrt Kurzscheibeneggen auf den Markt und die Strichabstände der Grubber wurden enger: von 30 cm runter bis zu 20 cm. Rückverfestigungstechnik mit Walzen und Packern usw. wurde immer weiter perfektioniert.

terraHORSCH: Wie ging es dann in den 2010er Jahren weiter?
Michael Horsch:
Um 2010 ging die Leistung der Schlepper langsam in Richtung 350 PS und die Arbeitsbreite der HORSCH Pronto entwickelte sich bis zu neun Meter. In dieser Zeit begann es, für die größeren Betriebe immer schwieriger zu werden, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, um termingerecht die immer kürzer werdenden Arbeitsspitzen zu bewältigen. Aus diesem Grund haben wir die Arbeitsbreiten der HORSCH Pronto auf 12 m erhöht. Das Problem dabei war jedoch, dass selbst die 400 PS starken Schlepper nicht genügend Leistung hatten, um eine HORSCH Pronto 12 SW zu ziehen. Dafür wurden 500 bis 600 PS benötigt. Nur wenige Landwirte waren bereit, sich – nur um die Sämaschine zu ziehen – einen weiteren Traktor in dieser Größe anzuschaffen. Und überhaupt sind 25-Tonnen-Traktoren vor einer Sämaschine in bereits intensiv bearbeiteten Feldern zu viel! Wir mussten uns grundlegend mit einer Verfahrensveränderung befassen. Auf der einen Seite war es das Ziel, immer noch schneller zu säen, aber auf der anderen Seite gab es immer weniger Personal auf den Betrieben und die Arbeitsbelastung stieg immer weiter an.

terraHORSCH: Wie hat diese Verfahrensänderung begonnen?
Michael Horsch:
Auf unserem eigenen Betrieb AgroVation ging es vor fünf Jahren damit los, dass wir „Controlled Traffic Farming“ (CTF) durchgängig mit 12 m Arbeitsbreite auf allen Flächen einführten. Das Problem dabei war jedoch, dass eine Pronto 12 SW, die aus einem Säwagen und einer angehängten 12-m-Pronto bestand, auf kleineren Flächen zu lang und unhandlich war. Die Idee war dann, eine vorhandene Mais-Legemaschine Maestro mit einem schweren Scheibenschar in Parallelogramm-Version umzubauen, um so auf 12 m Breite Getreide säen zu können. Das hat auch soweit ganz gut funktioniert, nur die Saatgutablage bei wechselnden Bodenbedingungen war teilweise sehr unbefriedigend. Eigentlich hätten wir das schon vorher wissen können, denn auch ein Parallelogrammscheibenschar mit dahinterliegender Druckrolle kann Bodenunebenheiten und vor allem eine unterschiedliche Oberflächendichte nicht gut ausgleichen. Schon vor fast 20 Jahren fanden wir das mit unserer Entwicklung der Pronto heraus, wo ein einarmiges Doppelscheibenschar in ein vorher rückverfestigtes Band hineinsät – ein Säverfahren, das weltweit extrem oft kopiert wird und auch heute noch ein großer Erfolg ist. Zusammengefasst kann man sagen, dass wir mit unserem schweren Parallelogrammschar die richtige Ablagetechnik hatten, wenn auch das Saatbett mal ein wenig gröber ist. Allerdings konnte die Sämaschine ohne vorauslaufenden Radpacker wie bei der Pronto unsere Ansprüche an eine gleichmäßige Sätiefe nicht erfüllen. Daraus ist dann das Prinzip Serto SC entstanden: kompakt geklappt wie eine Maestro SW, mit vollwertigem Radpacker und dem neu entwickelten PowerDisc Parallelogrammschar.

terraHORSCH: Wo liegen heutzutage die Vorteile des absätzigen Verfahrens?
Michael Horsch:
Die Standardtraktoren bewegen sich mittlerweile in einer Klasse von ungefähr 400 PS. Selbst eine 12-m-Joker oder ein 12-m-Cruiser kann zur Saatbettbereitung mit 400 PS gezogen werden. Viele Großbetriebe verfügen nichtsdestotrotz meist auch über einen Schlepper mit bis zu 600 PS, der dann bei schwierigeren Bedingungen auch zur Saatbettbereitung eingesetzt werden kann. Mit 12 m Arbeitsbreite wird nun also nicht nur das Feld vorbereitet, sondern es kann auch mit einer 12 m breiten HORSCH Serto gesät werden. Bei beiden Arbeitsgängen sind 12 bis 15 km/h optimale Geschwindigkeiten. Somit ist es möglich, mit zweimal 400-PS-Tagesleistungen von 100 bis 200 ha bei der Aussaat von Getreide/Raps optimal hinzubekommen. Und das, wie unsere eigene Erfahrung zeigt, auch bei Feldern von 10 bis 20 ha. Diese Form des absätzigen Säens erlaubt es auch, individuell auf sehr nasse oder extrem trockene Bedingungen zu reagieren - durch das Timing der Vorarbeit und die Auswahl der Saatbettbereitungstechnik wie Joker oder Cruiser.
Ein weiteres wichtiges Thema, auf das dabei geachtet werden muss, ist die Spur des Traktors, der die Serto zieht. Das Wellsech-System nimmt auch bei hohen Geschwindigkeiten die Schlepperspur heraus. Wichtig ist trotzdem, dass der Schlepper ordnungsgemäß bereift und nicht zu schwer ist.

Hier bietet sich das CTF-System an, bei dem der Traktor zur Saatbettbereitung und der Traktor für die Serto in derselben Spur fahren. Mit Herrn Prof. Dr. Bauer von der Hochschule Triesdorf arbeiten wir zurzeit exakt heraus, welche Ertragsvorteile dieses System bringt.

terraHORSCH: Warum begeistern sich vor allem größere Betriebe für das absätzige Säverfahren?
Michael Horsch:
Der Hauptgrund ist die hohe Flächenleistung bei optimaler Arbeitsqualität. Die Serto überzeugt aber auch durch sehr schnelles und kompaktes Klappen und eine sehr sichere Straßenlage. Ein weiterer Grund sind die relativ leichtzügigen 12-m-Maschinen Joker oder Cruiser ab 400 PS Zugkraft – wenn man sich allen Säbedingungen anpassen will, braucht man beides. Und: Wenn das Glyphosat-Verbot kommen sollte, ist das absätzige Verfahren sogar ein Muss. Denn wie sonst kann man leichten grünen Bewuchs vor der Saat dann noch wegbekommen, als durch das Bearbeiten und Austrocknen lassen kurz vor der Saat. Die Vorteile der Serto SC sind kompaktes Design, einfache Bedienung und Robustheit. Im Falle eines Glyphosat-Verbots werden wir um ein absätziges Verfahren nicht herumkommen und es ist auch eine Lösung, wenn man freiwillig auf Glyphosat verzichten möchte. Wollen wir Präzision weiter steigern, müssen wir gerade auf fließfähigen Böden über den Scharschritt sprechen. Um mehr Durchgang im Bereich der Säschare zu bekommen, sind diese in zwei Reihen angeordnet. Dadurch können mehr Boden und Ernterückstände durch die Säschare fließen. Der Nachteil auf fließfähigen Böden: Die Erde der zweiten Säscharreihe trifft auf die erste bereits gesäte Reihe. Saattiefenunterschiede können die Folge sein. Gleichlange Schare bieten den Vorteil, diesen Effekt zu beseitigen. Allerdings muss gerade auf schwereren Böden der Acker gut und fein vorgearbeitet sein, um Verstopfungen zu vermeiden. Wir sehen hier einen klaren Bedarf am Markt, weiter am Punkt Präzision bei der Aussaat zu arbeiten.

terraHORSCH: Worauf müssen Landwirte achten, die gleichzeitig auch noch eine Hacke auf den Feldern einsetzen möchten?
Michael Horsch:
Aktuell beschäftigen wir uns sehr intensiv mit Hack- und Striegeltechnik. Die Ausweitung der biologischen Landwirtschaft und die zunehmende Bereitschaft konventioneller Betriebe – Stichwort: Hybrid-Landwirtschaft – sich mit mechanischen Bestandespflegemaßnahmen auseinanderzusetzen, lässt den Bedarf für solche Maschinen deutlich steigen. Soll im Bestand gehackt werden, muss, neben einem ausreichenden Reihenabstand von 25 bis 35 cm, vor allem auf die Gleichmäßigkeit der Abstände geachtet werden. Hier kann das bereits angesprochene Design der Säschare in einer Reihe – oder in anderen Worten gleichlange Schare – ein Schlüsselelement werden. Egal, ob auf der Ebene oder am Hang – die Reihenabstände bleiben immer gleichmäßig, da es kein Zusammenlaufen geben kann. Wir machen hier im Moment sehr gute Erfahrungen mit unserer Avatar 12.25 SD. Für das Hacken ideal sind 25 cm Reihenabstand, einbalkiger Aufbau und große Arbeitsbreite. Somit sind alle Anforderungen an die Sätechnik erfüllt.

Das absätzige Säverfahren ist die perfekte Lösung, wenn man freiwillig auf Glyphosat verzichten möchte oder irgendwann gezwungenermaßen verzichten muss.

terraHORSCH: Was gibt es beim absätzigen Verfahren in Bezug auf den Reifendruck und die Arbeitsbreite zu beachten?
Michael Horsch:
Wichtig ist es, das Verhältnis von Abrollfläche zu Nicht-Abrollfläche zu beachten, außerdem noch das Reifenprofil und das Gesamtgewicht der Maschine.
Eines der Grundprinzipien beim absätzigen Säen ist es, den Spuranteil so gering wie möglich zu halten. Daraus lässt sich ableiten, dass das absätzige Verfahren nur bei größeren Arbeitsbreiten sinnvoll ist. Momentan bieten wir dafür Technik mit 10 m und 12 m Arbeitsbreite an, überlegen aber auch, in Zukunft schon Arbeitsbreiten ab 8 m anzubieten. Neben dem Spuranteil ist aber auch die Spur selbst ein großer Einflussfaktor. Es ist wichtig, einen optimalen Reifendruck zu verwenden oder alternativ Traktoren mit einem Raupenfahrwerk einzusetzen.